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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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glitt ein Teller aus der Hand, der mit lautem Krach auf dem Fußboden zersplitterte.
      »Er war immer gut zu mir. Ich weiß nicht, was Sie meinen«, erwiderte sie mit heiserer Stimme. Dabei blickte sie zu Boden.
      »Schau mich an, Ripeka!«, befahl June in ungewöhnlich scharfem Ton, so dass die Maori zusammenzuckte. Doch Ripeka hielt ihren Blick weiterhin gesenkt und starrte auf den Scherbenhaufen.
      »Ich muss das zusammenfegen«, murmelte sie.
      »Das hat Zeit«, entgegnete June schroff. »Soll ich deinem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge helfen? War es nicht vielleicht so, dass du meinen Schwiegervater erpresst hast? Dafür, dass er dich bei Maggys Kind ließ, musstest du ihm Schweigen geloben, nicht wahr?«
      »Ich weiß gar nicht ... ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, stammelte Ripeka.
      »Davon, dass du wusstest, wer Lilys Vater ist, und auch, wie es damals geschehen ist.«
      Ripekas Knie wurden weich. Sie musste sich setzen.
      »Matthew hat Sie aufgesucht, während wir beim Einkaufen waren, nicht wahr?« Eine Träne rollte Ripekas Wange hinunter, doch June hatte sich mit verschränkten Armen vor ihr aufgerichtet.
      »Ist es wahr, was er mir erzählt hat?«
      »Ich kann nicht darüber sprechen. Ich musste ihr schwören, es keinem Menschen ...«
      »Ist es wahr? Hat Henry seiner Schwester Gewalt angetan?«
      Ripeka stöhnte gequält auf.
      »Ich habe ein Recht, es aus deinem Mund zu hören.«
      Ripeka schluchzte laut auf. »Misses Carrington hat Maggy fortgeschickt, damit Sie und Ihre Familie nicht dahinterkommen konnten. Das Mädchen fühlte sich doch so unendlich verloren, weil man sich ihrer entledigt hatte wie eines verschmutzten Kleidungsstückes. Aber sie hatte Emily Carrington auf die Bibel schwören müssen, es niemandem anzuvertrauen. Misses redete ihr ein, dass Maggy eine Sünde begangen habe, als sie ihren Bruder in ihr Bett ließ, doch das, was geschah, das wollte sie nicht. Sie hat ihn angefleht, es nicht zu tun. Ich habe an dem Tag, an dem man uns nach Te Waimate abgeschoben hat, geahnt, dass sie schwanger war und auch, wer der Vater war. Als sie sich nachts in den Schlaf geweint hat, da habe ich es ihr auf den Kopf zugesagt. Da erst hat sie es mir gestanden. Seitdem glaubt sie, dass ein Unglück geschehen würde, weil sie ihren Schwur gebrochen hatte. Ihre Zieheltern haben ganze Arbeit geleistet, das Gemüt dieses Menschenkindes zu zerstören.« Ripeka hatte aufgehört zu weinen. Die letzten Worte hatte sie voller Bitterkeit hervorgepresst.
      Dafür brach June in lautes Schluchzen aus. »Und ich habe mir so sehr ein Kind gewünscht, dass ich nicht sehen wollte, wer das kleine Mädchen wirklich war, das mir mein Schwiegervater damals in die Schule nach Te Waimate brachte. Ich habe ihm geglaubt, als er sagte, wir sollten sofort aufbrechen, weil Hone Hekes Leute vielleicht auch Te Waimate angreifen würden. Ich habe mich schuldig gemacht.«
      Ripeka griff nach Junes Hand. »Sie trifft keine Schuld. Ich habe die ganzen Jahre über die Wahrheit gekannt und geschwiegen, aber was sollte ich tun? Matthew hat seine Schwester wenig später mit nach Kaikohe genommen. Sie war nicht mehr bei Sinnen. Der Schmerz über den Verlust ihres Kindes hat ihr den Verstand geraubt. Und ich glaubte, ich täte recht daran, wenn ich wenigstens ihr Kind beschützen würde. Es musste doch wenigstens einen Menschen geben, der sie mit den Maori-Legenden vertraut machte. Das habe ich getan, sooft ich konnte. Ich brauchte sie nicht einmal zum Schweigen zu verdonnern, wenn ich ihr Legenden von unseren Göttern erzählt habe. Sie hat gespürt, dass sie es ihrem Vater nicht sagen durfte. Bei mir hat sie sich ausgeweint, wenn er sich verächtlich über die Maori geäußert hat. Ach, Misses June, ich hatte doch so sehr gehofft, Sie drei würden eine glückliche Familie, aber dann ...«
      »Dann hast du erleben müssen, wie gleichgültig Henry dieses in seinen Augen fremde Kind war. Ripeka, ich bin dir so unendlich dankbar. Du hast es mir ermöglicht, dass ich ihr all die Jahre eine echte Mutter sein durfte. Ich liebe sie doch wie meine eigene Tochter. Wir können beide nicht mehr zurück, ohne zu riskieren, dass sie mit all diesem Schmutz belastet wird. Und glaub mir, Matui wird nicht zögern, es ihr zu sagen. Doch wem nützt es? Davon wird Maggy auch nicht wieder lebendig. Und deshalb ist es gut, dass ihr übermorgen fort seid. In Dunedin wird Matthew sie nicht finden.«
      »Aber glauben

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