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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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»Ja, also, Mister Newman, ich habe in London studiert und bin in mein Heimatland zurückgekehrt, um zu verhindern, dass mein Volk in fünfzig Jahren ausgestorben sein wird«, entgegnete Tamati Ngata in betont höflichem Ton. Er ist mehr Gentleman als mein zukünftiger Schwiegervater, schoss es ihr durch den Kopf.
      »Gut, gut«, knurrte Tomas, »aber ich verstehe nicht, warum Ripeka nicht nach unserem Arzt geschickt hat.«
      Lily biss sich auf die Lippen, aber dann konnte sie sich beim besten Willen nicht länger beherrschen. »Euer Doktor behandelt sie herablassend. Ich war neulich selbst Zeugin, als er so etwas sagte wie, Pakeha seien eben robuster.«
      Tomas warf ihr einen strafenden Blick zu. »Da ist ja auch etwas dran«, brummte er und eilte grußlos an ihnen vorbei aus dem Haus.
      »Es tut mir leid, er ist sonst ein freundlicher Mann«, versuchte Lily ihren zukünftigen Schwiegervater zu entschuldigen.
      Zu ihrer großen Überraschung war der Arzt gar nicht böse, sondern er lächelte sogar, während er sagte: »Ich kenne das schon, Miss Carrington. Diese Leute können sich das einfach nicht vorstellen, denn kaum jemand von uns hat die Möglichkeit zu studieren. Und ich passe schon gar nicht in ihr Bild, weil in mir ein Londoner steckt. Sie müssen das verstehen, im Norden des Landes toben noch Kriege zwischen Ihrem und unserem Volk. Viele Pakeha glauben, wir würden ausschließlich im Kilt und mit der Muskete in der Hand umherlaufen und Kriegstänze auffiihren.«
      »Und das beleidigt Sie nicht?«
      Er lächelte immer noch. »Nein, das wäre kleinlich.«
      Lily sah ihn voller Bewunderung an.
      »Kommen Sie, sie liegt oben in ihrem Zimmer.«
      Ripeka strahlte über das ganze Gesicht, als Tamati eintrat. Er begrüßte sie in ihrer Sprache, sie erwiderte seinen Gruß in diesem für Lilys Ohren fremdartigen Singsang.
      »Ich habe ihm gesagt, dass es mir schon viel besser geht, jetzt, da ich ihn sehe«, erklärte Ripeka an Lily gewandt.
      »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Ripeka allein untersuchen würde?«, fragte Tamati höflich, während er aus seiner mitgeführten Tasche ein hölzernes Hörrohr nahm.
      »O nein, natürlich nicht«, entgegnete Lily und trat auf den Flur hinaus. Plötzlich verspürte sie eine leichte Übelkeit, die sie schon in den letzten Tagen wiederholt aus heiterem Himmel überfallen hatte. Sie lehnte sich gegen die Wand und atmete ein paarmal tief durch. Auf diese Weise hatte sie es bislang meistens geschafft, ein Erbrechen zu vermeiden. Heute aber war es schlimmer als sonst. Trotzdem gelang es ihr, durch gleichmäßiges Luftholen ihren aufgewühlten Magen im Zaum zu halten. Als der Doktor - mit grüblerischer Miene - aus Ripekas Zimmer kam, versuchte sie zu verbergen, wogegen sie zu kämpfen hatte.
      »Was ist mit ihr?«
      Tamati Ngata schüttelte den Kopf.
      »Sie wird nicht wieder ...!«, schrie Lily auf, doch Tamati legte sich den Finger auf den Mund zum Zeichen, dass sie schweigen möge.
      Sie verstand und sprach nicht zu Ende. Tränen schossen ihr in die Augen, und die Übelkeit kam mit solcher Heftigkeit zurück, dass ihr alle Farbe aus dem Gesicht wich. Sie kam ins Schwanken, doch Tamati fing sie noch rechtzeitig auf, bevor sie fallen konnte.
      »Es ist nichts«, stammelte sie. »Es ist alles in Ordnung.«
      »Wie auch immer, aber jetzt kommen Sie erst einmal mit an die Luft. Sie sehen ja aus wie der Tod.«
      Widerspruchslos ließ sie sich von ihm unterhaken und zur Haustür führen. Lily war nur froh, dass ihnen keiner begegnete. Sie konnte sich den strafenden Blick ihrer Schwiegereltern nur zu gut vorstellen.
      Draußen pfiff ihr ein strammer Wind entgegen, und die frische Brise, die ihr um die Nase wehte, tat ihr gut. Ihr wurde sofort besser.
      »Und nun sagen Sie schon: Was ist mit Ripeka?« Lily blieb stehen und entzog ihm den Arm.
      »Ich befürchte, sie wird sterben, denn das Fieber ist hoch, und ich habe Geräusche in ihrer Brust gehört, die darauf hindeuten, dass sie unter einer Pneumonie leidet. Und dagegen sind wir Ärzte machtlos. Ich werde ihr ein paar Kräuter mischen, damit der Schmerz in der Brust nachlässt...«
      Weiter kam er nicht, weil er nur noch sah, dass Lily würgte, sich die Hand vor den Mund hielt und dann vor seinen Augen zusammensackte. Dieses Mal konnte er sie nicht einmal mehr auffangen. Erschrocken beugte er sich über sie und war froh, als sie einen Augenblick später die Augen schon wieder

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