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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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wissen?«
      »Das Kind lag nicht so, wie es liegen sollte«, entgegnete Lily rasch. »Aber es ist ja alles gut gegangen. Sonst würde ich wahrscheinlich nicht hier sitzen.«
      Lily hätte es dabei belassen, aber der aufgeblasene Arzt kräuselte verächtlich die Lippen.
      »Da können Sie von Glück sagen. Und dieser Quacksalber auch.«
      Edwards Blick wanderte irritiert zwischen seiner Frau und dem Arzt hin und her. »Von wem sprechen Sie? Ich denke, Sie waren bei der Geburt dabei?«
      »Leider nicht. Ihre Frau hat es vorgezogen, sich einen Maori ins Haus zu holen. Der ihr Chloroform gegeben hat.«
      »Aber das geht doch nicht. Die wenigsten Frauen sind dann in der Lage, ihr Kind unter derartiger Betäubung auf die Welt zu bringen. Hat er ihn mit der Zange bearbeitet?«
      Lily hatte den Blick gesenkt. »Ich finde, das ist nichts, worüber wir beim Essen reden sollten«, murmelte sie.
      »Da muss ich Lily recht geben«, warf Mabel Newman ein. »Noch ein Stück Fleisch, Doktor Claydon?«
      Das ließ er sich nicht zweimal sagen und griff beherzt zu.
      Edward schwieg zwar, aber in seinen Augen funkelte es gefährlich. Für ihn war die Angelegenheit noch nicht erledigt, und Lily ahnte, dass er sie darauf ansprechen würde, sobald sie unter sich wären.
      Sie hatte ihn richtig eingeschätzt. Kaum war die Schlafzimmertür hinter ihnen zugeklappt, fragte er in scharfem Ton: »Was ist das für ein Maori-Arzt? Ich merke doch, dass ihr ein Geheimnis teilt.«
      »Er ist Ripekas Doktor gewesen, und am Tag der Geburt hatte ich plötzlich Sorge, dass mit unserem Kind etwas nicht stimmte. An den Stellen, an denen ich vorher monatelang die Fußtritte gespürt hatte, war es so merkwürdig ruhig.«
      »Und warum hast du nicht nach Doktor Claydon geschickt?«
      Lily schwieg trotzig. Er sprach mit ihr wie mit einem ungezogenen Kind.
      Nun straffte sie die Schultern. »Weil ich ihn für einen schlechten Geburtshelfer halte. Ihm eilt der zweifelhafte Ruf voraus, dass er sehr schnell damit ist, das Kind mit der Zange zu zerstückeln. Diese Meinung teilt auch die Hebamme.«
      Edward schnappte nach Luft.
      »Lily, rede keinen Unsinn! Mit der Zange zerstückeln? Das ist dummes Weibergeschwätz. Und außerdem ist es das Vernünftigste, was ein Arzt tun kann, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist.«
      »Aber sowohl Peter als auch ich haben überlebt, und zwar nur deshalb, weil Doktor Ngata es anders gemacht hat.«
      »Das war purer Zufall. Und wie kann ein Maori überhaupt Arzt sein? Wir haben in ganz Neuseeland noch keine Universität, und in Sydney habe ich keinen einzigen Studienkollegen gehabt, der Maori gewesen wäre. Da stimmt doch was nicht. Das war doch nicht etwa so ein Heiler?«
      »Nein, Doktor Ngata hat in London studiert, wo er mit seinen Eltern gelebt hat, die aber bald darauf gestorben sind. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, zu verhindern, dass sein Volk ausgestorben ist, sobald sich dieses Jahrhundert dem Ende zuneigt.«
      Edward winkte ab. »Schon gut, schon gut, er kann nur von Glück sagen, dass sein Draufgängertum sich nicht gerächt hat. Wenn ihr dabei umgekommen wärt, ich hätte ihn zu seinen Ahnen befördert, und zwar schneller, als es ihm recht gewesen wäre.«
      »Hättest du auch so geredet, wenn Doktor Claydon dein Kind zerfleischt hätte und ich verblutet wäre?« Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sich kämpferisch vor ihm aufgebaut.
      Edward war knallrot angelaufen.
      »Lily, nimm das sofort zurück! Ich verlange, dass du dich auf der Stelle bei Doktor Claydon entschuldigst!« Die Art, wie er das sagte, ließ keinen Widerspruch zu. Lily rührte sich nicht vom Fleck. »Bist du wahnsinnig geworden, den Doktor so zu kränken. Und das für so einen Maori-Pfuscher!«, brüllte Edward sie an.
      »Er ist kein Pfuscher«, widersprach Lily heftig. »Und ich habe nichts zu verbergen. Im Gegenteil, ich wollte dir eigentlich vorschlagen, dass wir ihn zum Dank zum Essen einladen, aber deine Eltern waren strikt dagegen. Dein Vater hat mir sogar geraten, dir nichts davon zu erzählen. Sonst hätte er dir im Gegenzug berichtet, wie lange der Arzt mit mir allein im Zimmer war, nachdem die Hebamme gegangen war.«
      »Du warst allein mit diesem Kerl? Was geht nur in deinem Köpfchen vor? Ist dir nicht klar, dass er dich überall angefasst hat? Niemals werde ich mich mit diesem Mann an einen Tisch setzen.«
      »Ich hätte nie gedacht, dass du genauso verbohrt

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