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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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nicht ertragen, ihre Liebe zu teilen. Es reichte ihm schon, wie sehr sie die Zieheltern in ihr kleines Herz geschlossen hatte. Aber vor Henry kam er!
      »Ich habe gesagt, du sollst ins Bett gehen«, befahl er schärfer als beabsichtigt. Weil sie zögerte, herrschte er sie an: »Wird es bald?« Es tat ihm in der Seele weh, als er es in ihren Augen feucht schimmern sah. »Es tut mir leid, ich ...«, stammelte er, aber da war sie bereits verschwunden. Schnaubend wandte er sich zum Gehen. Henry folgte ihm. Der Sturm scheint ihn nicht abzuschrecken, durchfuhr es Matthew ärgerlich. Seufzend beschloss er, in Paihia zu bleiben und die Maori-Freunde zu versetzen, denn auch sein Ziehbruder durfte auf keinen Fall etwas von seinem Ausflug mitbekommen. Wenn Matthew Pech hatte, petzte er es seinem Vater, und wenn der erfuhr, dass sich sein Ziehsohn mit dem Aufrührerpack traf, wie er diese jungen kriegerischen Maori zu nennen pflegte, würde er ihn überhaupt nicht mehr unbeaufsichtigt lassen.
      »Ich bringe dich zum Boot«, knurrte Matthew, doch Henry blieb abrupt stehen.
      »Weißt du was? Du hast recht. Mich zieht es heute nicht nach Kororareka. Ich glaube, ich gehe schlafen.« Er gähnte übertrieben.
      Matthew fiel ein Stein vom Herzen. Nun konnte er seine neuen Freunde doch noch treffen.
      »Ja, geh nur«, sagte er und versuchte, nicht allzu euphorisch zu klingen. »Ich vertrete mir noch ein wenig die Füße.«
      Henrys Antwort war ein heiseres Lachen. »Kleiner Bruder, ich bin vielleicht bequem, aber blöd bin ich nicht. Nimm nur das Boot, was dich auch immer ins Höllenloch treiben mag. Und bitte sei vorsichtig! Heute Nacht soll ein Sturm aufkommen. Jedenfalls warnte mich mein kleiner Bruder davor.« Er wollte sich schier ausschütten vor Lachen.
      Matthew wurde es abwechselnd heiß und kalt. Henry ahnte also, dass er ihn nur hatte loswerden wollen.
      »Aber im Ernst - sei vorsichtig und kehr rechtzeitig zurück. Wenn Vater Wind davon bekommt, schlägt er dich windelweich. Das hat er die ersten Male bei mir auch gemacht, aber es hat nichts genutzt, und heute kann er mir nichts mehr anhaben. Ich bin vierundzwanzig. Aber bis du so alt bist, sieh dich vor. Und wenn ich dir einen Rat geben darf - nimm keines der Mädchen, die vorn auf der Straße herumlungern. Die rudern nachts zu den Seeleuten auf die Schiffe und leiden nicht selten an ekelhaften Krankheiten. Gleich linker Hand vom Steg, da steht ein schönes weißes Haus mit einer einladenden Veranda, das Hotel Korora-reka. Dort gibt es auch Maori-Mädchen, aber die sind besser und teurer. Dafür haben sie gleich Zimmer, auf die sie mit dir...« Er trat vertraulich einen Schritt auf seinen Ziehbruder zu und kam ins Schwanken.
      Matthew aber drehte sich wortlos auf dem Absatz um und eilte zum Anleger. Ihm missfielen Henrys Worte. Allein der Gedanke, dass sich sein Ziehbruder junge Maori-Frauen kaufte, war ihm zutiefst zuwider. Und genau das musste aufhören. Dass sich die einst stolzen Maori-Mädchen den Pakeha für Geld an den Hals warfen. Und dass die Briten dies einfach duldeten.
      Der Wind hatte glücklicherweise abgeflaut, sodass er nur noch gegen den hohen Wellengang zu kämpfen hatte, doch das Ruderboot des Reverends erwies sich wieder einmal als äußerst stabil. Mit harten Schlägen kämpfte sich Matthew gegen die Wellen auf die andere Seite der Bucht hinüber, vorbei an ankernden Schiffen und Ruderbooten mit kreischenden Mädchen. Wahrscheinlich sind sie betrunken, dachte er angewidert und hatte mit einem Mal das Gefühl, als bohre sich eine Faust in seinen Magen. Eine unbestimmte Angst legte sich wie ein dunkler Schatten über sein Gemüt. Dabei war doch alles gut gegangen. Er hatte sich unbemerkt von seinen Zieheltern aus dem Haus geschlichen. Und dass Henry ihn dabei erwischt hatte, bereitete ihm keine Sorge mehr. Der war zwar manchmal ein grober Klotz, aber er war nicht hinterhältig. So jovial, wie er mit ihm geredet hatte, würde er ihn nicht an den Vater verraten. Wenn er sich am nächsten Tag überhaupt an ihre nächtliche Begegnung erinnerte. War es das bevorstehende Treffen mit den Freunden, das Matthew so nervös machte ? Er stieß einen tiefen Seufzer aus. Nein, die Maori schreckten ihn nicht. Er war schließlich kein Pakeha, dem die entschlossenen Gesichter voller Tattoos Angst machten. Nein, es musste etwas anderes sein, aber sosehr Matthew auch darüber nachgrübelte, es fiel ihm kein vernünftiger Grund ein, warum er besorgt sein

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