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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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er sich ein, dass der Maori nichts anderes verlangen würde als ein gelungenes Bild. Schließlich war er ein kluger Mann, der unschwer erkennen musste, dass er, Matthew, sich für ein Leben bei den Pakeha entschieden hatte. Dementsprechend gab sich der junge Maori größte Mühe, Hone Heke in strahlendem Licht erscheinen zu lassen. Als er dem Häuptling das Ergebnis schließlich voller Stolz zeigte, sagte der sichtlich zufrieden: »Du bist ein wunderbarer Maler, mein Sohn. Ich werde wiederkommen, damit du mich zusammen mit meiner Frau malen kannst.«
      Matthew stand der Stolz über dieses Lob ins Gesicht geschrieben, bis er den Häuptling fordernd fragen hörte: »Bist du wieder dabei, wenn wir den Fahnenmast fällen?«
      Matthew zuckte zusammen. Wie sehr hatte er darauf gehofft, dass das Kapitel Hone Heke für ihn ein für alle Mal erledigt wäre, doch der Häuptling fixierte ihn mit einem glühenden Blick voller Kampfgeist. Darin stand zu lesen, dass er niemals von seinem Ziel ablassen würde, das verhasste Symbol der britischen Vorherrschaft endgültig zu vernichten.
      Matthew schlug die Augen nieder. Zu groß war die Faszination, die von diesem Mann ausging. Wie einen Sog spürte er die Magie, die Hone Heke auf ihn ausübte, aber er wollte vernünftig sein. Sein Ziehvater hatte ihn eindringlich davor gewarnt, sich an diesem Unsinn zu beteiligen, wie er wortwörtlich sagte. Erstens sei er längst ein Pakeha, und zweitens werde Hone Heke damit einen Krieg heraufbeschwören.
      Und das wegen eines Fahnenmastes, durchfuhr es Matthew eiskalt. Nein, das darf nicht geschehen, und ich werde diesen wahnwitzigen Plan nicht unterstützen, dachte er. Doch während er sich krampfhaft die Güte seiner Zieheltern vorzustellen versuchte, kamen ihm immer wieder Bilder von dieser über allem wehenden britischen Fahne. Und er fragte sich, warum nicht die der Maori dort oben wehte. Die Antwort schmerzte: Sie besaßen keine solche Flagge, die ihren Anspruch auf das Land ihrer Väter dokumentieren könnte.
      »Bist du dabei, oder hat dich der Anzug zu einem Pakeha gemacht?«, fragte Hone Heke spöttisch.
      »Ich bin kein Pakeha«, erwiderte Matthew trotzig.
      »Dann können wir also nach wie vor mit deiner Unterstützung rechnen?«, hakte der charismatische Maori nach.
      »Ich ... ich weiß nicht, ich ... Und außerdem wimmelt es in Russell nur so von Rotröcken. Das ist gefährlich. Das ist kein Spiel mehr.«
      »Das war noch nie ein Spiel«, erwiderte der Häuptling ungerührt. Seine Augen hatten sich zu gefährlichen Schlitzen verengt.
      »Ich meine ja nur ... mit denen ... ich meine, mit den Soldaten willst du dich doch nicht etwa anlegen, oder? Sie besitzen Musketen, ihre Schiffe haben Kanonen, und sie werden sich das nicht gefallen lassen ...«, stammelte Matthew.
      Hone Hekes Antwort war ein dröhnendes Lachen.
      »Die paar Krieger? Vor denen habe ich keine Angst. Im Gegenteil, das spornt mich eher an. Dass sie es nötig haben, ihre Leute zu Hilfe zu holen, beweist doch nur, dass ihnen das Land nicht gehört.«
      »Aber das führt unweigerlich zum Krieg«, wandte Matthew zögernd ein.
      »Du stammst aus einem Volk von Kriegern!«, erwiderte der Häuptling in scharfem Ton.
      »Aber wir leben doch friedlich miteinander«, entgegnete Matthew eifrig, dem seine Worte schon hohl vorkamen, bevor er sie überhaupt ausgesprochen hatte. Trotzdem gibt es keine Gleichheit zwischen uns, schoss es ihm durch den Kopf.
      »Tama, was ist geschehen? Du redest wie ein Pakeha, aber du bist einer von uns. Dein Vater war ein stolzer Häuptling und deine Mutter die Tochter eines Häuptlings. Du kannst nicht einfach zu einem Pakeha werden, mag dich die Güte der Carringtons auch noch so beeindrucken. Gib es zu: Die Schuhe drücken dich.«
      Matthew wurde rot bis über beide Ohren. Konnte der Mann Gedanken lesen? Er liebte das Barfußlaufen, doch seine Eltern erlaubten es nicht.
      »Aber ich glaube an Gott«, erklärte Matthew ausweichend.
      »Ich bin auch ein Christ und glaube an das Wort des Herrn, und er sagt mir deutlich, dass es nicht rechtens ist, wenn diese Fahne über uns allen flattert. Wir wollen uns Auge in Auge gegenüberstehen, aber haben die Pakeha den Vertrag von Waitangi wirklich treu eingehalten? Warum lassen sie denn ihre Fahne am höchsten Punkt der Bucht im Wind flattern, wenn wir doch alle Brüder sind? Nein, te tama, es werden immer mehr von ihnen in unser schönes Land kommen. Sie werden uns

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