Der Schwur des Piraten
Macht! Wenn du mich ehrst und mir treu bist, kann dir nichts und niemand etwas anhaben, nicht einmal der Tod.«
Captain Blackmore zitterte vor Angst und wälzte sich auf dem Boden, als hätte er den Verstand verloren.
»Mein armer Blackmore!«, sagte der Fremde mit gespieltem Mitleid. »Ich weiß nicht, wovor du Angst hast. Wir wissen beide, was du willst.«
»Ich habe einen Sohn, was wird aus ihm?«, stammelte Blackmore. Er war leichenblass und schwitzte, dass ihm das Hemd an der Brust klebte.
»Ich kümmere mich um ihn. Er ist wie du. Er wird uns nicht enttäuschen.«
Ein Windstoß erfasste Blackmore und warf ihn rücklings aufs Straßenpflaster.
Vor seinen Augen erschien ein enormes Tor, dessen Flügel sich langsam öffneten. Auf der Schwelle stand der Fremde, streckte ihm seine Klauen entgegen und bedeutete ihm mit einer Geste einzutreten.
»Komm, Blackmore! Dies hier ist dein Schicksal.«
Die Verdammten umringten ihn, abstoßend und anziehend zugleich. Und auch sie riefen Blackmore in einem Chor von tausend Stimmen: »Komm mit uns, Blackmore, folge un s …«
Da sah Blackmore unter den Verdammten den Piraten, den er kurz zuvor getötet hatte.
»Hast du ihn wiedererkannt, Blackmore? Stell dir vor, du bringst einen Mann um und besitzt obendrein noch seine verdammte Seele. Komm schon, überschreite die Schwelle!«
Und Blackmore gehorchte.
Ein angenehmes Gefühl von unendlicher Kraft und Macht fuhr durch seine Adern und verwandelte den Schrecken in süße Befriedigung.
Blackmore war wieder an Bord der Daemon zurückgekehrt. Er hatte es genossen, diese beiden Piraten ordentlich einzuschüchtern. Skull und Drinker waren nichts anderes als unnütze Handlanger und Blackmore wusste genau, dass der Herr und Meister nur ihn belohnen würde.
Als er seine Kajüte betrat, bemerkte er sofort, dass die Platinschale auf dem Tisch leuchtete. Das war das Zeichen. Er griff nach einer verschnörkelten Flasche, öffnete sie und goss einen dünnen Strahl blauer Flüssigkeit auf die Schale.
Kurz darauf brodelte und dampfte es. Die Flüssigkeit verformte sich, bis die schreckliche Fratze des Schwarzen zu erkennen war.
Das Unwetter
Spinn erwachte schweißgebadet. Er brauchte eine Weile, bis er begriff, dass er nicht in ein Knäuel Lianen verstrickt war, sondern unter einem Berg schwerer Decken lag.
Als Nächstes bemerkte er, dass er auf einem Bett lag, auf einem richtigen Bett, nicht wie sonst auf einer Pritsche. Seine Arme und Beine steckten in dicken Verbänden. Das erinnerte ihn an die Schlacht. Dass er hier lag, konnte nur heißen, dass seine Mannschaft die Handelsschiffer besiegt hatte.
Er stützte sich auf die Hände und versuchte aufzustehen, aber kaum hatte er sich aufgerichtet, wurde ihm schwindelig und er musste sich wieder hinlegen. Er fühlte sich sehr schwach.
Er hatte geglaubt, dass man in einer Schlacht entweder siegte oder starb. Verletzt im Krankenbett zu liegen, empfand Spinn als unter seiner Würde. Er kam sich nutzlos vor, eine Last für die Mannschaft.
Die Tür der Kajüte ging auf und Goldmerry trat ein. »Na, Schiffsjunge, hast du beschlossen, die Hölle noch etwas warten zu lassen?«
»Ich habe das Gefühl, mittendrin zu stecken. Mir ist schrecklich heiß.«
»Hör auf zu jammern und komm mit!«, erwiderte Goldmerry und gähnte gelangweilt.
Spinn schnaubte ärgerlich. »Ich kann ja nicht mal aufstehen.«
»Dann stütze ich dich eben.«
»Du? Dass ich nicht lache, Goldmerry! Deine Knochen hört man doch schon knacken, wenn du gehst.«
Der Alte lachte und zeigte eine Reihe goldener Backenzähne. »Wenn ich mich recht erinnere, warst du derjenige, der in der Schlacht ohnmächtig am Boden lag.«
Spinn senkte gekränkt den Blick. Ohne ein weiteres Wort ließ er sich von Goldmerry die Stufen hinauf an Deck führen.
Heiße Sonnenstrahlen fielen auf Spinns blasses Gesicht. Das Licht war so grell, dass er die Augen zusammenkneifen musste.
»Herzlich willkommen in der Karibik, Junge!«
Deswegen also war es so heiß. Sie waren angekommen. Endlich durchquerte ihr Schiff die warmen Gewässer der Karibik.
»Fantastisch!« Das war alles, was Spinn hervorbrachte.
»Genieß deinen Sommerurlaub! Bei uns werden die Verletzten vollgestopft wie Mastgänse.«
Spinn blieb noch einige Zeit auf Deck. Zufrieden ließ er sein Gesicht von der Sonne wärmen und bewunderte das himmelblaue Wasser und den wolkenlosen Himmel. Doch schon bald war er von seinem Ausflug so erschöpft, dass er wieder in die Kajüte
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