Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
beiden mussten ihr Lächeln unwillkürlich erwidern. »Außerdem«, fuhr sie fort, »als Sterbliche willkommen geheißen zu werden und die Freundlichkeit von Sterblichen geboten zu bekommen, das, meine Freunde, ist ein Geschenk, dessen Wert ihr nicht einmal annährend ermessen könnt.«
»Aber … warum?«, fragte Brandark, und die Magie ihres silbrig perlenden Lachens durchfuhr die beiden wie ein Schwert.
»Wegen deines Freundes, Brandark, und deinetwegen. Du bist der Grund, aus dem ich hierher kommen konnte, und ich habe auch eine Botschaft für dich. Aber der Grund, warum ich meine Botschaft hier und jetzt ausrichten muss, ist Bahzells Sturheit.«
»Meine Sturheit?«, grollte Bahzell, und sie nickte.
»Deine Sturheit. Dein elementarer, sturer, halsstarriger, eisengepanzerter, wundervoller Hradani-Dickschädel.«
»Ich lege keinen Wert darauf, das zu verstehen«, erwiderte er mit ungewohnter Unsicherheit.
»Natürlich nicht. Du kämpfst ja schon seit Monaten dagegen an, etwas zu verstehen.«
»Die Träume?« Seine Stimme klang plötzlich schärfer. Sie nickte wieder.
»Die Träume.« Strenge mischte sich in ihre Antwort. »Du hast dir lange genug die Finger in die Ohren gesteckt und mit den Füßen auf der Erde getrampelt, Bahzell.«
»Tue ich das jetzt etwa auch?« Seine Stimme klang etwas herausfordernder, und Brandark berührte seinen Arm, doch der Blick des Pferdediebes war starr auf Chesmirsas Gesicht gerichtet. Sie neigte sanft den Kopf.
»Natürlich. Komm schon, Bahzell, würden wir dir diese Träume schicken, die du nicht verstehst, wenn wir eine andere Möglichkeit hätten?«
»Woher soll ich das wissen?«, erwiderte er barsch. »Ich bin nur ein Hradani, Göttin. Wir haben keinerlei Erfahrung damit, was die Götter den Menschen schicken, um die sie sich kümmern.«
Brandark holte scharf Luft, aber die Göttin zuckte nicht einmal mit ihren langen Wimpern. Statt Ärger blitzte für einen Moment Gram in ihren wundervollen braunen Augen auf. Sie seufzte.
»Ich weiß, was du von uns hältst, Bahzell Bahnakson«, sagte sie leise, »und wer könnte es dir verdenken? Wärst du weniger als das, was du bist, wäre dein Zorn auf uns ebenfalls schwächer und die Zeit, einem Hradani Träume zu schicken, wäre noch nicht reif.«
»Mein Zorn, hm?« Bahzell stand wieder auf und erwiderte ihren Blick im Stehen. Seine Augen glitzerten. Er fühlte ihre Gegenwart und wusste, dass sie ihre Macht zurückhielt, denn wenn sie ihr freien Lauf gelassen hätte, wäre es ihm unmöglich gewesen, auch nur vor ihr zu stehen. Aber er fühlte keine Bewunderung. Respekt, ja, Staunen, gewiss. Nicht jedoch Bewunderung. Dafür hatte sein Volk zu viel gelitten.
»Ja, dein Zorn. Und deine Furcht, Bahzell.« Seine Augen blitzten, sie hob graziös ihre schlanke Hand. »Nicht vor uns, freilich, sondern davor, dass wir dein Volk erneut ›verraten‹ könnten, indem wir ihm den Rücken kehren. Ich sage dir eines, Bahzell Bahnakson, und ich lüge nicht. Was deinem Volk widerfahren ist, war nicht unser Tun, und seine Wunden schneiden tiefer in uns, als du dir vorstellen kannst. Wir haben ein Jahrtausend daran gearbeitet,
es ungeschehen zu machen, ob du es glaubst oder nicht, aber die letzte Heilung obliegt euch. Du musst den letzten Schritt tun, du und dein Volk. Niemand kann euch das abnehmen.«
»Worte, Göttin«, erwiderte Bahzell eigensinnig. »Ich höre nur Worte.«
»Nein, Bahzell. Was du bisher gehört hast, sind meine Worte, aber die Aufgabe, von der ich spreche, ist nicht die meine. Sie wurde meinem Bruder Tomanâk aufgebürdet – und dir.«
»Mir?«
»Dir. Es ist kein einfaches Unterfangen, Bahzell Bahnakson, und es wird dir Schmerzen jenseits aller Vorstellungskraft bereiten, denn die Domäne meines Bruders sind Krieg und Gerechtigkeit. Das sind harte Meister, für Mensch oder Gott. Aber für diese Aufgabe wurdest du geboren, und es ist die angemessene Herausforderung für deine Stärke und deinen Mut und deine Dickköpfigkeit. Und es wird neben dem Schmerz auch Freude geben. Allerdings ist es eine Bürde, die zu schultern dich niemand zwingen darf, eine, die kein unwilliger Rücken tragen kann, selbst wenn wir das Recht hätten, deinen Gehorsam zu fordern.«
»Göttin …« Der Pferdedieb sprach langsam und jedes seiner Worte war wie aus Eisen geschmiedet. »Ich verbeuge mich vor niemandem, sei es ein Gott, ein Dämon oder ein Teufel. Was ich tue, mache ich, weil ich es so will, und aus keinem anderen
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