Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
dass du dich in die Bredouille bringst.« Brandark seufzte. »Esgan.«
»Esgan?«
»Das Erzherzogtum von Esgan. Navahk treibt mit den Esganern Handel, gewissermaßen. Vater hat mich ab und zu dorthin geschickt, um irgendwelche Beute loszuschlagen, und ihre Hauptstadt Esgfalas ist der östlichste Punkt, bis zu dem die großen Handelskarawanen reisen.«
»Und was hat das mit uns zu tun?«
»Falls wir keine Briganten werden wollen, sollten wir dafür sorgen, dass wir das auch beweisen können. Unsere größte Chance, das zu tun, liegt darin, zur Hauptstadt zu reisen und uns als Wächter bei einer dieser Karawanen zu verdingen. Wenn sie uns überhaupt nehmen.«
»Karawanenwächter?« Bahzell schüttelte angewidert den Kopf, was Brandark mit einem spöttischen Lachen quittierte.
»Für einen Hradani gibt es nur eine Alternative, soweit ich gehört habe. Wenigstens verstehen wir etwas davon, vorausgesetzt natürlich, wir können jemanden überreden, uns einzustellen.«
»Aye«, lenkte Bahzell säuerlich ein.
»Und natürlich«, fuhr Brandark beiläufig fort, während er seine zusammengerollte Schlafdecke auspackte, »wir bleiben bis dahin am Leben.«
5
»A HH! Pass doch auf, du Mistkröte!«
Kronprinz Harnak von Navahk ballte die Faust, und die Sklavin zuckte zurück und legte die Bandagen dann lieber mit ausgesteckten Armen an. Ihre Finger zitterten nervös und ein Muskel an ihren Augen zuckte, als der Prinz erneut aufstöhnte, obwohl sie so behutsam vorging, wie es ihr die Panik erlaubte. Die zersplitterten Enden von zwei zerbrochenen Rippen hatten sich durch seine Haut gebohrt und die Erneuerung des Verbandes bereitete ihm offenbar große Schmerzen.
Schließlich war die Sklavin fertig geworden und wich zitternd zurück, als Harnak seine Beine vom Bett schwang und sich stöhnend aufsetzte. Sein rechtes Auge war eine geschwollene Masse aus dunkelrotem und lila Fleisch und seine Lippen waren aufgeplatzt und aufgequollen. Er hatte neun Zähne zurückgelassen, als er seinen zerschundenen Körper in die belebteren Gänge des Palastes geschleppt hatte, und der Bader seines Vaters hatte vier weitere entfernt, die nur noch zackige Stumpen gewesen waren. Seine zerbrochene Nase würde nie wieder so aussehen wie vorher, und ein gewaltiger, dunkelroter Klumpen, auf dem die Haut aufgeplatzt war, verunstaltete seine Stirn.
Er sah hoch und bemerkte, wie ihn die Sklavin mit furchtsam aufgerissenen Augen anstarrte. Scham und Wut kochten in ihm hoch.
»Verschwinde, Miststück!«, zischte er. »Raus mit dir, bevor ich dich auspeitschen lasse!«
»Ja, Herr!«
Die Sklavin senkte den Kopf und verschwand, wie gehetzt von ihrer Furcht. Harnak stand mühsam auf und machte sich nicht die Mühe, sein Wimmern länger zu unterdrücken, da es jetzt ja
niemand mehr hören konnte. Schwankend ging er zum Fensterschlitz und lehnte sich gegen die Wand, keuchte vor Schmerz und zuckte zusammen, als sich die gebrochenen Rippen unter seinen Atemzügen bewegten. Der Hass wallte in ihm hoch wie kochende Lava.
Doch er war von Furcht durchsetzt. Es war mehr als Furcht, schon fast Panik, und das nicht nur, weil ihn Bahzell mit bloßen Händen so zugerichtet hatte. Vor allem gab es keine Spur von Farmah. Sie, diese Schlampe Tala und dieser Hurensohn Bahzell, verflucht sollte er sein!, hatten sich offenbar in Luft aufgelöst. Sie waren zu Fuß geflohen, was sie eigentlich zu einer leichten Beute hätte machen sollen, trotz ihres Vorsprungs, aber keiner der Männer, denen Churnazh vertrauen konnte, hatte auch nur eine Spur von ihnen gefunden. Schließlich war sein Vater gezwungen gewesen, öffentliche Patrouillen loszuschicken, die auch aus Männern bestanden, deren absoluter Verschwiegenheit und Loyalität er nicht trauen konnte. Sie würden den Flüchtigen nicht so einfach die Kehlen durchschneiden, wenn sie sie endlich aufspürten, und das war nicht gut. Falls Farmah Gelegenheit bekam, ihre Version der Geschichte zu erzählen, und falls jemand von der Garde das hörte und ihr Glauben schenkte …
Harnak dachte nicht länger darüber nach. Er mochte zwar schwer verletzt sein, aber er hatte dieses Miststück mindestens ebenso übel zugerichtet, bevor Bahzell sich auf ihn stürzte. Sie war nur eine Schlampe, kein harter Krieger. Sie konnte weder schnell noch weit fliehen, und die Chancen standen gut, dass sie schon bei dem Versuch ums Leben kommen würde. Immerhin wusste sie genau, was passieren würde, wenn sie ihm noch einmal in die Hände fiel.
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