Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
steckte, oder vielleicht auch weniger, als sie zugab, beschäftigte ihn mehr, als er gestehen mochte.
Bedauerlicherweise hatte Brandark einen geeigneten Weg gefunden, ihn von seinen Sorgen abzulenken. Die Blutklinge hatte an dem dreimal verfluchten Werk Die Ballade von Bahzell Bluthand weitergearbeitet. Schlimmer noch, Brandark hatte den Text auf die Melodie eines sehr bekannten und bedauerlicherweise sehr einprägsamen Trinklieds gedichtet, und er bestand darauf, die ersten drei Verse leise vorzutragen, während Bahzell und er versuchten, die widerstrebenden Tiere auf die Fähre zu
zerren. Jetzt hockte er auf dem Rand des flachen Ruderhauses und schaute durch die offene Luke zu Rekah und Zarantha hinunter, während er die Melodie auf der Balalaika zupfte und die beiden Frauen mit seinem neuesten Werk offenbar königlich amüsierte.
Bahzell verschränkte die Arme vor der Brust und verzog sich an den Bug der Fähre, so weit von seinem Freund entfernt, wie es nur ging, und knirschte mit den Zähnen, während die lebhaften Töne der Balalaika durch das Knarren der langen Ruder und das Rauschen des Wassers bis zu ihm drang. Dass sich Brandarks Stimme diesmal besser an die Melodie hielt als gewöhnlich, versüßte ihm seine schlechte Laune auch nicht gerade, ebenso wenig wie das gurgelnde, weibliche Kichern, das die Anstrengungen der Blutklinge belohnte.
Bahzell Bahnakson starrte mürrisch auf den Nebel über dem Traumstrom und gab sich der unerfreulichen Ahnung hin, dass dies eine sehr, sehr lange Reise zu werden versprach.
16
E S STELLTE SICH als überflüssig heraus, Karten zu kaufen. Eine beiläufige Bemerkung von Brandark setzte Tothas über diese Notwendigkeit in Kenntnis, kurz nachdem die Fähre sie wieder an Land gebracht hatte, was den Leibgardisten sichtlich verwirrte. Mit einem finsteren Blick auf seine jugendliche Herrin zog er eine eigene Landkarte heraus. Bahzell warf Zarantha einen ebenso finsteren Blick zu, aber sie hatte ihren Mut wiedergefunden, sobald die Fähre im Nebel verschwunden war, und lächelte nur. Brandarks leises Lachen war ebenfalls nicht sonderlich hilfreich. Bahzell hatte bereits geargwöhnt, dass sein Freund und Zarantha seelenverwandt seien. Jetzt war er sich dessen sicher.
Wenigstens konnte er nun herausfinden, wohin er eigentlich reiste. Es war noch schlimmer, als er befürchtet hatte. Er setzte sich auf die kalte Erde, faltete die Karte auf seinen Schenkeln auf, suchte den Maßstab und lokalisierte Alfroma. Er versuchte, seine Bestürzung zu verbergen, als er mit ausgestrecktem Daumen und Zeigefinger über die Mappe wanderte. Alfroma war sechshundert Werst von Riverside entfernt, und das in Vogelfluglinie. Nur waren sie keine Vögel, und dieses Sherhan war nicht einmal auf der Karte eingezeichnet.
»Könntet Ihr mir zeigen, wo Sherhan liegt?«, bat er Tothas. Der Mann beugte sich über seine Schulter und deutete auf einen Punkt südöstlich von Alfroma. Natürlich befand es sich auf der ihnen abgelegenen Seite der Stadt. Bahzell studierte die Karte in mürrischem Schweigen weitere zehn Minuten lang, während die gefrorene Erde unter seinem Hintern allmählich aufweichte.
Selbst die besten Karten konnten unangenehme Überraschungen verschleiern, und auch wenn diese hier es nicht tat, würde es sie weitere hundert Werst kosten, so sie den Straßen
folgten. Außerdem mussten sie unterwegs jagen und Futter für die Tiere suchen. Entweder das, oder sie mussten regelmäßig anhalten, um Geld für die nächste Etappe zu verdienen. Schlimmer noch, Tothas hatte ihm bereits gesagt, dass die Straßen schlechter wurden, und zwar sehr viel schlechter, sobald sie Angthyr verließen.
Wenigstens hatten sie kräftige Tiere und keine schwerfälligen Kutschen dabei. Das war ein Pluspunkt auf diesen Straßen, aber dieser kleine Ausflug würde sie, vorsichtig geschätzt, zwei Monate kosten. Und das auch nur, wenn die beiden Frauen und der frisch genesene Mann das Tempo zu Pferde mithalten konnten, das ein Pferdedieb zu Fuß vorlegte. Bei Zarantha machte er sich keine Sorgen, mit Rekah und Tothas jedoch verhielt es sich anders. Und die roten und goldenen Blätter fielen bereits von den Bäumen.
Er sah hoch und begegnete Tothas’ Blick, in dessen Miene sich seine eigene Besorgnis spiegelte. Vermutlich hatten die anderen keine Ahnung, was ihnen bevorstand. Rekah ganz gewiss nicht, sonst wäre sie nicht so fröhlich gewesen. Vermutlich konnte Zarantha das, was sie erwartete, weit besser
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