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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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hätten, wenn wir Velerias Rat gefolgt wären.«
    »Danach kamen die Abgesandten der Tesca hierher«, sagte Lorin. »Sie berichteten, dass Veleria den Stamm verlassen hat. Niemand weiß, wohin sie gegangen ist.«
    »Aber –«
    »Warte noch.« Elri hob den Kopf und schaute Sonja fest an. »Ich möchte noch etwas sagen. Ich komme nicht nur deinetwegen mit. Ich komme mit, weil ich jetzt glaube, dass Veleria recht hatte und dass ihr Plan gut war. Ich möchte meinen Fehler wiedergutmachen. Und ich hoffe, dass wir sie irgendwann finden und ich mich entschuldigen kann.«
    Sonja konnte nur nicken. Aber auch wenn sie Veleria gerne wiedergesehen hätte, stand für sie eins fest: Sie musste Melanie finden. Das war wichtiger als alles andere. Und sie hatte keine Ahnung, wo sie mit der Suche anfangen sollte. Würde Nachtfrost sie zurück auf die Nebelbrücke bringen? Würde es überhaupt derselbe Weg sein? Und vielleicht ging es ja auch gar nicht – schließlich hatte er gesagt, dass er die Nebelbrücke nicht verlassen konnte und sie sich nicht trennen durften. Vielleicht musste sie einen anderen Weg finden und kreuz und quer durch das Land reiten, immer auf der Suche und gleichzeitig immer auf der Flucht vor dem Spürer – und das alles in klirrender Winterkälte.
    »Ich muss mit Nachtfrost reden«, sagte sie und stand auf.
    »Sollen wir mitkommen?«, fragte Lorin.
    »Nein … ich möchte lieber allein sein.«
    »Gut – aber bleib im Lager.«
    Das hätte er ihr nicht sagen müssen. Sie hatte viel zu großeAngst vor dem Spürer, um sich allein und ohne Hilfe in die Steppe zu wagen. Elri reichte ihr einen Pelzumhang und sie wickelte sich dankbar hinein und lief nach draußen.
    Es schneite. Dicke Flocken fielen vom Himmel und trieben im leichten Wind durch das Lager. Die Hütten und die Birjaks trugen dicke weiße Decken aus Schnee; eine ganze Lawine stürzte herab, als sich eins der riesigen Birjaks gemächlich in Bewegung setzte und auf seinen sechs Beinen durch das Lager schritt. Sonja hatte zwar jetzt keine Angst mehr vor diesen Tieren, wich aber trotzdem weit aus, um nicht aus Versehen totgetrampelt zu werden. Dann stapfte sie in ihrem Umhang durch den knöcheltiefen Schnee und hielt Ausschau nach Nachtfrost.
    Nach kurzer Zeit bemerkte sie aus den Augenwinkeln, dass ihr jemand folgte. Sie drehte sich um. Es war Ganna, ebenfalls in einen dicken Pelz gewickelt, sodass nur ihre Augen und ihre Nasenspitze zu erkennen waren. Sie stapfte durch den Schnee auf Sonja zu und blieb stehen.
    Sonja wusste nicht, was sie tun sollte. Ein wenig schämte sie sich für ihren Ausbruch. Aber was hätte sie sonst tun sollen? Niemand hörte ihr je richtig zu! Die Erwachsenen redeten immer davon, wie wichtig ihre Interessen waren – aber Melanie und Darian waren viel wichtiger, und dazu stand sie auch. Halb schuldbewusst, halb trotzig blickte sie zu der alten Frau hoch.
    Merkwürdigerweise sah Ganna nicht böse aus. Sie erwiderte Sonjas Blick nachdenklich und sagte dann unvermittelt: »Ich muss mich bei dir entschuldigen.«
    Sonja blinzelte verblüfft. Das hatte sie nun wirklich nicht erwartet. »Ich – äh – warum?«
    Ganna lächelte ein wenig. »Ich habe nur an unsere Pläne gedacht. So lange schon warten wir auf ein Zeichen derGöttin, dass ich jetzt am liebsten alles auf einmal tun würde. Ich war nie besonders geduldig und vorausschauend bin ich schon gar nicht. Veleria ist diejenige von uns, die vorausschaut und plant. Ich will dann immer sofort lospreschen und Asarié hält mich zurück und warnt vor den Folgen. Sie ermahnt mich immer, auch das Unplanbare mit einzuplanen – und ich vergesse es immer wieder.« Jetzt lächelte sie nicht mehr. »Ich hätte früher mit Veleria reden müssen. Ich wusste nicht, dass sie Darian und Nachtfrost mit dem Amulett losgeschickt hatte. Als du es fandest, dachte ich, es sei gestohlen worden – stattdessen hatte Darian es verloren, als er und Nachtfrost angegriffen wurden.
    Dieser Angriff macht mir Angst, Sonja. Hier ist eine Macht am Werk, die ich fürchte, weil ich sie nicht verstehe. Irgendjemand hat versucht, Nachtfrost und Darian in den Abgrund zu ziehen. Und ich fürchte, dass dieser verborgene Feind auch euch aufgelauert hätte. Aber dann ist Melanie euch gefolgt und abgestürzt, und ich weiß nicht, ob sie uns durch ihre Tat geholfen oder geschadet hat. Und Darian ist ihr nachgesprungen, um sie zu retten. Obwohl er wusste, dass die Gefahr unter der Nebelbrücke lauerte.« Sie verstummte und

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