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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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alte Holztruhen, einen Tisch, Hocker, zwei bettähnliche Gebilde mit Felldecken und sogar einen runden Kamin aus Lehm. An den Wänden hingen büschelweise Kräuter, deren durchdringender Geruch ganz kurz selbst den modrigen Pilzgestank überlagerte. Mehr hatte sie nicht sehen können, bevor die Gnome sie in den Nachbarraum stießen, und dort gab es gar nichts außer harten Lehmwänden und dem Erdboden.
    Die Gnome hatten sich noch eine Weile an der Zwischentür zu schaffen gemacht, die aus dicken, zusammengebundenen Ästen bestand, und waren dann entweder ganz still geworden oder verschwunden. Sofort hatte Darian sich gegen die Tür gestemmt, aber sie gab nicht nach. »Verkeilt«, murmelte er und setzte sich hin. Melanie setzte sich auf die gegenüberliegende Seite und lehnte sich gegen die Wand, und so warteten sie … worauf? Sie wusste es nicht; die Gnome hatten nicht mit ihnen gesprochen und jede Frage nur mit einem bösen Zischen beantwortet.
    Irgendwann war sie dann eingeschlafen. Aber jetzt konnte sie nicht mehr schlafen, also dachte sie nach.
    Dies war also Sonjas Zauberwelt. Darians Zuhause. Eine Welt voller magischer Einhörner, Kristallwälder und schwarzer Wölfe, die sich in Menschen verwandeln konnten … ob Sonja auch nur die leiseste Ahnung von den dunklen Abgründen dieser Welt hatte?
    »Nein«, dachte sie mit einer Art bitterer Schadenfreude, »das gehört mir.«
    Und zum ersten Mal dachte sie an den Augenblick vor dem Sturz zurück. Den Augenblick, in dem sie Nachtfrosts Mähne gepackt hatte – und er zur Seite gesprungen war, sodass sie stolpern und in die Tiefe stürzen musste. Davon hatte sie Darian nichts erzählt; er würde es ja sowieso nicht glauben. Für ihn war dieses schwarzsilberne Einhorn heilig, ein Bote irgendeiner Göttin, es würde nie etwas Unrechtes oder Falsches tun.
    »Klar. Deshalb sitze ich ja jetzt auch in diesem stinkenden Loch. Danke, Nachtfrost.«
    Warum hatte er das getan? War er nur erschrocken, als sie plötzlich neben ihm auftauchte? Oder konnte er sie nicht leiden? Wusste er, dass Asarié ihr verboten hatte, mitzukommen? Hätte er dann nicht einfach anhalten können?
    »Ich wäre nicht zurückgegangen«, dachte sie. »Ich hätte so lange herumgeschrien, bis Asarié es doch erlaubt hätte. Es war nicht fair, dass sie mich nach Hause schicken wollte!«
    Finster brütete sie vor sich hin, ihre Laune wurde immer schlechter, und in ihrem Magen rumorte es ganz gewaltig. Wenigstens blieb Darian still und ließ sie in Ruhe; offenbar hatte ihr bissiger Ton ihn abgeschreckt.
    Plötzlich gab es draußen ein schabendes, rutschendes Geräusch, das sie wiedererkannte: Jemand hatte die geflochtene Eingangstür geöffnet. Schritte ertönten. Darian richtete sich auf, seine Hand glitt zum Gürtel und umklammerte den Griff des Dolches.
    Es kratzte und schabte an der Zwischentür, jemand ächzte, und dann ging die Tür auf. Melanie blinzelte gegen das Licht einer kleinen Laterne, das ihr nach der langen Dunkelheit sehr grell erschien. Die Gestalt, die die Lampe hielt, konnte sie nicht richtig erkennen, sie war in unförmige Kleidung gehüllt und ihr Gesicht lag im Schatten. Aber sie war erheblich größer und breiter als ein Gnom und ihre Stimme klang menschlich. Und sehr, sehr alt.
    »Da seid ihr ja, Kinderchen.«
    Die Hexe war da.
    Melanie stand auf, bereit zum Kampf. »Wer sind Sie? Lassen Sie uns sofort raus!«
    Die Frau hob die Laterne ein wenig und leuchtete Melanie ins Gesicht. »Du bist das Mädchen, das nicht zurückbleiben wollte.« Ein Schwenk zu Darian. »Und du bist der Junge, der sein Leben gewagt hat, nur um dann doch zurückgewiesen zu werden. Was für ein trauriges Abenteuer.«
    Darian stand auf, antwortete aber nicht. Da von ihm offenbar nichts zu erwarten war, wiederholte Melanie: »Lassen Sie uns raus. Sie haben kein Recht, uns hier einzusperren!«
    Die alte Frau kicherte ein wenig. »Sei froh, dass du hier gemütlich und in Sicherheit herumsitzen darfst, Mädchen. Draußen würde es dir viel weniger gefallen.«
    »Hier drin gefällt es mir auch nicht. Können wir wenigstens –« Entsetzt merkte sie, dass ihre Stimme kippte und ihr plötzlich Tränen in die Augen stiegen. Nur jetzt nicht heulen! »Können wir etwas zu essen bekommen?«
    Die alte Frau schaute sie lange an. Und endlich nickte sie. »Ihr könnt herauskommen. Aber versucht nicht, wegzulaufen. Ihr würdet nicht weit kommen … unsere Gnome würden euch sehr schnell wieder finden. Und der Rauchdämon

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