Der Schwur
für ein Glück, dass ihr zufällig vorbeigekommen seid – wir werden uns gegenseitig helfen!«
Irgendetwas an dieser überfreundlichen alten Hexe störte Melanie ganz gewaltig. Aber was es war, begriff sie erst, als Darian ganz ruhig sagte: »Ihr habt mir den Rauchdämon auf den Hals gehetzt, nicht wahr? Und er hat uns auf euren Befehl hin zu der Erdhöhle getrieben.«
»Ts, ts«, machte Isarde und schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Du musst nicht alles glauben, was dir Asarié erzählt. Die redet viel, wenn der Tag lang ist.«
»Das haben mir nicht die Wächterinnen erzählt«, sagte Darian kalt. »Ich weiß, was ich gesehen habe. Der Dämon hätte Melanie und mich zehnmal einholen können, aber er blieb immer hinter uns. Und er hätte uns problemlos in die Erdhöhle folgen können.«
»Sie war wohl zu klein«, sagte Isarde unbeirrt.
»Für ein Wesen aus Rauch?«
»Mein lieber Junge, ich kann dir nicht erklären, warum ein Rauchdämon das tut, was er tut.«
»Das könntest du sehr wohl, da du es ihm befohlen hast!«
»Ich? Nein, mein Junge, ich habe damit nichts zu tun!«
»Dann war es deine Schwester.«
Melanie verlor die Geduld. Das war doch alles nur ein sinnloses Geplänkel. »Was passiert denn jetzt?«, platzte sie dazwischen. »Was haben Sie mit uns vor?«
Isarde kicherte. »Siehst du, Darian, so einfach kann es sein. Kein hässliches Misstrauen, keine Vorwürfe, nur frischer Mut und Tatendrang … Jetzt warten wir, Kindchen.«
Zum Thema Misstrauen hätte Melanie einiges sagen können, aber sie schluckte es herunter. »Ich heiße Melanie, nicht Kindchen. Worauf warten wir denn?«
»Auf den richtigen Augenblick.«
Melanies Herz schlug plötzlich schneller. »Was soll das heißen?«
Isarde lächelte wieder und zeigte dabei alle ihre schadhaften Zähne. Von Minute zu Minute wurde es Melanie unbehaglicher zumute. »Das heißt, dass du eine wichtige Rolle in unseren Plänen spielst.«
»Wieso? Was denn für eine – lassen Sie mich in Ruhe!«
Isarde kicherte. »O nein, das werde ich nicht. Du hast den Zauber der Nebelbrücke gebrochen, du hast unser Brot gegessen, du bist genau die Richtige für unseren Plan.«
»Was ist das für ein Plan?«
»Das werde ich dir sagen. Hast du dich nicht sehr über Asarié geärgert? Hat sie dir nicht erzählt, du seist zu nichts nütze und hättest keine Aufgabe in dieser Geschichte?«
»Woher wissen Sie –« Melanie brach ab und biss sich auf die Lippe.
Isarde stieß ein glucksendes Lachen aus. »Wir kennen Asarié gut. Immer darauf bedacht, dem Gesetz zu gehorchen und niemandem etwas zu gönnen. Was sie nicht versteht, darf nicht sein, so ist es doch, oder? Und so wollte sie auch dich dazu bringen, einzusehen, dass nicht du die Erwählte bist, sondern deine komische kleine Freundin.« Sie beobachtete Melanie genau und kicherte, als Melanie ihrem Blick auswich. »Nun, sie hat sich geirrt. Es hatte seinen Grund, dass wir den Gnomen befohlen haben, dich herzubringen. Wir haben dich erwählt.«
»Was soll das heißen? Wozu erwählt?«
»Wir haben dich auserwählt, die Nebelbrücke zu zerstören.«
Melanie blieb der Mund offen stehen. »Aber – warum?«
»Ist das nicht offensichtlich? Weil wir verrückt sind, darum.« Das Gesicht der alten Frau verzog sich zu einer hässlichen Grimasse. »Und wir haben ein Recht, verrückt zu sein! Du wärest es auch, wenn du tausend und abertausend Jahre in diesem Höllenloch unter der verfluchten Brücke sitzen müsstest! Wir wollen hier raus! Und dafür –«, jetzt wurde sie plötzlich wieder ganz sanft, »– dafür muss die Brücke zerstört werden. Dann sind wir frei.«
Melanie versuchte ihre Gedanken zu ordnen. »Warum machen Sie das nicht selbst?«
»Weil wir es nicht können. Wir sind als Wächterinnen eingesetzt, wir können das, was wir bewachen, nicht zerstören. Aber wir können es hassen.« Unvermittelt trat sie nahe an Melanie heran. Sie roch durchdringend nach altem Fleisch und Pilzen. »Hilf uns! Es ist ein Fluch, unter dem wir schon viel zu lange leiden! Stell es dir doch nur einmal vor – immer und immer hier in diesem Abgrund zu sitzen, nie die Sonne und den Himmel zu sehen, nie frischen Wind zu spüren! Du musst uns helfen! Das ist deine Aufgabe, Melanie – befreie uns von unserem Fluch!«
»Moment mal.« Angewidert wich Melanie vor ihr zurück. »Was ist dann mit Sonja und mir? Wie kommen wir wieder nach Hause, wenn die Brücke kaputt ist?«
»Oh, ganz einfach! Ihr werdet sofort
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