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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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getragenem Kopf schritt er an den Elarim vorbei auf die große Hütte zu und blieb erst dort stehen, Elri an seiner Seite. Die Leute folgten ihm und sammelten sich im Kreis. Niemand sprach. Sonja schaute sich nervös um. Helle Augen in staubigbraunen Gesichtern musterten sie neugierig. Die Leute sahen einander sehr ähnlich, sie hatten alle dunkelbraune Haare und trugen Lederkleidung. Nur die Frisuren und die Verzierung der Kleider war unterschiedlich. Nirgends sah sie Blau oder Schwarz und schon gar kein Silber.
    »Eliu Taithar Elarim«, sagte eine tiefe Stimme von der großen Hütte her. Diesen sehr formellen Gruß hatte Sonja schon vorher gehört, und jetzt konnte sie ihn auch übersetzen: »Die Elarim grüßen dich in Frieden, Geweihter. Und auch dich, Yeriye«, fuhr der Sprecher fort. Er war ein alter Mann, der zusammen mit einer alten Frau aus derHütte getreten war. Ihnen folgten eine jüngere Frau und ein junger Mann, die neben den Älteren stehen blieben.
    »Yeriye«, dachte Sonja, »Weißhäutige. Das bin ich.« »Guten Tag«, sagte sie unsicher und fand, dass es nach dem Gruß der Elarim sehr flach und langweilig klang. Geradezu unhöflich. Aber der alte Mann nickte nur freundlich.
    »Jeravi«, sagte Elri, »Gundar von Keban reitet mit zwölf Gefolgsmännern über die Ebene. Er sucht jemanden, der aus Chiarron verschwunden ist, und er hatte gehört, dass ein Taithar in Duntalye gesehen wurde. Die Birjaks haben uns geholfen, aber ich glaube, er wird wiederkommen.«
    Die Elarim murmelten leise; offenbar mochte keiner von ihnen den »Spürer«. Die vier Jeravi – Häuptlinge, übersetzte Sonja –, wechselten kurze Blicke, und die alte Frau sagte: »Danke, Elri. Reite zur Herde zurück. Du hast deine Sache gut gemacht. Und du, Yeriye: du wirst hungrig sein. Komm herein und iss.«
    Jetzt blickte Elri zu ihr hoch und nickte. Aber Sonja stieg noch nicht ab. »Bitte«, sagte sie. »Ich – ich heiße Sonja. Und mein Pf–, das Ein–, ich meine – der Taithar ist verletzt. Könnt ihr ihm nicht bitte helfen?«
    »Wir haben es gesehen«, sagte der junge Mann. »Was ist passiert?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe ihn so gefunden. Ich habe die Wunde ausgewaschen, und Elri hat ein Blatt draufgetan, und –« Der junge Mann hob die Hand und Sonja schwieg.
    »Wir werden uns darum kümmern. Ihr sollt euch beide ausruhen.«
    »Geh schon«, flüsterte Elri ihr zu und dann drehte sie sich um und lief zu ihrem Birjak.
    Widerstrebend rutschte Sonja nun von Nachtfrosts schwarzem Rücken. Er wandte den Kopf und stupste sie freundlich mit dem Maul an. Sie umarmte ihn und passte dabei auf, dass sie die Verletzungen nicht berührte. »Lauf bloß nicht weg«, flüsterte sie. »Lass mich hier nicht allein!«
    Hab keine Angst.
    Sie schluckte und ließ ihn los. »Schon gut«, murmelte sie. Er schnaubte, wandte sich ab und hinkte von der Hütte weg. Drei Männer folgten ihm.
    »Sie werden sich gut um ihn kümmern«, sagte die alte Jeravi-Frau lächelnd, als sie Sonjas ängstlichen Blick bemerkte. »Es ehrt dich, dass du zuerst an ihn denkst. Komm, du wirst müde sein.«
    Jetzt erst spürte Sonja, wie hungrig und durstig sie war. Ihr Arm tat noch immer weh und irgendwie schien dieser Tag viel länger gewesen zu sein als jeder andere Tag in ihrem Leben. Sie wollte sich nur noch in einer Ecke zusammenrollen und schlafen.
    Und das tat sie auch. Als sie die große Hütte betrat, zog ihr zwar ein herrlicher würziger Geruch aus einem Kessel über dem Feuer in der Mitte entgegen, aber sie war plötzlich so müde, dass sie stolperte und der dunkle Raum vor ihren Augen verschwamm. Die junge Frau fing sie auf. »Ruh dich aus«, sagte sie freundlich. »Es ist genug Zeit zum Essen und Reden, wenn du wieder aufwachst.«
    Sie führte sie zu einem niedrigen Lager. Sonja setzte sich hin, zog mit Mühe ihre Reitstiefel aus, kippte um und war im Nu eingeschlafen.

N
acht auf der Ebene
    Sonja wurde von einem kühlen Windstoß, der ihr Gesicht traf, aus dem Schlaf gerissen. Sofort war sie hellwach. War da nicht vorhin noch eine Hütte gewesen? Sie riss die Augen auf und starrte wild um sich.
    Im ersten Moment erkannte sie nur, dass da tatsächlich keine Hütte mehr war. Und sie lag auch nicht mehr auf dem fellbespannten Holzgestell, sondern saß in einem Nest auf einem breiten Buckel, die Beine durch zwei Löcher gesteckt, und unmittelbar vor ihr ragten zwei endlos lange weiße Hörner nach oben. Der Buckel bewegte sich – tatsächlich bewegte sich

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