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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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wollte sie gar nicht wissen, was für Monster dort drin hausten. Aber sie fragte es trotzdem, wenn auch mit ziemlich ängstlicher Stimme. »Was ... was denn für Wesen?«
    »Dämonen«, erwiderte Elri, und Sonja wurde klar, dass ihre erste Idee besser gewesen war. Hätte sie doch nicht gefragt!
    Aber Elri fuhr fort: »Zum Glück gibt es hier nur selten welche. Im Osten ist es ganz schlimm.« Sie warf Sonja einen Blick zu. »Aber du brauchst keine Angst zu haben.« Das klang ein wenig überheblich, aber sie entschärfte es sofort: »Ich meine, natürlich sind sie sehr gefährlich, und wir haben auch Angst vor ihnen. Aber solange der Taithar dein Freund ist, passiert dir nichts.«
    »Taithar«, wiederholte Sonja langsam. Das Wort fühlte sich seltsam an: fremd und vertraut, beruhigend und einschüchternd zugleich. Nachtfrost schnaubte und sie streichelte seine Mähne. Hab keine Angst, hörte sie – oder hatte sie es nur gedacht?
    »Hast du gesagt, die Taithar sind Arunas Boten?«
    »Die Taitharas«, korrigierte Elri. »Ja, sie sind die Geweihten der Göttin. Sie haben Zauberkräfte, die stärker sind als die der Schamanen. Und sie können durch den Nebel gehen.« Jetzt wirkte ihr Blick fast scheu. »Nachtfrost ist durch den Nebel gegangen, um dich zu uns zu bringen.«
    Sonja erschauerte. »Aber im Nebel leben die Dämonen!«
    »Ich verstehe es ja auch nicht«, gab Elri zu. »Ich weiß nur, dass meine Mutter es mir so erzählt hat: Die Taitharas können durch den Nebel in andere Welten gehen. Deshalb sind sie überall so selten – weil sie kommen und wieder gehen, ohne eine Spur.« Sie rieb sich die Nase. »Nur ... normalerweise werden sie dabei nicht verletzt.«
    Sonja wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Ganz sicher wollte sie Elri nicht erzählen, dass Nachtfrost im Forstwald von Hunden und Mopedfahrern gejagt worden war. Ein Bote der Göttin ... eigentlich glaubte sie nicht an einenoder mehrere Götter, aber trotzdem hatte sie vom ersten Moment an gewusst, dass etwas Ungewöhnliches an diesem grauen Pferd war.
    Eine Weile schwiegen sie beide, ritten einen Hügel nach dem anderen hinauf und wieder herunter, ohne etwas anderes zu sehen als Himmel und Gras. Es schien jetzt Nachmittag zu sein. Über ihnen war der Himmel noch blau, aber im Westen zogen sich blassgraue Wolken vor der Sonne zusammen. Ein Schatten breitete sich über dem Land aus, während sich die Wolken langsam golden färbten. Es war ganz still, nur ein paar Insekten zirpten im Gras. Sonja dachte an den Autolärm zu Hause, an Flugzeuge – nichts dergleichen schien es hier zu geben. Keine Schulen, kein Schwimmbad. Vielleicht erstreckte sich diese leicht hügelige Ebene bis zum Ende der Welt.
    Aber schon der nächste Hügel brachte eine Veränderung. Sie ritten hinauf, und als sie den höchsten Punkt erreicht hatten, sah Sonja das Dorf der Elarim, das vor ihnen in der Senke lag.
    Auf den ersten Blick sah es wie ein Kreis aus Maulwurfshügeln aus, die sich um einen größeren Hügel gruppierten. Dann erkannte Sonja, dass es kleine runde Hütten waren. Die Dächer schienen aus dunklem Stroh zu bestehen. Straßen gab es nicht, nur schmale Wege, wo das Gras niedergetreten war. Vor zwei Häusern saßen Menschen in kleinen Gruppen zusammen. Sie schienen zu arbeiten; Töpfe und Körbe standen neben ihnen, aber Sonja konnte nicht erkennen, was sie taten.
    Elris Birjak gab wieder ein Geräusch von sich; diesmal nicht das warnende Husten, sondern eine Art Muhen. Der Ton war so tief, dass die Erde darunter zu erzittern schien. Die Elarim unterbrachen ihre Arbeit und blickten zumHügel hoch. Während der Birjak und das schwarzsilberne Einhorn sich wieder in Bewegung setzten, sammelten sich die Leute zwischen den beiden Hütten, die sie zuerst erreichen würden. Nervös hielt Sonja sich an der silbernen Mähne fest. Was würden diese Leute mit ihr machen? Elri schien freundlich zu sein, aber Sonja hatte das deutliche Gefühl, dass sie ihr bei ihren Erklärungen vorhin doch etwas verschwiegen hatte. Sie wünschte sich plötzlich, Nachtfrost hätte sie nicht mitten in die Birjakherde gebracht, sondern an einen Ort ohne Menschen und seltsame Tiere. Dort hätte sie sich erst einmal in Ruhe umsehen können.
    Am Dorfeingang hielt Elri den Birjak an, zog die Beine aus dem Nest und kletterte gewandt herunter. Sonja wollte ebenfalls absteigen, aber Elri schüttelte rasch den Kopf. Nachtfrost schien genau zu wissen, was zu tun war. Noch immer hinkend, aber mit stolz

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