Der Schwur
können«, sagte Melanie, scharfsinnig wie immer.
»Und ihre Reiter«, sagte Asarié. »Und manchmal auch noch etwas anderes, aber das ist jetzt nicht so wichtig. Wichtig ist nur, dass Darian so schnell wie möglich heimkehrt, um das Amulett nach Chiarron zu bringen. Also sollten wir –«
»Das geht nicht«, sagte Darian.
Asarié runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
»Ich kann das Amulett nicht mehr tragen. Es verbrennt mir die Hand.«
Zum ersten Mal sah Sonja, wie die Frau ihre Fassung verlor. Ihre Haut wurde fast so weiß wie ihre Haare. Entgeistert starrte sie Darian an. »Das ist unmöglich! Du wurdest auserwählt, es zu tragen!«
»Sonja hat es jetzt.«
Einen Moment lang sah Asarié wirklich aus wie eine Hexe.
Ihr Kopf ruckte herum, sie starrte Sonja an, ihre Augen wurden weit. »Wie ist das passiert?«
Sonja schluckte nur und konnte nicht antworten. Darianübernahm das für sie. »Ich nehme an, dass ich einen Fehler gemacht habe«, sagte er und Sonja konnte ihn nur stumm bewundern. Wie konnte er so ruhig bleiben? War er nicht wütend, verletzt, enttäuscht oder eifersüchtig? Sie selbst hätte den Verlust einer solchen Aufgabe ganz bestimmt nicht so ruhig hingenommen. Oder war er etwa erleichtert, dass er das Amulett los war?
»Ich muss nachdenken.« Asarié stand auf, ging in die Küche und kam nach kurzer Zeit mit einem Glas Wein zurück. Sie setzte sich wieder in ihren Sessel. »Erzähl mir genau, was passiert ist, seit Veleria dir das Amulett gab.«
»Nachtfrost wartete schon auf mich«, sagte Darian. »Veleria sagte, die Göttin hätte ihn geschickt, um mir zu helfen. Also ließ ich mein Pferd beim Wolfsclan und ritt mit Nachtfrost los. Schon nach kurzer Zeit warnte er mich, dass wir verfolgt wurden. Bis dahin waren wir galoppiert, aber nun jagte er los wie ein Sturm, und wir ließen die Verfolger weit hinter uns.«
Sonja nickte. An einen solchen Galopp erinnerte sie sich auch.
»Aber wir wurden zur Nebelküste hin abgedrängt«, erzählte Darian weiter. »Unsere Verfolger hatten sich in Gruppen aufgeteilt. Schließlich galoppierte Nachtfrost direkt an den Klippen entlang und ich hatte Angst, er könnte stolpern und mit mir in den Abgrund stürzen. Aber er stolperte nie – bis plötzlich etwas Riesiges, Dunkles aus dem Nebel unmittelbar vor uns auftauchte. Da scheute er, und ich flog in hohem Bogen von seinem Rücken – zum Glück ins Gras, nicht in den Abgrund. Dabei muss ich das Amulett verloren haben.
Ich glaube, ich war ein paar Augenblicke lang benommen, jedenfalls konnte ich nichts sehen oder hören. Dann merkte ich, dass Nachtfrost gegen das Ding – was immer es war – kämpfte. Aber es war zu stark. Nachtfrost wich zurück, kam zu mir, ich griff in seine Mähne, und gleich darauf jagte er mitten in den Nebel hinein. Ich weiß nicht mehr, ob wir gefallen sind oder nicht – es gab einen fürchterlichen Ruck, ich flog wieder von seinem Rücken, und das Nächste, was ich weiß, ist, dass ich an einem Waldrand lag und mich nicht rühren konnte. Nachtfrost war verschwunden. Ich lag einen Abend und eine ganze Nacht da, habe ziemlich gefroren, und am nächsten Tag kam dieses Mädchen da und schrie mich an.« Er grinste Melanie an.
»Na, du hast mich auch ganz schön angebrüllt«, gab Melanie spitz zurück.
»Weil ich Angst hatte«, sagte Darian einfach. »Ich dachte, ich sei in den Abgrund gestürzt. Und ich hatte schon einen Dämon gesehen, der hoch über mir hinwegflog und weißes Feuer hinter sich herzog. Ich dachte, du seist auch so ein Dämon.«
»Dein ›Dämon‹ war wohl ein Flugzeug«, sagte Asarié. »Vor denen hatte ich auch Angst, als ich herkam; ich dachte, es seien Drachen.« Sie trank einen Schluck Wein. »Konntest du erkennen, was das für ein Wesen war, das euch angegriffen hat?«
Darian schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass es größer war als Nachtfrost. Und es kam aus dem Abgrund herauf.«
»Denk gut nach«, sagte Asarié. »Meine nächste Frage ist sehr wichtig. Kann es sein, dass das Wesen versucht hat, dich – nicht Nachtfrost – in den Abgrund hinabzuziehen?«
Darian zögerte. »Warum ist das wichtig?«
»Das kann ich dir noch nicht sagen. Kannst du mir die Frage beantworten?«
Darian zog die Knie bis zum Kinn hoch und umschlangsie mit den Armen, während er nachdachte. »Es könnte sein«, sagte er endlich zögernd. »Es griff nach mir. Aber ich bin nicht sicher.«
Asarié nickte, als hätte er damit etwas bestätigt. »Danke.«
»Warum fragen
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