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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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sollte. Dann schlüpften sie wieder zwischen den Zaunbrettern hindurch und gingen auf den Hof. Das Gutshaus war ein großes, weißes Gebäude mit dunklem Dach und zwei Seitenflügeln, die den Hof einrahmten. Gegenüber standen zwei lang gestreckte Gebäude, aus denen dumpfe Mahlgeräusche und gelegentlich ein harter Hufschlag drangen; das waren wohl die Ställe. Alle Türen waren zugeklappt und verriegelt.
    »Sonja«, flüsterte Darian. »Benutze das Amulett!«
    Natürlich – warum war sie nicht gleich darauf gekommen? Sie stellte sich hin, zog das Amulett aus der Tasche und hielt es hoch. Aber es fühlte sich so kühl wie immer an.Auch als sie sich im Kreis drehte, veränderte sich die Temperatur nicht. Aber das konnte doch nicht sein! Sie schüttelte das Amulett, als hätte es einfach nur einen Wackelkontakt, aber nichts änderte sich.
    »Also ist er doch nicht hier?«, fragte Melanie. »Toll! Und dafür sind wir tausend Kilometer durch die Nacht gefahren?«
    »Er ist hier.« Sonja versuchte, ruhig zu bleiben, obwohl ihr Magen sich anfühlte, als sei sie gerade nach einer viel zu großen Eisportion Achterbahn gefahren. »Ich bin ganz sicher! Das hier ist der richtige Ort!«
    »Vielleicht aber auch nicht! Vielleicht hast du gestern Abend etwas falsch gemacht und er ist ganz woanders!«
    »Ich hab nichts falsch gemacht! Was kann man denn falsch machen, wenn man sich bloß im Kreis drehen muss?«
    »Weiß ich nicht! Ich bin ja nicht die Magieexpertin hier!«
    »Leise!«, zischte Darian. »Seid ihr verrückt, euch jetzt zu streiten?«
    Erschrocken hielten sie den Mund. Und in der Stille hörten sie es: ein leises, gedämpftes, drohendes Knurren hinter ihnen. Sie erstarrten alle drei.
    »So«, sagte eine Frauenstimme, bei der es Sonja kalt den Rücken hinunterlief. Sie kannte diese Stimme. »Ihr dreht euch jetzt mal ganz langsam um.«

A
sarié
    Frau von Stetten sah noch genauso aus, wie Sonja sie in Erinnerung hatte: groß, schlank, mit hellblonden Haaren, die sie im Nacken zu einem Knoten geschlungen hatte. Sie trug ein elegantes dunkles Kostüm, als käme sie gerade von einem Galaempfang und nicht etwa aus dem Bett, obwohl es mittlerweile bestimmt schon drei Uhr morgens war. Bewaffnet war sie nicht, obwohl Sonja nach ihren Worten mindestens mit einem Gewehr gerechnet hatte. Aber dafür stand neben ihr ein riesiger weißer Hund, und mit dem an ihrer Seite brauchte sie keine Waffe. Sie hielt ihn nicht fest. Er stand reglos, nur das tiefe Knurren und das Funkeln seiner Augen verrieten, dass er überhaupt lebendig war.
    »Äh«, begann Melanie, weil Sonja kein Wort herausbrachte. »Wir – äh – können das erklären.«
    »Da bin ich aber neugierig«, sagte die Frau. »Wohnt ihr nicht mindestens zehn Kilometer von hier entfernt? Wissen eure Eltern, wo ihr euch nachts herumtreibt?«
    »Woher wissen Sie, wo wir wohnen?«
    »Ach, komm.« Die Frau lachte leise. »Sonja hat mich doch längst erkannt. Nicht wahr?«
    Sonja nickte langsam. »Sie sind nicht von hier, oder?«, fragte sie zögernd. »Sie kommen aus … aus Parva.«
    »Ja«, sagte Frau von Stetten. »Und ich habe darauf gewartet, dass ihr kommt. Und da ihr jetzt hier seid, haben wir ein paar Dinge zu besprechen. Willkommen, Sonja und Melanie. Willkommen, Darian von Chiarron.« Es klang ausgesprochen förmlich, fast wie ein Zauberspruch. Und als hätte der weiße Hund sie verstanden, hörte er auf zu knurren.
    Darian runzelte die Stirn und verbeugte sich nur knapp.
    »Kommt ins Haus«, sagte die Frau, drehte sich um und ging voran. Der Hund folgte ihr. Sonja schaute fragend zu den anderen hin. Melanie zuckte die Achseln. »Tu, was sie sagt«, meinte Darian leise. »Du hast keine andere Wahl. Aber sei vorsichtig. Sie ist eine mächtige Zauberin, und wir wissen nicht, auf wessen Seite sie steht.«
    Die beiden Mädchen zuckten erschrocken zusammen. »Eine Zauberin?«, flüsterte Melanie. »Woher weißt du das?«
    »Ich habe von ihr gehört«, gab er kurz zurück.
    Frau von Stetten blieb in der hell erleuchteten Türöffnung stehen und drehte sich zu ihnen um. »Was ist?«
    Sonja nahm all ihren Mut zusammen, umfasste das Amulett und ging auf die seltsame Frau zu. Melanie schaute zweifelnd drein, zuckte aber schließlich die Achseln. Darian nickte nur, und so folgten sie der Frau ins Haus.
    Drinnen schaute Sonja sich nervös um. Wie sah es im Haus einer Zauberin aus? Blubberte und dampfte es aus unheimlichen Kesseln, hingen Fledermäuse von der Decke, brannten

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