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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Geschäftlich haben sie nichts hier zu suchen, denn sie lungern müßig herum und thun gar nichts, was auf ein Geschäft schließen läßt. Jetzt sitzen sie da drinnen in der Stube und reißen das Mundwerk auf, daß ein Grizzlybär es sich zum Lager wählen könnte. Sie haben schon entdeckt, daß wir Deutsche sind, und uns zu reizen versucht. Wenn wir ihnen antworteten, würde es sicher Mord und Todtschlag geben. Ich habe heut’ übrigens keine Lust, mich lange zu verweilen, und Ihr werdet Euch nach Ruhe sehnen. Aber mit dem Abendessen sieht es nicht allzu gut aus. Wir führen nämlich, da ich Wittwer bin, einen Junggesellentisch und gehen des Mittags in den Gasthof speisen. Auch habe ich vor einigen Tagen mein Haus verkauft, da mir hier der Boden zu heiß wird. Damit will ich nicht sagen, daß die Menschen mir hier nicht gefallen. Sie sind eigentlich nicht schlimmer als überall, aber in den Staaten ist der mörderische Krieg kaum beendet, und die Folgen liegen noch schwer auf dem Lande, und drüben in Mexico schlachtet man sich noch immer ab. Texas liegt so recht zwischen diesen beiden Gebieten; es gährt, wohin man blickt; aus allen Gegenden zieht sich das Gesindel nach hier, und das verleidet mir den Aufenthalt. Darum beschloß ich, zu verkaufen und dann zu meiner Tochter zu gehen, die sehr glücklich verheirathet ist, und bei deren Mann ich eine Stelle finde, wie ich sie mir nicht besser wünschen kann. Dazu kommt, daß ich hier im Orte einen Käufer gefunden habe, dem die Liegenschaft paßt und der mich sofort baar bezahlen konnte. Vorgestern hat er mir das Geld gegeben; ich kann also fort, sobald es mir beliebt. Ich gehe nach Mexico.«
    »Seid Ihr des Teufels, Sir?« rief Old Death.
    »Ich? Weßhalb denn?«
    »Weil Ihr vorhin über Mexico geklagt habt. Ihr gabt zu, daß man sich da drüben abschlachte. Und nun wollt Ihr selbst hin!«
    »Geht nicht anders, Sir. Uebrigens ist es nicht in der einen Gegend Mexico’s, wie in der andern. Da, wohin ich will, nämlich ein wenig hinter Chihuahua, ist der Krieg zu Ende. Juarez mußte zwar bis nach El Paso fliehen, hat sich aber bald aufgemacht und die Franzmänner energisch nach dem Süden zurückgetrieben. Ihre Tage sind gezählt; sie werden aus dem Lande gejagt, und der arme Maximilian wird die Zeche zu bezahlen haben. Es thut mir Leid, denn ich bin ein Deutscher und gönne ihm alles Gute. Um die Hauptstadt wird die Sache ausgefochten werden, während die nördlichen Provinzen verschont bleiben. Dort wohnt mein Schwiegersohn, zu dem ich mit dem Will gehen werde. Dort erwartet uns Alles, was wir nur hoffen können, denn, Sir, der wackere Kerl ist als Silberminenbesitzer sehr wohlhabend. Er befindet sich jetzt über anderthalb Jahre in Mexico und schreibt in seinem letzten Briefe, daß ein kleiner Silberminenkönig angekommen sei, der ganz gewaltig nach dem Großvater schreie. Alle Teufel, kann ich da hier bleiben? Ich soll an der Mine eine gute Anstellung erhalten, mein Junge, der Will hier, ebenso. Dazu kann ich dem kleinen Minenkönig das erste Abendgebet und dann das deutsche Alphabet und Einmaleins beibringen – Ihr seht, Mesch’ schurs, daß es für mich kein Halten gibt. Ein Großvater muß unbedingt bei seinen Enkeln sein, sonst ist er nicht am richtigen Platze. Also will ich nach Mexico, und wenn es Euch beliebt, mit mir zu reiten, so soll es mir lieb sein.«
    »Hm!« brummte Old Death. »Macht keinen Scherz, Sir! Es könnte kommen, daß wir Euch beim Worte hielten.«
    »Was, Ihr wollt mit hinüber? Das wäre freilich prächtig. Schlagt ein, Sir! Wir reiten zusammen.«
    Er hielt ihm seine Hand hin.
    »Langsam, langsam!« lachte Old Death. »Ich meine allerdings, daß wir wahrscheinlich nach Mexico gehen werden, aber ganz gewiß ist es doch noch nicht, und wenn der Fall eintreten sollte, so wissen wir jetzt noch nicht, welche Richtung wir einschlagen werden.«
    »Wenn es nur das ist, Sir, so reite ich mit Euch, wohin Ihr wollt. Von hier aus führen alle Wege nach Chihuahua, und es ist mir ganz gleich, ob ich heute dort ankomme oder morgen. Ich bin ein eigennütziger Kerl und sehe gern auf meinen Vortheil. Ihr seid ein gewandter Westmann und berühmter Fährtensucher. Wenn ich mit Euch reiten darf, komme ich sicher hinüber, und das ist in der jetzigen unruhigen Zeit von großem Werthe. Wo gedenkt Ihr denn das Nähere zu erfahren?«
    »Bei einem gewissen Sennor Cortesio. Kennt Ihr den Mann vielleicht?«
    »Ob ich den kenne! La Grange ist so klein, daß sich

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