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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schimpfte Old Death. »Es ist mir ganz so, als ob ich ihr höhnisches Gelächter hörte.«
    »Laßt sie lachen! Wir lachen später, und das ist bekanntlich besser. Ich werde Euch schon beweisen, daß ich mich nicht vor ihnen fürchte, aber auf eine Wirthshausbalgerei lasse ich mich nicht ein.«
    Die beiden Schmiede nahmen uns unsere Sättel ab und versicherten, sie könnten es nicht zugeben, daß ihre Gäste eine solche Last selbst schleppen müßten. Bald standen wir zwischen zwei Gebäuden. Das eine, links von uns, lag in tiefes Dunkel gehüllt, in dem andern schimmerte ein Licht durch die Ladenritze.
    »Sennor Cortesio ist zu Hause,« sagte Lange. »Dort, wo der Lichtstreifen durchdringt, wohnt er. Ihr braucht nur an die Thüre zu klopfen, so wird er Euch öffnen. Seid Ihr mit ihm fertig, so kommt da links herüber, wo wir wohnen. Klopft an den Laden, welcher sich neben der Thüre befindet! Wir werden indessen einen Imbiß fertig machen.«
    »Sie begaben sich nach ihrem Hause, und wir beide wendeten uns nach rechts.« Auf unser Klopfen wurde die Thüre um eine schmale Lücke geöffnet, und eine Stimme fragte:
    »Wer sein da?«
    »Zwei Freunde,« antwortete Old Death. »Ist Sennor Cortesio daheim?«
    »Was wollen von Sennor?«
    Der Ausdrucksweise nach war es ein Neger, welcher diese Fragen stellte.
    »Ein Geschäft wollen wir mit ihm machen.«
    »Was, ein Geschäft? Es sagen, sonst nicht herein dürfen.«
    »Sage nur, daß Master Lange uns schickt!«
    »Massa Lange? Der sein gut. Dann wohl herein dürfen. Ein Augenblick warten!«
    Er machte die Thüre zu, öffnete sie aber bereits nach kurzer Zeit wieder und brachte den Bescheid:
    »Kommen herein! Sennor haben sagen, daß mit Fremden reden wollen.«
    Wir traten durch einen engen Hausflur in eine kleine Stube, welche als Comptoir benutzt zu werden schien, denn ein Schreibepult, ein Tisch und einige Holzstühle waren das ganze, einfache Meublement. An dem Pulte stand ein langer, hagerer Mann, mit dem Gesicht nach der Thüre gekehrt. Der erste Blick in sein Gesicht brachte das Ergebniß, daß er ein Spanier sei.
    »
Buenas tardes!
« beantwortete er unsern höflichen Gruß. »Sennor Lange sendet Euch? Darf ich erfahren, was Euch zu mir führt, Sennores?«
    Ich war neugierig, was Old Death antworten werde. Er hatte mir draußen gesagt, daß ich ihn sprechen lassen solle.
    »Vielleicht ist’s ein Geschäft, vielleicht auch nur eine Erkundigung, Sennor. Wir wissen es selbst noch nicht genau,« sagte der Alte.
    »Wir werden ja sehen. Setzt Euch, und nehmt einen Cigarillo.«
    Er hielt uns das Cigarettenetui und Feuerzeug entgegen, welches wir nicht abschlagen durften. Der Mexicaner kann sich nichts, am allerwenigsten aber ein Gespräch, eine Unterhandlung ohne Cigaretten denken. Old Death, welchem ein Primchen zehnmal lieber war als die feinste Cigarre, nahm sich so ein kleines, dünnes Ding, brannte es an, that einige gewaltige Züge, und – – die Cigarette hatte ausgeraucht. Ich verfuhr mit der meinigen sparsamer.
    »Was uns zu Euch führt,« begann Old Death, »ist nicht von großer Bedeutung. Wir kommen nur deßhalb so spät, weil Ihr nicht früher zu treffen waret. Und wir wollen mit diesem Besuche nicht bis morgen warten, weil uns die hiesigen Zustände gar nicht zu einem langen Bleiben hier einladen. Wir haben die Absicht, nach Mexico zu gehen und Juarez unsere Dienste anzubieten. So Etwas thut man natürlich nicht gern auf’s Gradewohl. Man möchte eine gewisse Sicherheit haben, willkommen zu sein und angenommen zu werden. Darum haben wir uns unter der Hand erkundigt und dabei in Erfahrung gebracht, daß man hier in La Grange angeworben werden kann. Euer Name wurde uns dabei genannt, Sennor, und so sind wir zu Euch gekommen, und nun habt Ihr vielleicht die Gewogenheit, uns zu sagen, ob wir uns bei dem richtigen Manne befinden.«
    Der Mexicaner antwortete nicht sogleich, sondern betrachtete uns mit forschenden Blicken. Sein Auge schien mit Befriedigung auf mir zu haften; ich war jung und sah rüstig aus. Old Death gefiel ihm wohl weniger. Die hagere, nach vorn gebeugte Gestalt des Alten schien nicht geeignet zu sein, große Strapazen auszuhalten. Dann fragte er:
    »Wer war es, der Euch meinen Namen nannte, Sennor?«
    »Ein Mann, den wir auf dem Steamer trafen,« log Old Death. »Zufällig begegneten wir dann auch Master Lange und erfuhren von ihm, daß Ihr vor zehn Uhr nicht zu Hause sein würdet. Wir sind Nordländer deutscher Abstammung und haben gegen die

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