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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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anzufertigen. Man kann hier nie wissen, was im nächsten Augenblicke geschieht. Habt also hier eine Viertelstunde Geduld. Ich werde mich beeilen. Da liegen Cigarillos, und hier will ich Euch auch einen guten Schluck vorsetzen, von welchem ich sonst Niemandem gebe. Darum ist leider nur ein einziges Glas vorhanden.«
    Er schob uns die Cigaretten hin und holte eine Flasche Wein herbei. Dann trat er an das Pult, um zu schreiben. Old Death zog mir hinter dem Rücken des Mexicaners eine Grimasse, aus welcher ich ersah, daß er sich höchst befriedigt fühle. Dann goß er sich ein Glas voll, brachte die Gesundheit Cortesio’s aus und leerte es auf einem Zuge. Ich war bei Weitem nicht so befriedigt wie er, denn die beiden Männer, auf welche ich es abgesehen hatte, waren noch gar nicht erwähnt worden. Das flüsterte ich dem Alten zu. Er antwortete mit einer Geberde, welche mir sagen sollte, daß er das schon auch noch besorgen werde.
    Nach Verlauf einer Viertelstunde hatte Old Death die vorher volle Flasche ganz allein ausgetrunken und Cortesio war fertig. Der Letztere las uns vor dem Versiegeln das Empfehlungsschreiben vor, mit dessen Inhalte wir sehr zufrieden sein konnten. Dann füllte er nicht zwei, sondern vier Blanquets aus, von denen jeder von uns zwei erhielt. Zu meinem Erstaunen sah ich, daß es Pässe waren, der eine in französischer, der andere in spanischer Sprache gedruckt, und der erstere war von Bazaine und der letztere von Juarez unterschrieben. Cortesio mochte mein Erstaunen bemerken, denn er sagte unter einem Lächeln schlauer Befriedigung:
    »Ihr seht, Sennor, daß wir im Stande sind, Euch gegen alle möglichen Vorkommnisse in Schutz zu nehmen. Wie ich zu den französischen Legitimationen komme, das ist meine Sache. Ihr wißt nicht, was Euch begegnen kann; und es ist also gut, dafür zu sorgen, daß Ihr für alle Fälle gesichert seid. Andern diese Doppelpässe zu geben, würde ich mich wohl hüten, denn sie werden nur ganz ausnahmsweise ausgestellt, und diejenigen Mannschaften, welche unter Bedeckung von hier abgehen, erhalten überhaupt keine Legitimationen.«
    Dies benutzte Old Death endlich zu der von mir so heiß ersehnten Frage:
    »Seit wann sind die letzten dieser Leute hinüber?«
    »Seit gestern. Ich hatte einen Transport von über dreißig Rekruten, welchen ich bis Hopkins Farm selbst begleitet habe. Es befanden sich dieses Mal zwei Sennores in Privat dabei.«
    »Ah, so befördert Ihr auch Privatleute?« fragte Old Death in verwundertem Tone.
    »Nein. Das würde zu Unzuträglichkeiten führen. Nur gestern machte ich eine Ausnahme, weil der eine dieser Herren ein guter Bekannter von mir war. Uebrigens werdet Ihr ausgezeichnet beritten sein und könnt, wenn Ihr morgen zeitig von hier fortreitet, das Detachement einholen, bevor es den Rio grande erreicht.«
    »An welchem Punkte wollen die Leute über den Fluß gehen?«
    »Sie nehmen die Richtung auf den Eagle-Paß. Da sie sich aber dort nicht sehen lassen dürfen, so halten sie sich ein wenig nördlicher. Zwischen dem Rio Nueres und dem Rio grande durchschneiden sie den von San Antonio kommenden Maulthierweg, kommen an Fort Inge vorüber, welches sie aber auch vermeiden müssen, und gehen zwischen den beiden Nebenflüßchen Las Moras und Moral über den Rio grande, weil es dort eine leicht passirbare Furth gibt, welche nur unsere Führer kennen. Von dort an halten sie sich westlich, um über Baya, Cruces, San Vinzente, Tabal und San Carlos die Stadt Chihuahua zu erreichen.«
    Alle diese Orte waren mir böhmische Dörfer. Old Death aber nickte mit dem Kopfe und wiederholte jeden Namen laut, als ob er die Gegend sehr genau kenne.
    »Wir werden sie sicher einholen, wenn unsere Pferde wirklich nicht schlecht, und die ihrigen nicht allzu gut sind,« sagte er. »Aber werden sie es erlauben, daß wir uns anschließen?«
    Cortesio bejahte lebhaft. Aber mein Freund fragte weiter:
    »Werden indessen die beiden Masters, welche Ihr Privatleute nanntet, auch damit einverstanden sein?«
    »Jedenfalls. Sie haben gar nichts zu befehlen, ja, müssen sich freuen, unter dem Schutze des Detachements reisen zu dürfen. Da Ihr mit ihnen zusammentreffen werdet, so kann ich Euch sagen, daß Ihr sie als Gentlemen behandeln dürft. Der Eine, ein geborener Mexicaner Namens Gavilano, ist ein Bekannter von mir. Ich habe schöne Stunden in der Hauptstadt mit ihm verlebt. Er hatte eine jüngere Schwester, welche allen Sennores die Köpfe verdrehte.«
    »So ist wohl auch er ein

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