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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schöner Mann?«
    »Nein. Sie sehen einander nicht ähnlich, da sie Stiefgeschwister sind. Sie heißt Felisa Perillo und war als reizende Cantora 5 und entzückende Ballerina 6 in der guten Gesellschaft eingeführt. Später verschwand sie, und erst jetzt habe ich von ihrem Bruder gehört, daß sie noch in der Umgegend von Chihuahua lebt. Genaue Auskunft konnte er mir nicht geben, da auch er sich erst nach ihr erkundigen muß, wenn er dorthin kommt.«
    »Darf ich fragen, was dieser Sennor eigentlich war oder ist?«
    »Dichter.« Old Death machte ein sehr verblüfftes und geringschätziges Gesicht, so daß der brave Cortesio hinzusetzte:
    »Sennor Gavilano dichtete umsonst, denn er besitzt ein bedeutendes Vermögen und braucht sich seine Gedichte nicht bezahlen zu lassen.«
    »So ist er freilich zu beneiden!«
    »Ja, man beneidete ihn, und in Folge der Cabalen, welche man deßhalb gegen ihn schmiedete, hat er die Stadt und sogar das Land verlassen müssen. Jetzt kehrt er mit einem Yankee zurück, welcher Mexico kennen lernen will und ihn gebeten hat, ihn in das Reich der Dichtkunst einzuführen. Sie wollen in der Hauptstadt ein Theater bauen.«
    »Wünsche ihnen sehr viel Glück dazu! Also hat Gavilano gewußt, daß Ihr Euch jetzt in La Grange befindet?«
    »O nein. Ich befand mich zufällig am Flusse, als der Dampfer anlangte, damit die Passagiere hier die Nacht zubringen könnten. Ich erkannte den Sennor sofort und lud ihn natürlich ein, mit seinem Begleiter bei mir zu bleiben. Es stellte sich heraus, daß die beiden nach Austin wollten, um von da aus über die Grenze zu gehen, und ich bot ihnen die passende Gelegenheit an, schneller und sicherer hinüber zu kommen. Denn für einen Fremden, zumal wenn er nicht sezessionistisch gesinnt ist, ist es nicht gerathen, hier zu verweilen. In Texas treiben jetzt Leute ihr Wesen, welche gern im Trüben fischen, allerhand nutzloses oder gar gefährliches Gesindel, dessen Herkommen und Lebenszweck man nicht kennt. Man hört allerorts von Gewaltthaten, von Ueberfällen und Grausamkeiten, deren Veranlassung Niemand kennt. Die Thäter verschwinden spurlos, wie sie gekommen sind, und die Polizei steht dann den Thatsachen völlig rathlos gegenüber.«
    »Sollte es sich etwa um den Ku-Klux-Klan handeln?« fragte Old Death.
    »Das haben Viele gefragt, und in den letzten Tagen sind Entdeckungen gemacht worden, welche es wahrscheinlich machen, daß man es mit dieser Geheimbande zu thun habe. Vorgestern hob man unten in Halletsville zwei Leichen auf, denen Zettel mit der Inschrift ›Yankee-Hounds‹ angeheftet waren. Drüben in Shelby wurde eine Familie fast todt gepeitscht, weil der Vater derselben unter General Grant gedient hat. Und heute habe ich erfahren, daß drunten bei Lyons eine schwarze Kapuze gefunden worden ist, auf welche zwei weiße, eidechsenartig geschnittene Zeugstücke aufgenäht waren.«
    »Alle Wetter! Solche Masken tragen die Kukluxer!«
    »Ja, sie hängen sich schwarze, mit weißen Figuren versehene Kapuzen über das Gesicht. Jeder Einzelne soll sich einer besondern Figur bedienen, an welcher man ihn erkennt, denn ihre Namen sollen sie unter einander nicht einmal wissen.«
    »So steht allerdings zu vermuthen, daß der Geheimbund anfängt, sein Wesen auch hier zu treiben. Nehmt Euch in Acht, Don Cortesio. Sie kommen sicher hierher. Zuerst waren sie in Halletsville, und die Capuze hat man in Lyons gefunden. Der letztere Ort liegt doch wohl bedeutend näher nach hier als der erstere?«
    »Allerdings, Sennor, Ihr habt Recht. Ich werde von heute an Thüren und Fenster doppelt sorgfältig verschließen und meine geladenen Gewehre bereit halten.«
    »Daran thut Ihr sehr recht. Diese Kerle dürfen nicht geschont werden, denn sie schonen auch nicht. Wer sich ihnen ohne Gegenwehr ergibt, weil er auf ihre Milde rechnet, der hat sich getäuscht. Ich würde nur mit Pulver und Blei zu ihnen sprechen. Uebrigens scheint es drüben im Wirthshause nicht ganz geheuer zu sein, denn wir sahen da Gentlemen, denen nichts Gutes zuzutrauen ist. Ihr werdet klug thun, Alles sorgfältig zu verstecken, womit man Euch beweisen kann, daß Ihr zu Juarez haltet. Thut das heute schon! Es ist besser, einmal unnöthiger Weise vorsichtig zu sein, als sich wegen einer kleinen Unterlassung durchpeitschen oder gar erschießen zu lassen. Jetzt denke ich, daß wir fertig sind. Morgen Früh sehen wir uns wieder. Oder hättet Ihr uns heute noch Etwas zu bemerken?«
    »Nein, Sennores. Für heute sind wir

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