Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
alle mit den Flinten bewaffnet. Drei von der Zeltdecke hängende Lampen brannten. Ein junger Mann trat mir entgegen. Neben ihm stand ein ganz herabgekommen aussehender Mensch.
    »War der dabei, Harton?« fragte der erstere den zweiten.
    »Nein, Sennor!«
    »Unsinn!« rief ich. »Haltet kein Examen. Wir sind Freunde, aber die Feinde sind hinter uns. Sie können jeden Augenblick kommen. Ihr nennt diesen Mann Harton. Ist er derjenige, welchen die Tschimarra schon seit längerer Zeit mit sich schleppten?«
    »Ja. Er ist ihnen entkommen. Er trat vor kaum zwei Minuten hier bei uns ein.«
    »So seid Ihr an uns vorüber geschlichen, Master Harton. Ich sah Euch. Die Andern glaubten mir nicht. Wer hat geschossen?«
    »Ich,« antwortete einer der Männer.
    »Gott sei Dank!« athmete ich auf, denn ich hatte bereits gedacht, daß der eine Bruder den andern erschossen habe. »Ihr habt einen Unschuldigen getödtet, einen Mann, welchem Ihr Euere Rettung dankt!«
    Da traten die beiden Lange’s herein, mit ihnen der Gambusino, die sich draußen nicht halten ließen. Es gab eine wirre, überlaute Freudenscene. Aus den umliegenden Hütten kamen die übrigen Bewohner des Thales herbei. Ich mußte ein Machtwort sprechen, um Ruhe hervorzubringen. Old Death war todt, grad durch das Herz geschossen. Der Neger Sam brachte seine Leiche herein und legte sie unter lauten Klagen mitten unter uns nieder. Zwei Frauen waren aus einer Abtheilung des Zeltes gekommen. Die eine trug ein Knäbchen. Sie war die Wärterin. Die andere lag in den Armen ihres Vaters und Bruders.
    Unter diesen Umständen durfte ich mich nur auf mich selbst verlassen. Ich fragte Harton, wie es ihm gelungen sei, zu entkommen. Während die Andern unter sich herum fuhren und sprachen, erklärte er mir:
    »Ich führte sie irre und brachte sie hinauf in den Wald hinter dem Thale. Dort lagerten sie, während der Häuptling recognosciren ging, und als es dunkel geworden war, brachen sie auf. Sie ließen ihre Pferde mit einigen Wachen zurück. Bei den letzteren lag ich mit gebundenen Händen und Füßen. Es gelang mir, die Hände frei zu bekommen und dann die Füße auch. Dann huschte ich fort, schnell zur geheimen Treppe und in’s Thal hinab. Da kam ich an Euch vorüber und hielt Euch für die Feinde, eilte hierher, fand die meisten der Arbeiter hier versammelt und meldete ihnen den Ueberfall. Der erste, welcher eintreten wollte, wurde erschossen.«
    »Wäret Ihr geblieben, wo der Pfeffer wächst! Ihr habt großes Unheil angerichtet. Nach dem, was Ihr sagt, können die Kerle jeden Augenblick hier sein. Man muß Ordnung schaffen.«
    Ich wendete mich natürlich an Uhlmann selbst, den Mann, welcher bei meinem Eintritte neben Harton gestanden hatte. In fliegender Eile unterrichtete ich ihn über die Sachlage, und mit seiner Hilfe waren in weniger als zwei Minuten die Vorbereitungen getroffen. Unsere Pferde wurden weiter hinter in’s Thal geschafft. Die Apachen postirten sich hinter das Zelt, zu ihnen die Arbeiter Uhlmann’s. Old Death’s Leiche kam wieder hinaus. Ein Fäßchen Petroleum und eine Flasche Benzin wurden hinaus an den Bach geschafft. Den Deckel des Fasses entfernte man, und ein Mann stand dabei, welcher den Befehl erhielt, auf einen bestimmten Zuruf das Benzin in das Petroleum zu gießen und anzubrennen. Sobald die Masse brenne, sollte er das Faß in den Bach stoßen. Das brennende Oel mußte mit dem Wasser fortgeführt werden und ganze Thal erleuchten.
    So standen jetzt mehr als fünfzig Mann bereit, die Feinde zu erwarten, denen wir an Zahl gleich, an Waffen aber weit überlegen waren. Einige schlaue und erfahrene Arbeiter waren gegen den Eingang beordert worden, um die Ankunft der Feinde zu melden.
    An der Hinterwand des Zeltes wurden die untern Ringe gelockert, um dort aus-und eingehen zu können.
    Die Frauen waren mit dem Kinde natürlich nach dem Hintergrunde des Thales in Sicherheit gebracht worden. Ich saß mit Uhlmann und den beiden Lange’s allein im Zelte. Sam war bei den Apachen geblieben. Seit wir warteten, mochten wohl zehn Minuten vergangen sein. Da kam einer der Leute, welche wir nach vorn gesandt hatten. Er meldete uns, daß er zwei Weiße bringe, welche Sennor Uhlmann ihre Aufwartung machen wollten. Hinter diesen Weißen aber habe sich eine Bewegung bemerkbar gemacht, aus welcher zu schließen sei, daß auch die Andern im Anzuge sich befänden. Sie erhielten den Bescheid, einzutreten. Ich aber versteckte mich mit den beiden Lange’s in der

Weitere Kostenlose Bücher