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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Eurem Tagesgrauen vom Leibe! Ich sagte Euch ja, daß Weiße bei ihnen sind! Die werden sich den Teufel um die Angewohnheiten der Rothen kümmern. Ich möchte wetten, daß sie sogar am hellem Tage in die Bonanza gehen. Macht also, daß wir vorwärts kommen!«
    Jetzt wurden die Sporen eingesetzt, und wir flogen über die Ebene dahin, in ganz anderer Richtung, als die Tschimarra geritten waren. Harton hatte sie nicht nach dem Eingange der Bonanza geführt, sondern war beflissen gewesen, sie nach der hintersten Kante des Thales zu bringen. Den Eingang suchten nun hingegen wir so schnell wie möglich zu erreichen. Leider aber stellte sich jetzt die Dunkelheit mit großer Schnelligkeit ein. Auf der Ebene ging es noch. Aber wir kamen wieder in Wald, ritten unter den Bäumen auf, wie sich ganz von selbst versteht, völlig ungebahntem Boden, bald aufwärts, bald wieder niederwärts und mußten uns endlich ganz und gar auf den jetzt voranschreitenden Gambusino und die Augen unserer Pferde verlassen. Aber die Aeste und Zweige waren uns im Wege. Sie schlugen uns in die Gesichter und konnten uns leicht von den Pferden schnellen. Darum stiegen auch wir ab und gingen zu Fuße, die Pferde hinter uns her führend, den gespannten Revolver in der freien Hand, da wir gewärtig sein mußten, jeden Augenblick auf die Feinde zu stoßen. Endlich hörten wir Wasser rauschen.
    »Wir sind am Eingange,« flüsterte der Gambusino. »Nehmt Euch in Acht! Rechts ist das Wasser. Geht einzeln und haltet Euch links an den Felsen!«
    »Schön!« antwortete Old Death. »Steht denn kein Nachtposten hier?«
    »Jetzt noch nicht. Es ist nicht Schlafenszeit.«
    »Schöne Wirthschaft das! Und noch dazu in einer Bonanza! Wie ist nun der Weg? Es ist stockfinster.«
    »Immer grad aus. Der Boden ist eben. Es gibt kein Hinderniß mehr, bis wir an das Zelt gelangen.«
    Wir sahen in der Dunkelheit nur so viel, daß wir einen freien Thalboden vor uns hatten. Links stiegen finstere Massen hoch empor. Das war die Bergeswand. Rechts rauschte das Wasser. Bis zu der dortigen Seite des Berges konnten wir nicht sehen. So schritten wir weiter, die Pferde noch immer an den Zügeln führend. Ich schritt mit Old Death und dem Gambusino voran. Da war es mir, als ob ich eine Gestalt wie einen Hund zwischen uns und dem Felsen dahinhuschen sähe, nur für einen halben Augenblick. Ich machte die Anderen darauf aufmerksam. Sie blieben stehen und lauschten. Nichts war zu hören.
    »Die Finsterniß täuscht,« sagte der Gambusino. »Uebrigens ist hinter uns die Stelle, an welcher sich der verborgene Aufstieg befindet.«
    »So kann die Gestalt von dorther gekommen sein,« sagte ich.
    »Wenn das der Fall, so hätten wir nicht zu sorgen; es wäre ein Freund gewesen. Ein Bewohner des Thales hat aber jetzt hier nichts zu suchen. Ihr habt Euch geirrt, Sennor.«
    Damit war die Sache abgemacht, welche für uns so verhängnißvoll werden sollte, wenigstens für einen von uns. Nach kurzer Zeit sahen wir einen unbestimmten Lichtschimmer, den Schein der Lampen, welcher durch die Zeltdecke drang. Stimmen ertönten. Wir drei waren voran.
    »Erwartet die Andern,« sagte Old Death zu dem Gambusino. »Sie mögen vor dem Zelte halten bleiben, bis wir Sennor Uhlmann benachrichtigt haben.«
    Der Hufschlag unserer Pferde mußte im Innern des Zeltes gehört werden, dennoch wurde die Thüre nicht zurückgeschlagen.
    »Kommt mit herein, Sir!« meinte der Alte zu mir. »Wollen sehen, welche Freude und Ueberraschung wir anrichten.«
    Man sah auch von außen, an welcher Stelle sich die Thüre, der Vorhang befand. Old Death trat ein, mir voran.
    »Da sind sie schon!« rief eine Stimme. »Laßt ihn nicht herein!«
    Noch während dieser Worte fiel ein Schuß. Ich sah, wie der Scout sich mit beiden Händen an den Guami des Vorhanges krampfte, ich sah zugleich mehrere Gewehre nach der Thüre gerichtet. Der Alte konnte sich nicht aufrecht erhalten; er glitt zu Boden.
    »Meine Ahnung – – – mein Bruder – – – Vergebung – – – – – – im Sattel – – –!« stöhnte er.
    »Sennor Uhlmann, um Gotteswillen schießt nicht!« schrie ich auf. »Wir sind Freunde, Deutsche! Eurer Schwiegervater und Schwager sind mit uns. Wir kommen, Euch vor dem beabsichtigten Ueberfalle zu schützen.«
    »Herrgott! Deutsche!« antwortete es innen. »Ist es wahr?«
    »Ja, schießt nicht. Laßt mich ein, nur mich ganz allein!«
    »So kommt! Aber kein Anderer mit.«
    Ich trat hinein. Da standen wohl an die zwanzig Männer,

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