Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen
unter die ausschließliche Controle des Sekretairs des Innern gestellt werden, dessen Aufgabe es sein wird, so bald als thunlich solche Vorschriften und Anordnungen zu erlassen, als er zur Pflege und Erhaltung desselben für nothwendig erachtet.
Als mir die Bekanntmachung dieses Gesetzes in die Hände kam, freute ich mich herzlich über die Hochherzigkeit, mit welcher der Vereinigten-Staaten-Congreß durch diese Beschlußfassung dem Volke ein Geschenk erhielt, welches zu kostbar war, als daß man es hätte gestatten mögen, daß die Speculation und Gewinnsucht sich seiner bemächtige.
Tausende werden diese Bekanntmachung gelesen haben, ohne zu ahnen, was ihnen damit geboten wurde. Viele, sehr Viele werden vielleicht gelächelt haben, daß die Regierung der Vereinigten Staaten einen 9500 Quadratkilometer großen Park, eine im wilden, unzugänglichen Felsengebirge liegende Landesfläche als Lust-und Erholungsplatz der Unterthanen reservirt. Die Zukunft aber wird beweisen, daß diese ganz ohne Beispiel dastehende Handlung einer der dankenswerthesten Vorgänge ist, den Millionen seiner Zeit noch segnen werden.
Dieser Park ist nämlich ein Stück Wunderland, wie es auf Erden wohl kaum zum zweiten Male gefunden werden dürfte. Die ersten märchenhaften Nachrichten von demselben erhielt General Warren im Jahre 1856. Er fühlte sich durch dieselben veranlaßt, eine Expedition dahin auszurüsten, welche aber nicht so glücklich war, ihr Ziel zu erreichen. Erst zehn Jahre später gelang es Anderen, den Schleier theilweise zu lüften und der Welt eine reiche, nie geahnte Fülle der großartigsten Naturwunder ahnen zu lassen. Im Sommer des Jahres 1871 drang Professor Hayden erfolgreich vor, und seine Berichte, so sachlich und nüchtern sie auch gehalten waren, begeisterten den Congreß zu dem Entschlusse, jenes außerordentliche Land nicht dem gemeinen Schacher in die Hände zu liefern.
Jenseits der weiten westlichen Prairien, fern noch hinter dem Höhenzuge der Blackhills, ragen die gigantischen Mauern des Felsengebirges zum Himmel empor. Man möchte sagen, hier habe nicht die Hand, sondern die Faust des Schöpfers gewaltet. Wo sind die Cyclopen, die solche Basteien zu thürmen vermögen? Wo sind die Titanen, die solche Lasten bis über die Wolken treiben könnten? Wo ist der Meister, der jene Firnen mit ewigem Schnee und Eise krönte? Hier hat der Schöpfer ein »Gedächtniß seiner Wunder« errichtet, welches nicht imposanter und ergreifender sein könnte.
Und hinter jenen gigantischen Mauern, da wallet und siedet, da dampft und brodelt es noch heut aus den kochenden Tiefen des Erdinnern hervor; da treibt die dünne Erdenkruste Blasen, da zischen glühende Schwefeldämpfe empor, und mit einem Getöse, welches dem Kanonendonner gleicht, sprühen riesige Geyser ihre siedenden Wassermassen in die zitternden Lüfte. Plutonische und vulkanische Gewalten kämpfen gegen die Gestaltungen des Lichtes. Die Unterwelt öffnet von Minute zu Minute den Rachen, um die Feuer der Tiefe emporzuspeien und die Gebilde des Tages in den tosenden Schlund hinabzusaugen.
Hier ist oft jeder einzelne Schritt mit Todesgefahren verbunden. Der Fuß kann durch die trügerische Kruste brechen; der dampfende Katarakt kann den müden Wanderer erfassen; der unterhöhlte Felsen kann mit dem Ruhenden in den gähnenden Abgrund stürzen. Aber diese Todesfelder werden einst Tausende von Wallfahrern sehen, welche in den heißen Quellen und ozonreichen Lüften Heilung ihrer Leiden suchen, und dann wird man auch jene wunderbaren Schlüfte und Klüfte entdecken, in denen die geizige Einsamkeit Schätze an Steinen und andern Werthen aufgespeichert hat, welche man an anderen Orten mit Gold aufwiegen würde. – – –
Zweimal bereits hatte ich die Prairie nach allen Richtungen durchstreift. Ich war von den Seen bis nach Texas und von Florida bis hinauf zu den Schlangenindianern gekommen. Ich hatte manchen wackern Westmann kennen gelernt und manches Abenteuer erlebt und war dann zum zweiten Male nach der Heimath in der Ueberzeugung zurückgekehrt, daß ich die Jagdgründe und Felsenmauren des Westens niemals wiedersehen werde. Wer aber einmal den Thau der Savanne getrunken und den Duft des Büffelgrases geathmet hat, dem geht es wie dem Seemanne mit dem Meere: er kann nimmer von ihm lassen; es zieht ihn zurück, und die geringste Veranlassung wird ihm zur eisernen Nothwendigkeit, den Wanderstab und die Trapperbüchse von Neuem zu ergreifen.
So erging es auch mir.
Weitere Kostenlose Bücher