Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Dios, el Rastreador
– Gott stehe uns bei, der Rastreador!« rief der eine von ihnen.
    »Ja, ich bin es,« antwortete ich. »Die Hände in die Höhe, sonst schieße ich!«
    Mein Kriegsname hatte ihnen Respekt eingeflößt; sie zögerten nicht, zu gehorchen, und hielten ihre Hände hoch über ihre Köpfe empor. Die Tobas mußten ihnen nun die Waffen abnehmen und alle Taschen leeren. Sie wollten sich über dieses Verhalten beschweren; aber ich fuhr sie an:
    »Ruhig! Ich habe Euch belauscht, als Ihr am Sonntag Abend im Corral über Eure Pläne spracht. Ich weiß alles, auch was Ihr hier wollt. Wo ist Sennor Perdido?«
    »Wir wissen es nicht.«
    »Ihr habt doch sein Pferd.«
    »Ja; er ist mit uns geritten, stieg aber ab und bat uns, sein Pferd mitzunehmen, er werde nachkommen.«
    »Sinnt Euch doch bessere Lügen aus als diese!«
    »Es ist so wahr.«
    »Meinetwegen! Ich habe keine Lust, meine kostbare Zeit mit Euch zu verlieren. Ein offenes Geständnis könnte mich mild gegen Euch stimmen; nun habt Ihr auf keine Nachsicht zu rechnen. Machen Sie sich zu einem Ritte fertig, Sennor Gambusino. Sie sollen mich begleiten.«
    Ich nahm ihn mit, weil er erfahrener als meine Tobas war. Die Comerciantes wurden gefesselt und auf die Erde geworfen; ihre Pferde sollten von den Tobas hereingeschafft werden. Als der Vater hörte, daß wir beide fort wollten, sollte ich ihm ausführlich sagen warum. Ich sagte ihm aber nur kurz, daß es sich um die Rettung eines Beraubten handle.
    »So beeilen Sie sich,« drängte er nun. »Vielleicht finden Sie ihn noch am Leben. Leider wurden wir grad gestört, als wir von meinem Sohne sprachen. Ihre Nachricht ist mir auf den gestrigen Trauertag eine wahre Jubelbotschaft gewesen.«
    »Wills Gott, wird es auch hierin Ostern werden.«
    Wir schafften unsere Pferde hinaus und ritten auf der Spur der Comerciantes zurück. Jetzt war es nicht zu umgehen: ich mußte dem Gambusino sagen, um wen es sich handelte. Sein Erstaunen war groß. Auf dem felsigen Terrain war die Spur leicht zu verlieren; ich hielt sie aber fest, ohne daß der Gambusino mir dabei von Nutzen war. Diese Leute sind zwar für ihre specielle Thätigkeit förmlich abgerichtet, aber mit den echten nordamerikanischen Westmännern lange nicht zu vergleichen.
    Es würde zu weit führen, die Einzelheiten unserer Suche zu beschreiben. Perdido war mir und die Comerciantes waren ihm gefolgt. Ich sah an den Spuren, wo sie ihn eingeholt hatten; dann ging eine Fährte nach einer Felsenwand, von welcher früher ein kleiner Wasserfall, den der Zufall abgeleitet hatte, herabgestürzt war. Dieser Wasserfall hatte ein brunnenähnliches, tiefes Loch ausgewirbelt, und in diesem Loche steckte Perdido, im eiskalten Wasser stehend und an Händen und Füßen gebunden. Er war mit Hilfe eines Lasso hinabgelassen worden, und es machte uns nicht wenig Mühe, ihn wieder herauszubringen. Ich erschrak, als er dann vor uns lag. Er war unbeschädigt; aber die Todesangst und der viele Stunden lange Aufenthalt im eiskalten Felsenwasser waren nicht ohne Wirkung geblieben. Er phantasierte, und jedes dritte Wort dabei war
Viérnes santo,
der Karfreitag. Der Ueberfall war gestern abend geschehen; seitdem hatte er in dem Wasserloche gesteckt, ohne zu erstarren! Aber diese Karfreitagnacht in immerwährender Todesangst hatte ihn innerlich mürbe gemacht und klein gemahlen, wie wir später bemerkten.
    Nun war es freilich schwer, ihn zu transportieren. Ich nahm ihn vor mir auf das Pferd, mußte aber alle Kraft aufwenden, um ihn festzuhalten. Er glaubte noch immer im Wasser zu stecken und schrie und jammerte, daß es zum Erbarmen war. Er wollte fort, und oft mußte mir der Gambusino zu Hilfe kommen, sonst hätte er sich meinen Armen entwunden.
    Endlich, endlich kamen wir an. Der Gambusino mußte hinauf zum Vater, um diesen vorzubereiten; die Tobas waren mir behilflich, den Geretteten in den Felsenhof zu bringen, wo wir ihn niederlegten. Die Gefühle der drei Comerciantes, als sie uns mit ihm kommen sahen, hätte ich nicht haben mögen. Ich hätte sie freilich am liebsten tüchtig durchpeitschen mögen, und sie hatten jedenfalls eine noch ganz andere Strafe verdient, doch hielt ich das für unter meiner Würde und warf keinen einzigen Blick auf sie. Ich war im stillen dafür, sie laufen zu lassen, natürlich nur dann, wenn Perdido mit dem Leben davonkam. Sollte er aber an der fürchterlichen Erkältung und Todesangst zu Grunde gehen, dann war eine scharfe Strafe ganz am Platze.
    Da

Weitere Kostenlose Bücher