Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ihrer Acht. Sie liegen draußen und sind gefangen, denn sie konnten nicht entkommen.«
    Diese Zahl stimmte; ich hatte also gut getroffen und meinen Zweck erreicht, einige der Railtroublers in unsere Hand zu bekommen. Vielleicht war Williams dabei. Vom Uebrigen mochte ich nichts sehen, denn ich war ja ein Mensch und ein – – Christ.
    Es dauerte nicht lange, so trat Walker herein.
    »Charles, Winnetou, kommt heraus! Wir haben ihn!« rief er.
    »Wen?« fragte ich.
    »Williams.«
    »Ah! Wer hat ihn gefangen?«
    »Niemand. Er war verwundet und konnte nicht weiter. Es ist wunderbar! Es sind acht Railtroublers verwundet worden, und alle acht an derselben Stelle, nämlich am Beckenknochen, so daß sie sofort stürzten und liegen blieben.«
    »Das ist allerdings eigenthümlich, Fred!«
    »Es hat sich nicht ein einziger verwundeter Ogellallah ergeben, aber diese acht Weiße haben um Pardon gebeten.«
    »Sind ihre Wunden lebensgefährlich?«
    »Man weiß es nicht; man hat noch keine Zeit zur Untersuchung gehabt. Warum sitzt Ihr hier? Kommt heraus! Es sind im allerhöchsten Falle nur achtzig Feinde entkommen!«
    Das war fürchterlich! Aber hatten sie es besser verdient. Diese Menschen hatten heut eine Lehre erhalten, von welcher sicherlich noch in später Zeit erzählt wurde. Es gab Scenen, welche jeder Feder spotten, und als ich am frühen Morgen die Leichen hoch gethürmt über einander geschichtet sah, da mußte ich mich fröstelnd abwenden. Ich mußte unwillkürlich an das Wort eines neueren Gelehrten denken, daß der Mensch das größte Raubthier sei.
    Erst am Nachmittage kam per Bahn ein Arzt, welcher die Verwundeten untersuchte. Ich hörte, daß Williams nicht zu retten sei. Er selbst hatte bei der Erklärung, daß seine Wunde tödtlich sei, nicht die mindeste Reue gezeigt. Walker war zugegen gewesen. Er kam zu mir hereingestürzt und rief mir mit erschrockenem Gesichte zu:
    »Charles, auf! Wir müssen fort!«
    »Wohin?«
    »Nach Helldorf-Settlement.«
    Dieses Wort erschreckte mich.
    »Warum?« fragte ich.
    »Weil es von den Ogellallah überfallen wird.«
    »Mein Gott! Ist’s möglich! Woher wißt Ihr das, Fred?«
    »Dieser Williams hat es gesagt. Ich saß bei ihm und sprach mit dem Colonel. Dabei erwähnte ich den Abend, welchen wir auf Helldorf-Settlement verlebten. Williams lachte höhnisch auf und meinte, daß wir einen solchen Abend dort wohl nicht wieder erleben würden. Und als ich in ihn drang, erfuhr ich, daß die Niederlassung überfallen werden soll.«
    »Herr des Himmels, wenn dies wahr wäre! Fred, holt rasch Winnetou und laßt unsere Pferde kommen. Ich will selbst zu Williams.«
    Ich hatte diesen Menschen noch nicht wiedergesehen. Als ich in das Blockhaus trat, in welchem die verwundeten Gefangenen lagen, stand gerade der Colonel bei ihm. Er lag todesbleich auf einer blutigen Decke und stierte mich mit trotzigen Augen an.
    »Ihr seid Rollins oder Williams?« frug ich ihn.
    »Was geht Euch das an!« antwortete er.
    »Mehr als Ihr denkt!« meinte ich.
    Ich konnte mir denken, daß ich auf eine directe Erkundigung keine Auskunft erhalten werde; ich mußte es anders anfangen.
    »Ich wüßte nicht! Packt Euch fort!« rief er.
    »Es hat Keiner ein so großes Recht, Euch zu besuchen,« sagte ich. »Die Kugel, die Euch im Leben sitzt, ist von mir.«
    Da wurden seine Augen größer; das Blut schoß ihm in das Gesicht, so daß die Narbe anschwoll, und er schrie:
    »Hund, sagst Du die Wahrheit?«
    »Ja.«
    Das was er jetzt förmlich brüllte, ist nicht wiederzugeben, ich aber blieb scheinbar ruhig und meinte:
    »Ich wollte Euch nur verwunden, und als ich hörte, daß Ihr sterben müßt, bedauerte ich Euch und machte mir Vorwürfe. Nun ich aber sehe, welch ein Bösewicht Ihr seid, kann ich ruhig sein. Ich habe der Welt einen Segen erwiesen, indem ich Euch verwundete. Ihr und Eure Ogellallah werden keinen Schaden mehr anrichten!«
    »Meinst Du?« frug er, indem er mir seine langen Zähne wie ein gefangenes Raubthier entgegensletschte. »Gehe doch einmal nach Helldorf-Settlement, he!«
    »
Pshaw!
Das liegt sicher!«
    »Sicher? Da gibt es keinen Stein mehr auf dem andern. Ich selbst habe diesen guten Ort ausgekundschaftet, und es war ausgemacht, daß erst Echo-Cannon und dann Helldorf-Settlement genommen werden soll. Hier ist es uns nicht gelungen, dort aber wird es desto besser gelingen, und die Settler werden mit tausend Martern büßen müssen, was Ihr hier an den Meinen und den Ogellallah verschuldet habt!«
    »Gut,

Weitere Kostenlose Bücher