Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
Vom Netzwerk:
Leben auffrisst, so viel ist sicher. Ich habe ein kleines Haus in Chelsea gekauft und den Rest des Geldes aufs Sparbuch gelegt.«
    »Aber du brauchst die Herausforderung. Dabei blühst du auf.«
    »Nein.« Sie sah ihm direkt ins Gesicht. Sie hatte winzige Falten an den Augenwinkeln, sichtbarere am Hals. Sie war zehn Jahre älter als er, und manchmal sah man ihr diese Jahre an. Es hatte ihn nie im Geringsten gestört. »Ich möchte etwas Ausfüllendes und ganz und gar Friedvolles. Ich hatte fünfzehn Jahre lang ein Leben auf der Überholspur. Das reicht. Vielleicht eröffne ich eine Galerie?«
    Er lachte und begann, über die Ausstellung zu reden. Wie immer fand er es unmöglich, etwas über seine Zeichnungen zu sagen; es fiel ihm leichter, von dem Raum zu erzählen, dem Hängen, den Käufern, der Vernissage, den Rahmen, den Preisen, anderen Ausstellungen in London. Klatsch. Unbedrohlich.
    »Und Lafferton?«
    Er schüttelte den Kopf. Auch darüber mochte er nicht reden, und seine Polizeiarbeit erwähnte er nie.
    Sie tranken noch einen Cocktail, verließen dann die Bar und spazierten durch die Londoner Abenddämmerung in Richtung Piccadilly.
    »In wenigen Tagen wird die Vernissage sein, und du wirst alle Zeichnungen verkaufen«, sagte Diana. »Ich hoffe, ich bekomme eine Einladung.«
    »Natürlich.«
    Bei Fortnum’s blieben sie stehen. »Du hast die Wahl«, sagte Simon. »Restaurant? Mein Hotel?«
    »Oder zu mir nach Hause.«
    Doch sie spürte sein Zögern.
    »Na gut«, sagte Diana leichthin, »ich bin hungrig. Ich habe heute Mittag nur ein Tomatensandwich gegessen und gerade zwei Champagnercocktails getrunken. Gut möglich, das ich ohnmächtig werde.«
    Simon griff nach ihrem Arm, lachte und führte sie die Duke Street entlang zu Green’s.

Siebenundzwanzig
    N atalie erwachte, hörte ein Geräusch und zog sich das Kissen über den Kopf. Aber das Geräusch war immer noch zu hören, also stand sie schließlich auf.
    »Was soll denn das? Zum Kuckuck, Kyra, es ist zwei Uhr nachts, was ist los mit dir?«
    Kyra stand am Fenster. Der Vorhang war zurückgezogen, und sie sah hinüber zum Nachbarhaus.
    »Ich hab dir doch gesagt, du sollst das lassen. Komm jetzt, ab ins Bett. Mit wem hast du geredet?«
    Kyra presste die Lippen zusammen, ließ sich aber zum Bett führen und schlüpfte unter die Decke.
    »Du machst mir Sorgen, Kyra. Redest mit dir selbst und machst diese Geräusche.«
    Natalie setzte sich auf den Bettrand ihrer Tochter. Das blonde Haar war zerzaust, und sie glättete es mit den Fingerspitzen. Komisch, wie anders Kinder bei Nacht waren, wie viel stärker man sie lieben konnte, weil sie kleiner zu sein schienen. Komisch.
    »Willst du mir jetzt was erzählen?«
    Sie hatten Natalie nicht mit hineinkommen lassen, als sie mit Kyra sprachen. Sie waren zu zweit gewesen, beides Frauen, eine junge Ärztin, die angeblich Psychologin war, nur sah sie dazu nicht alt genug aus, und eine Beamtin vom Kinder- und Jugendschutz.
    Es hatte über eine Stunde gedauert. Am Ende war Natalie unruhig geworden. Sie war wütend, und ihr war schlecht. In den Zeitungen und in der Glotze hatte es alle möglichen Berichte gegeben. Überall hatten Plakate gehangen, als der kleine Junge vermisst worden war, und die Leute hatten darüber geredet, alle hatten das getan, und sie hatte dazugehört, wie alle anderen aus der Brimpton Lane. Natalie hatte letzte Woche mit ein paar Nachbarn gesprochen, und sie hatten alle dasselbe gesagt, wie anders sie sich jetzt fühlten. Ihre Häuser, ihre Straße, ihre Nachbarschaft, alles … ihr tägliches Leben. Sie fühlten sich anders, und das würde nie wieder aufhören. Sie fühlten sich beschmutzt und gezeichnet, als müssten sie sich waschen. Einige meinten, sie würden am liebsten wegziehen. Jemand hatte gesagt, sie sollten einen Antrag beim Stadtrat stellen, die Brimpton Lane umzubenennen, wenn alles vorbei war, doch was würde es nützen, den Namen zu ändern, welchen Unterschied würde das machen? Die anderen lebten hier, Ed hatte hier gelebt, das Haus war da. Nur, wer würde es jetzt noch haben wollen? Wer würde es jemals kaufen und durch ihre Zimmer gehen und dort schlafen und essen und den Rasen mähen und die Fenster putzen? Und zu wissen …
    Es war schlimm genug, nebenan zu sein. Schlimm genug, immer wieder darüber nachzudenken, sich zu erinnern. Schlimm genug, von Ärzten und der Polizei das eigene Kind über eine Stunde lang befragen zu lassen.
    »Was hast du ihnen erzählt?«, hatte sie Kyra

Weitere Kostenlose Bücher