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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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des Erdgeschosses zerstört.
»Links halten«, flüsterte Schadeck dicht hinter ihm, als das verzerrte Jaulen über ihren Köpfen kurz aussetzte. Der Sanitäter hatte darauf bestanden, ihn auf seinem Weg zur Klinikapotheke zu begleiten.
»Stimmt das, was Yazzie sagt? Du bist ein Blackout?« Sie tasteten sich vorsichtig voran, eine Hand immer an der lackierten Wand abgestützt, um in der Finsternis nicht die Orientierung zu verlieren, und Caspar wusste nicht, worüber er sich mehr wundern sollte. Dass Tom ihren unheimlichen Ausflug aus der Bibliothek offenbar für einen Smalltalk nutzen wollte oder dass er die indiskrete Schwester schon mit Kosenamen anredete.
»Filmriss, Amnesie, Blackout. Passt doch irgendwie zu der ganzen Situation hier, findest du nicht?« Schadeck lachte kurz auf. »Egal, ich hoffe nur, der Psycho hat kein Nachtsichtgerät, sonst können wir unseren genialen Plan gleich vergessen.«
»Wir holen nur schnell das Notwendigste für die Ärztin, suchen nach Mr. Ed und schalten die verdammte Lautsprecheranlage ab«, hatte Caspar dem Hausmeister erklärt. Bachmann hatte nur grimmig genickt, als sie aufbrachen, allerdings nicht ohne sie zu warnen. »Raßfelds Büro hat einen direkten Zugang zur Klinikapotheke. Und eines von insgesamt zwei Mikrophonen der Haussprechanlage steht auf seinem Schreibtisch. Ihr habt also eine Fifty-fifty-Chance, dass Bruck euch nebenan erwartet.«
Caspar schlich langsam weiter und wäre beinahe gegen einen Wasserspender gelaufen. Wenn ihn seine Erinnerung nicht trog, stand der Plastikkasten in unmittelbarer Nähe ihres Ziels. Nur zwei Türen weiter.
Das Gewinsel über ihren Köpfen war hier etwas leiser, da sie sich von dem Lautsprecher in der Eingangshalle entfernten.
Trotzdem sah Caspar vor seinem inneren Auge immer deutlicher das Bild eines erstickenden Tieres in einem überhitzten Kofferraum.
»Sieh mal.« Toms Arm lastete plötzlich schwer auf seiner Schulter.
»Was?«
»Na das da.«
Okay. Dann sieht er es also auch.
Beim ersten Mal hatte Caspar das rote Blinklicht für eine Sinnestäuschung gehalten. Eine Reflexion, die entsteht, wenn man die Augenlider in der Dunkelheit zu fest zusammenpresst. Doch offenbar war es real. Unter dem Türschlitz zu Raßfelds Büro flimmerte in regelmäßigen Abständen ein winziger roter Punkt auf. So als würde jemand auf dem Boden liegen und mit der LED-Anzeige einer Fernbedienung unter der Tür hindurch nach draußen morsen.
»Das ist doch eben noch nicht da gewesen, oder?«, fragte Tom. Caspar nickte und vergaß vor Aufregung, dass Schadeck seine Reaktion ja gar nicht sehen konnte. »Und jetzt?«, wollte er wissen und ahnte schon die Antwort des Sanitäters.
»Na was wohl? Wir gehen da rein.«
     

01.33 Uhr
    Keine Fernbedienung. Keine Taschenlampe. Keine Morsezeichen. In der ersten Schrecksekunde hatte Caspar es für eine Bombe gehalten, die mit blinkendem Zünder mitten auf Raßfelds Schreibtisch auf ihre Detonation wartete. Dann konnte er den harmlosen Gegenstand identifizieren.
»Dieser verdammte Scheißkerl«, rief Schadeck aus und ließ alle Vorsichtsmaßnahmen fahren, indem er auf den Lichtschalter neben der Tür drückte. Caspars Augen gewöhnten sich schnell an das gleißende Licht der Deckenstrahler, die das ebenso geräumige wie unaufgeräumte Büro des Klinikchefs erhellten. Doch außer Bergen von Patientenakten, wackligen Büchertürmen, einem leeren Pizzakarton und zwei hoffnungslos überfüllten Regalen gab es nichts Außergewöhnliches zu sehen. Auf jeden Fall nichts Lebendiges. Außer ihnen war niemand da. Weder Raßfeld noch der Seelenbrecher.
»Er spielt mit uns.« Schadeck hatte sich das Diktiergerät neben dem Hausmikrophon gegriffen, dessen LED-Anzeige jedes Mal aufblinkte, wenn der Zufallsgenerator eine von mehreren Aufnahmen auswählte und abspielte. »Hier …«, er warf Caspar das Gerät zu. »Er muss den Hund gequält und die Schweinerei auf Band aufgezeichnet haben.«
Caspar begutachtete das handygroße Diktaphon. Ohne nachzudenken, drückte er auf einen abgegriffenen Knopf an der Seite, und der leidende Mr. Ed verstummte. Ihm wurde schwindelig, und er musste sich mit beiden Händen am Schreibtisch abstützen. Dabei fiel das Diktiergerät zu Boden.
»Was hast du?«, fragte Schadeck.
»Ich …« Caspar zögerte, wusste nicht, was er darauf antworten sollte, und entschied sich dann für die Wahrheit: »Ich weiß es nicht.«
Er kannte diesen Raum nicht, war hier nie zuvor gewesen. Und dennoch kam ihm alles so

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