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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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geht so:
    Ja?
Nein?
Ja?
Nein?
Ja?
Nein?
Ja?«
    Er machte eine winzige Pause und schloss dann:
»Zu spät.«
    Yasmin sah ihn an, als hätte er sie gerade angespuckt. »Was ich damit sagen will, ist Folgendes: Während wir tatenlos in der Bibliothek abwarten und nur dabei zusehen, wie Sophia sich immer tiefer in sich selbst verliert, schleicht der Seelenbrecher ungehindert durchs Krankenhaus und kann sich bewaffnen. Ich rede nicht nur von Messern, Betäubungsmitteln und Skalpellen. Ich rede von brennbaren Chlorreinigern, Fässern von Formaldehyd und anderem medizinischem Alkohol, aus dem er Molotowcocktails basteln kann, um uns auszuräuchern. Und was machen wir dann? Da helfen auch keine zwanzig Millimeter Holztür zwischen uns und dem Seelenbrecher. Dann irren wir ziellos in dieser abgeschotteten Klinik durch den Rauch.«
Sie passierten die dritte Etage.
»Es kann sein, dass Bruck ganz andere Ziele hat. Aber ich fürchte, im Gegensatz zu uns hat der Seelenbrecher einen Plan. Uns bleiben daher nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir kommen dahinter, oder wir suchen uns schnellstens ein noch sichereres Plätzchen als die Bibliothek.«
Zum Beispiel die Neuroradiologie , hatte Bachmann vorgeschlagen, kurz bevor sie aufbrachen. Der Kernspinraum war mit feuerfesten Türen und einem eigenen Lüftungssystem ausgestattet.
»Ja, ja, ist ja gut«, stöhnte Yasmin entnervt. »Ich hab schon verstanden. Aber trotzdem …«
Der Fahrstuhl kam ruckelnd zum Stehen, und die Krankenschwester unterbrach ihre Einwände, als die Türen sich öffneten.
Vierte Etage.
Im Gegensatz zum Erdgeschoss funktionierten hier oben die Bewegungsmelder einwandfrei. Das Flurlicht sprang an, als der Erste der Gruppe den Aufzug verließ. »Also gut, wie besprochen«, sagte Caspar. »Wir holen sie nur kurz ab und fahren danach sofort nach unten.« »Scheiße«, fluchte Schadeck, der bereits zwei Schritte vorangegangen war.
»Was ist?«, wollte Bachmann wissen, sah es dann aber in der gleichen Sekunde wie Caspar auch.
Die Tür.
»… O nein.«
Greta Kaminskys Zimmertür stand sperrangelweit offen.
     

02.10 Uhr
    »Ist sie tot?«
»Weiß nicht.«
Die weißlackierten Dachschrägen reflektierten das fahle Flurlicht und gaben der reglosen Gestalt eine wächserne Gesichtsfarbe. Die alte Dame ruhte wie ein aufgebahrter Heiliger in der Mitte ihres Bettes, und Caspar konnte aus seiner Perspektive nicht sagen, ob sich die Decke über ihrem Körper bewegte oder nicht.
Er stahl sich einen weiteren Schritt nach vorne in ihr Zimmer und fragte sich, weshalb sie eigentlich flüsterten. Wenn der Seelenbrecher ihr etwas angetan hatte, mussten sie sich um ihre Privatsphäre kaum noch Gedanken machen.
Da. War da was? Hatten ihre dünnen, fast durchsichtigen Nasenflügel gezittert?
»Ich glaube, Sie …« Yasmin sprach so leise, dass Caspar das letzte Wort nicht verstehen konnte. Aber das brauchte er auch nicht. Er hatte es selbst gesehen. Kein Zweifel. Greta Kaminsky hatte die Augen aufgeschlagen. »Was ist denn hier los?«, fragte sie, und ihre Nachttischlampe glomm auf. Ihre Stimme klang ruhig, ohne auch nur den winzigsten Hauch von Müdigkeit, und wenn sie darüber erstaunt war, mitten in der Nacht Teile der Belegschaft und dazu noch einen Mitpatienten an ihrem Bett stehen zu sehen, dann konnte sie das gut verbergen.
»Es ist etwas passiert«, antwortete Caspar und fragte sich, wie er den Wahnsinn eigentlich erklären sollte, den sie bislang offenbar verschlafen hatte. »Ziehen Sie sich etwas an, Sie müssen sofort mitkommen.«
»Wer sagt das?«
»Das erkläre ich Ihnen, wenn …«
»Papperlapapp, Jungchen«, unterbrach sie ihn. »Ich mag Sie, Caspar. Sie haben meinen Fernseher repariert, aber deshalb stiefele ich Ihnen nicht um zwei Uhr morgens durch die Klinik hinterher. Schon gar nicht mit einer Horde Fremder im Schlepptau.« Sie warf Tom einen unterkühlten Blick zu.
»Also, wer bitte sind Sie, mein Herr?«
»Tom Schadeck, ich bin Rettungssanitäter und habe gestern Abend ein Unfallopfer hier eingeliefert. Den Seelenbrecher.«
»Bitte wen?«
Schadeck trat einen Schritt zur Seite, und Yasmin schob den Rollstuhl vor Gretas Bett, damit sie einen Blick auf die in sich zusammengesunkene Gestalt darin werfen konnte.
»Großer Gott!« Greta presste beide Hände auf den Mund.
»Das ist kein Scherz? Das gehört jetzt nicht irgendwie zu meiner Angsttherapie, oder doch?«
»Leider nein.« Caspar erklärte ihr, wie er Jonathan Bruck aus seinem Zimmer hatte flüchten sehen und wie

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