Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
Vom Netzwerk:
seine tiefblauen Hände nach Haffner ausstreckte. Und es war nicht zu verstehen, was er brüllte.
»Sophil … Sophilpatiöten!«
Zumindest nicht für Haffner.
     

03.15 Uhr – Innerhalb der Klinik
    Caspar verstand immer noch nicht den Plan dahinter, doch er erkannte das grauenhafte Ziel.
Der Seelenbrecher hatte sie dazu gebracht, die Pathologie zu verlassen. Sie hatten ihm den Gefallen getan und sich voneinander getrennt. Und er war unbeobachtet in den Fahrstuhl gelangt, den er benötigte, um seine todgeweihte Fracht in seine Höhle zu transportieren. In das zweite Untergeschoss. Ins Labor. Dort, wohin man nur mit Raßfelds Spezialschlüssel kam, den Bruck vermutlich dem ermordeten Klinikleiter abgenommen hatte und der in diesem Augenblick ganz sicher in der Schaltleiste steckte. Neben dem Messingknopf mit der Aufschrift ›minus zwei‹.
Caspar näherte sich langsam dem Fahrstuhl, um seinen entsetzlichen Verdacht zu überprüfen. Dabei setzte er zaghaft einen Schritt vor den anderen, wie ein Kind, das nicht auf die Rillen im Gehweg treten will. Die Hosenbeine seines Pyjamas raschelten bei jeder Bewegung. Er hielt kurz inne, presste sich dicht an die Wand und konnte immer noch keinen Blick in den Aufzug werfen, dessen Tür schräg links vor ihm, etwa zwei Autolängen entfernt, alle fünf Sekunden gegen Sophias Unterschenkel schlug, um sofort wieder auf zufahren. Caspar hörte ein röchelndes Pfeifen, dann zuckten die Füße der Psychiaterin, ihre Zehen bogen sich nach oben, und ein weiterer Zentimeter ihres Körpers verschwand im Lift.
Caspar rannte los. Wenn er Sophia retten wollte, konnte er nicht länger warten. Er musste handeln.
Ohne darüber nachzudenken, was er tat, hechtete er vor den Aufzug, drückte auf den Rufknopf und unterdrückte seine Angst, indem er laut nach Tom schrie.
Er hörte auch dann nicht auf zu brüllen, als die Tür offenstand und sein Gehirn sich weigerte, die Szenerie zu akzeptieren, die seine Augen sahen.
Bruck kniete am Boden, beide Arme um Sophias Hals gelegt, als wolle er einen chiropraktischen Griff bei ihr anwenden.
Oder ihr das Genick brechen.
Die Taschenlampe, die sich der Seelenbrecher in seine linke Achselhöhle geklemmt hatte, war bei dem Versuch, Sophia zu entführen, verrutscht. Dadurch beleuchteten ihre Strahlen jetzt vor allem Brucks geschundenen Oberkörper, als wolle er diesen absichtlich in ein morbides Scheinwerferlicht rücken. Der Mann sah aus wie eine lebende Wunde. Sein zerrissener Verband warf einen verkrusteten Schal um seinen Hals und unterstrich damit auf makabre Weise die aufgeplatzte Operationsnarbe unterhalb des Kehlkopfs.
Er wirkt selbst gebrochen , war Caspars erster Gedanke, als er seinen nackten Fuß in die Schwelle stellte. Angeschlagen, kaum fähig, einen Menschen zu verschleppen. Geschweige denn, ihn zu töten. Das Lebendigste an Bruck waren seine Augen, die das Licht der Taschenlampe gespenstisch reflektierten.
Bevor Caspar die Chancen und Risiken abwägen konnte, folgte er einem inneren Impuls und warf sich blind in den Fahrstuhl. Die verspiegelte Innenkabine wankte unter seinen Füßen, als er sich mit dem gesamten Gewicht seines Körpers gegen Bruck warf. Dadurch erstickte er einen Kampfschrei, den der Seelenbrecher gerade ausstoßen wollte und der wie der Vorname seines vierten Opfers klang. Sophiiiiiiii…
Zuerst wunderte Caspar sich über die schwache Gegenwehr. In den ersten Sekunden fühlte es sich an, als wäre es ein Kampf unter Gleichen. Zwei Schwerverletzte schlugen unter Aufbietung ihrer letzten Reserven ziellos um sich, in der Hoffnung, den Angriff des Feindes abzuwehren. Doch dann schoss Caspar ein Strahl dünnes Blut aus der Nase; er hatte den Ellenbogen in der Finsternis nicht kommen sehen, die Taschenlampe war Bruck längst zu Boden gefallen und schlitterte zwischen ihren nackten Füßen umher.
Caspars Wut wuchs. Seine Hand fand das Gesicht des Psychopathen, und er drückte sie fest auf dessen Mund, obwohl Bruck ihm wieder und wieder sein Knie in den Magen rammte. Dann wanderte sein Daumen nach unten und schob sich in die zerrissene Wundfalte. Er drückte zu, und Brucks unverständliches Gejaule wurde zum Kreischen. Caspars Daumen steckte jetzt mit dem gesamten Fingernagel in der Operationsnarbe.
Brucks Widerstand nahm ab, doch dann spürte Caspar ein Ziehen in seinem Unterleib, das seinen Körper von innen heraus in Beschlag nahm und unerträglich wurde. Er wollte sich abwenden, bevor Bruck ihn nochmals zwischen die Beine treten

Weitere Kostenlose Bücher