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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Fußboden hindurch, der unter seinem Rücken auf einmal weich wurde. Der Beton hatte sich in Treibsand verwandelt, aus dem eine eisige Hand nach oben schnellte und ihn hinabzerren wollte. Und jetzt erst begriff er vollends seine Lage.
Jetzt kämpfte er dagegen an. Gegen den hypnotischen Blick. Gegen Sophias ruhige Stimme. Gegen das Gemisch aus Thiopental und Scopolamin, das seinen Willen zum Widerstand gebrochen hatte.
Hollywoodmärchen , brüllte Schadecks Stimme aus der Vergangenheit in seinem Kopf umher. Es ist nicht möglich, einen Menschen gewaltsam zu hypnotisieren. Es kommt nur auf die Umstände an, hatte er ihm in der Pathologie geantwortet Nach Zufügung stärkster physischer Schmerzen und psychischer Folter, insbesondere durch die Herbeiführung schwerster, traumatisierender Schockzustände, kann es mit Hilfe der Verabreichung bewusstseinsverändernder Drogen gelingen, beeinflussbare Menschen gegen ihren Willen in eine hypnotische Trance zu versetzen und ihr Bewusstsein zu dominieren.
Caspar dachte an seine Schnittwunden, die verletzte Schulter, die Folter durch Schadeck, seine verbrannten Handgelenke und die Angst, die er in den letzten Stunden durchlitten hatte. Er spürte die Barbiturate, die ihn in Apathie versetzten, und hörte über das Lüftungssystem die psychedelischen Stampfklänge des Kernspins. Die passende Untermalung für die Einleitung einer Hypnose, der er sich nicht mehr entziehen konnte, weil Sophia bereits eine Verbindung zu ihm aufgebaut und in seinem Bewusstsein einen perfiden Befehl verankert hatte, den er nicht mehr aus eigener Kraft durchbrechen konnte. Je stärker du dagegen ankämpfst, desto tiefer wirst du fallen.
Und deshalb hörte er auf, schloss von innen seine weit geöffneten Augen, wehrte sich nicht mehr gegen den Sturz ins Leere.
Er fiel nach unten. Tief, hinab in einen kalten, dunklen Schacht, in dem noch niemals zuvor ein Licht gebrannt hatte. In das Gefängnis seiner Seele.
     

05.13 Uhr – Fünfundneunzig Minuten seit Beginn der Angst
    Der Rauch war ein lebendiges Wesen. Ein Schwarm mikroskopisch kleiner Zellen, die durch seine Haut drangen, um ihn von innen heraus zu zersetzen.
Besonders auf seine Lunge hatten es die Partikel abgesehen, die seine Luftröhre hinab bis in die Bronchien vorstießen. Doch das war bei weitem nicht so schlimm wie die Flammen. Mit rotglühenden Klingen schlugen sie aus dem Armaturenbrett, zerfetzten sein Oberhemd und rissen ihm die Haut auf, die unterhalb seines Herzens bereits Blasen warf. Wie schmelzendes Plastik unter einem Feuerzeug.
Er sah an sich hinab, dann nutzte er die Kraft, die ihm der unerträgliche Schmerz verlieh, um das Gaspedal durchzutreten. Nicht, um das Auto wieder in Fahrt zu versetzen, sondern um sich nach hinten zu stemmen. Er wollte so viel Abstand wie möglich zwischen sich und das Feuer bringen.
Er spuckte einen Pfropfen aus Blut und rußgeschwärztem Schleim in die Flammen und rekapitulierte die Geschehnisse, die ihn in diese aussichtslose Lage gebracht hatten. Er hatte Marie behandelt, ohne die Einwilligung ihrer Mutter, in der unumstößlichen Gewissheit, dass eine Hypnose keine Nebenwirkungen haben könnte. Und dann hatte das Mädchen einen Schlaganfall erlitten. Während der Sitzung. Marie würde nie wieder gesund werden, nie mehr lachen. Ihr Stammhirn war derart geschädigt, dass sie von Glück reden konnten, wenn sie ihren Schluckreflex wiedererlangte.
Wie hatte das nur geschehen können?
Er hörte die Flasche im Fußraum zersplittern, mit der er sich betäubt hatte. Nach dieser schicksalhaften Behandlung. Vor seiner letzten Fahrt.
Und jetzt saß er hier. Eingeklemmt, in einem Autowrack, mit dem Foto seiner Tochter in der Hand, die niemals wieder ein normales Leben führen würde. Und er verbrannte innerlich und äußerlich zugleich.
Er streckte seine Hände dem Feuer entgegen, als könne er damit den Tod aufhalten, der ihn mit gleißenden Armen umfing. Und dann, in einem Moment, in dem er bereits glaubte, den Geruch versengten Fleisches nicht mehr ertragen zu können, gerade als er sich mit eigenen Händen das juckende Fleisch von der Brust reißen wollte, wurde alles durchsichtig. Das Unfallauto, das er auf der regennassen Straße gegen den Baum gesetzt hatte, während er in den Akten nach Maries Foto suchte, verschwand. Der Rauch, das Feuer und, ja, sogar die Schmerzen verflüchtigten sich, zurück blieb ein schwarzes Nichts.
Gott sei Dank , dachte er, nur ein Traum. Er schlug die Augen auf. Und begriff

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