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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Stirn, und der Professor sah ein, dass er konkreter werden musste.
»Sehen Sie, Haberland war psychisch angeschlagen. Er hatte etwas Schreckliches erlebt, was er unbedingt vergessen wollte. Wegen dem, was er seiner Tochter angetan hatte, war er sogar bei Bruck in Behandlung gewesen. Und jetzt war sein erster Versuch, das Trauma in einem persönlichen Gespräch mit Sophia Dorn zu verarbeiten, gescheitert. Er war verletzt, verwirrt, aufgebracht und depressiv. Sein Gehirn schrie danach, die schlimmen Erinnerungen an Marie vergessen zu können. Und er nutzte dafür die erste Gelegenheit, die sich ihm bot, um vor seiner Schuld zu fliehen.« »Den Sturz?«, fragte Lydia.
»Ja. Tarzan zog an seiner Leine, Haberland verlor auf dem vereisten Abhang das Gleichgewicht, und als er mit der Schläfe auf dem Asphalt aufschlug, wurde er ohnmächtig. Erst Stunden später brachte Bachmann den unterkühlten Körper in die Klinik.«
»Zurück zu der Wahnsinnigen.«
Der Professor nickte.
»Sophia nutzte die unerwartete Gelegenheit, die sich ihr nun bot. Durch Haberlands Amnesie hatte sie den Überrumpelungseffekt wieder auf ihrer Seite. Sie nahm ihrem …«, der Professor malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft, »… ›Patienten‹ gleich bei der Erstuntersuchung alle Gegenstände ab, die einen Rückschluss auf seine wahre Identität zuließen, und täuschte dadurch indirekt einen Raubüberfall vor. Natürlich hat sie niemals jemanden bei der Polizei unterrichtet. Raßfelds Hinhaltetaktik und seine Abneigung gegen äußere Einflüsse kamen ihr für ihren Racheplan ebenfalls zupass. «
»Aber wieso hat sie Caspar nicht sofort hypnotisiert?«, wollte Lydia wissen. »Weshalb hat sie ihm sogar das Foto seiner Tochter gezeigt? Er hätte sich doch erinnern können, und dann wäre ihr Plan wieder zunichte gewesen.«
»Gute Frage. Sophia war in der Tat hin-und hergerissen. Einerseits wollte sie Haberland bestrafen und ihn in die Hölle schicken. Doch die wäre nur halb so schlimm, wenn er sich nicht an Marie und damit an seine Schuld erinnern würde. Deshalb wollte sie ihn zuerst aus der gnädigen Amnesie herausreißen und ihm dann die Seele brechen. Die Ereignisse in dieser Nacht gaben ihr die Gelegenheit, beides zu kombinieren.«
»Und wie kommt Bruck jetzt ins Spiel?«, fragte Patrick.
»Ist doch logisch«, antwortete Lydia anstelle des Professors. »Wenn Sophia sich an allen rächte, die ihr weismachen wollten, eine Hypnose sei ungefährlich, dann hatte Haberland ihr mit seinem Gutachten ein neues Opfer geliefert. Frei Haus sozusagen.« »Sehr gut kombiniert«, lobte der Professor.
»Wirklich?« Lydia lächelte.
»Genauso war es. Bevor Haberland zu ihr gekommen war, kannte sie diesen Mann gar nicht. Jetzt stand er auf ihrer persönlichen Racheliste, und Sophia kürte ihn zu ihrem vierten Opfer.«
»Und wie?«, fragte Patrick.
»Sophia ging hier völlig skrupellos vor«, sagte der Professor. »Sie hat Bruck einfach angerufen und ihn um kollegialen Rat wegen eines eingelieferten Amnesiepatienten gebeten. Bruck war hilfsbereit und reiste extra aus Hamburg an, zumal er die Vermutung hatte, es könne sich um Haberland handeln, der sich seit zwei Tagen nicht mehr bei ihm gemeldet hatte. Sie reservierte für Bruck ein Zimmer im Teufelsseemotel, nahe der Klinik. Dort trafen sie sich auch.«
»Und sie setzte ihn gewaltsam unter Hypnose.« »Fast.«
»Was heißt ›fast‹?« Die Flecken auf Patricks Wangen stammten jetzt nicht mehr von seinen Händen. Obwohl das Thermometer immer weiter fiel, wurde ihm anscheinend von Sekunde zu Sekunde wärmer. Der Professor machte sich im Geiste eine weitere Notiz, ohne zu wissen, ob diese Reaktionen überhaupt ergebnisrelevant waren. Dann beantwortete er die Frage.
»Nun, es gelang ihr nicht ganz. Sophia träufelte Bruck das Scopolamin in die Augen und versetzte ihn in Trance. Danach übergoss sie ihn mit Alkohol aus der Minibar, damit er für einen Trinker gehalten würde, wenn man ihn fand. Aber dieses Mal funktionierte es nicht richtig. Vielleicht wurden sie gestört, vielleicht hat sie einen Fehler gemacht. Und, wie ich schon sagte, nicht jeder Mensch ist hypnotisierbar. Bruck war auf jeden Fall ein schwieriger Kandidat. Sophia gelang es zwar, sein Kommunikationszentrum lahmzulegen. Deshalb konnte er zum Beispiel keine schriftlichen Nachrichten für Caspar hinterlassen, obwohl auch diese Fähigkeit im Laufe der Zeit mehr und mehr zurückkam. Sie erinnern sich daran, wie er versucht hat, Sophias

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