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Der Seelenfänger (German Edition)

Der Seelenfänger (German Edition)

Titel: Der Seelenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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dem Namen nach«, sagte Wolf unwirsch. »Und wenn da nicht seine Hautfarbe wäre, das wissen Sie ganz genau, dann wäre er es auch offiziell.«
    »Sie stellen es so hin, als ob die Hautfarbe eines Menschen nur ein Detail ohne Bedeutung wäre. Das ist nicht der Fall, jedenfalls nicht in dieser Stadt. Wenn Sie daran zweifeln, dann spazieren Sie nur mal einen Tag lang mit meiner Hautfarbe durch New York.«
    »Aber, aber, Shen!«, beschwichtigte Wolf. »Was wollen Sie denn von mir?«
    »Was ich will? Aber Sie sind doch in mein Haus gekommen und bitten mich um einen Gefallen.«
    »Meine Güte, Sie können einen wirklich rasend machen …«
    Plötzlich schien sich Wolf zu erinnern, dass er mit Sascha und Lily hierhergekommen war. Zu deren Enttäuschung zügelte er seinen Temperamentsausbruch und schien nicht vorzuhaben, noch etwas zu sagen. Die beiden Erwachsenen starrten sich wortlos an, Wolf mit betrübter Miene, Shen amüsiert lächelnd, als ob sie sagen wolle, dass sie sich von einem wütenden Inquisitor noch lange nicht aus der Fassung bringen ließ.
    Zu Saschas Überraschung war sie es, die schließlich nachgab.
    »Also gut. Ich unterrichte die beiden. Sie wussten ja, dass es so kommen würde.«
    »Einen Augenblick!«, platzte Lily heraus. »Ich denke gar nicht daran, Zauberei zu lernen. Mit so was will ich nichts zu tun haben!«
    »Wer sagt denn, dass ich euch das Zaubern lehren werde?«, fragte Shen ganz ruhig. »Warum sollte ich auch, da ich euch lehren kann, wie man ohne jede Magie einen erwachsenen Mann im Kampf unschädlich macht.« Dann hob sie gelassen die Schultern. »Freilich, wenn ihr nicht an Zauberei interessiert seid, dann wollt ihr vielleicht auch nicht Kung-Fu erlernen.«
    »Oh doch!«, rief Lily mit leuchtenden Augen. »Bitte nehmen Sie mich als Schülerin!« Aber dann sank ihr Mut gleich wieder. »Bloß, ich habe nicht die richtige Kleidung dafür.«
    »Ich habe auch eine Reihe von Schülerinnen. Du kannst dir ein passendes Gewand ausleihen. Das lässt du hier in der Schule, und du ziehst dich um, wenn du zum Unterricht kommst.«
    »Oh, das ist eine gute Idee!« Lily strahlte.
    Während des ganzen Wortwechsels hatte sich Sascha bemüht, Shen möglichst unauffällig zu betrachten. Doch er musste wohl nicht sehr geschickt vorgegangen sein, denn plötzlich schaute sie ihm direkt in die Augen und lächelte.
    So ein Lächeln hatte er noch nie gesehen. Es durchdrang jede Abwehr, mächtig und schmeichelnd zugleich, wie der Wind draußen auf dem Meer.
    »Sag mal«, fragte Shen ihn schließlich, »woher hast du denn das tolle Veilchen?«
    »Äh … Baseball?«
    »Wirklich? Da müssen sich die Regeln geändert haben, seit ich das letzte Mal Baseball gespielt habe. Das muss ja teuflisch wehtun. Komm mit, mal sehen, ob wir etwas finden, was das Ganze wieder abschwellen lässt. Und du kommst am besten auch mit, Lily. Sicherlich habe ich etwas für deine zerkratzten Hände. Die hast du dir ja auch beim Baseballspielen geholt, vermute ich, oder?«
    Sie führte beide durch den Raum mit den Steinfliesen und hielt vor einem Alkoven, der vom Boden bis zur Decke mit exotischem Allerlei ausgestattet war. Es erinnerte Sascha an das Schaufenster des chinesischen Kräuterladens, an dem sie auf der Fahrt durch Chinatown vorübergefahren waren. Ohne dass sie recht wussten, wie ihnen geschah, rieb Shen Saschas geschwollene Gesichtspartie mit einem stark riechenden Absud ein, dann verband sie Lilys verletzte Hand. Im Gespräch über Baseball kam außerdem heraus, dass alle drei eingefleischte Yankee-Fans waren.
    »In einer Woche sollten sie bereit für die erste Lektion sein«, sagte sie zu Wolf, als sie beide zu ihm zurückbrachte. Den Bruchteil einer Sekunde schien sie zu zögern, dann fuhr sie fort: »Sie brauchen sie nicht eigens zu bringen. Sie können auch allein kommen.«
    »Aber wie finden wir Sie?«, fragte Lily.
    »Mach dir keine Sorgen«, antwortete Shen lächelnd. »Die Leute finden mich immer, wenn sie mich brauchen. Wer mich nicht findet – das ist meine Erfahrung –, der braucht mich eigentlich gar nicht.«
    Lily sah nicht sehr überzeugt aus, doch ehe sie weitere Fragen stellen konnte, hatte Wolf sie bereits wieder in den langen Flur hinausgeschoben. Er selbst blieb einen Moment zurück, um sich geschützt vor den Blicken seiner Lehrlinge von Shen zu verabschieden.
    »Donnerwetter!«, flüsterte Sascha Lily zu, während sie auf Wolf warteten. »Die hat was auf dem Kasten!«
    »Das kann man wohl sagen!«

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