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Der Seelenfänger (German Edition)

Der Seelenfänger (German Edition)

Titel: Der Seelenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Unterschied nicht bemerkt?« Sie schauderte. »Was war das nur für ein Spuk?«
    »Ein Dibbuk. Oder so etwas Ähnliches. Halten Sie es für möglich, dass man die Erfindung Ihres Mannes dazu benutzt hat, einen Dibbuk zu erschaffen?«
    Lily ging vor Staunen der Mund auf. Doch Mrs Worley lachte nur. »Wie kommen Sie auf so eine verrückte Idee?«
    »Ist sie wirklich so verrückt?«
    »Selbstverständlich! Ich habe alle Zeitungsartikel über Edisons Ätherographen gelesen. Es ist genau die Maschine meines Mannes, nur mit ein paar Extras versehen. Das ist ein harmloses Spielzeug, Inquisitor. Die Idee dieser Leute, damit Zauberkriminelle zu entlarven, ist selbstverständlich geschmacklos, aber man kann mit dieser Maschine keine Dibbuks fabrizieren. Nein, Inquisitor, ich kenne die Maschine in- und auswendig, das ist unmöglich.«
    »Vielleicht hat Edison ja noch eine neue Komponente eingebaut, die …«
    »Sie können da nichts einbauen, was die Maschine zu dem machen würde, was Sie da beschreiben. Ich kann Ihnen vorführen, wie sie funktioniert, wenn Sie mir partout nicht glauben wollen.« Sie lächelte über Wolfs ängstliche Miene. »Ich kann Sie beruhigen, das Ganze ist harmlos.«
    Wolf ergab sich in sein Schicksal und setzte sich auf den Stuhl, den ihm Mrs Worley hinstellte. Er streckte die langen Beine aus und machte sich auf eine längere Sitzung gefasst. Mrs Worley betätigte ein paar Schalter. Die Maschine erwachte zum Leben. Die Spindel drehte sich, die wachsbeschichtete Walze ebenfalls. Und dann geschah … nichts. Die Abtastnadel schwebte, ohne sich zu senken. Die Walze rotierte. Für die Maschine hätte Wolfs Stuhl genauso gut auch leer sein können.
    »Da gibt es ein Problem«, sagte Wolf. Es war eine Feststellung, keine Frage, und er sagte es mit seiner Polizistenstimme.
    »Ja, aber es liegt nicht an der Maschine«, entgegnete Mrs Worley zögernd, »es liegt an Ihnen. Ich habe vorher noch nie einen Beamten der Inquisitionsabteilung aufgenommen. Manche Personen sind, wie soll ich sagen, widerstandsfähiger als andere.«
    »Können Sie das erläutern?«
    »Ich glaube, es hängt mit den magischen Fähigkeiten zusammen.« Sie biss sich auf die Lippen, offenbar fürchtete sie, ihn beleidigt zu haben. »Ich möchte keineswegs unverschämt sein, Mr Wolf, aber da Sie nun einmal ein Inquisitor sind, drängt sich die Annahme auf, dass …«
    »Ich verstehe. Sie meinen, dass ich mich dem Zugriff der Maschine irgendwie entziehe.«
    »Wahrscheinlich machen das alle Inquisitoren ganz instinktiv, wenn man es wie Sie ständig mit Zauberkriminellen zu tun hat. Wenn Sie es also jetzt einfach … geschehen lassen könnten?«
    Wolf machte es sich auf dem Stuhl bequem. »Ich habe keinen eigenen Willen mehr, Mrs Worley.«
    Sie startete die Maschine erneut. Diesmal schien Wolf angestrengt einem Laut zu lauschen, den sonst niemand hören konnte, und nach einer Weile lächelte er überrascht. Dann lachte er sogar leise in sich hinein und öffnete die Hände mit der gleichen raschen Bewegung, mit der er dem Mauersegler vorhin wieder die Freiheit geschenkt hatte.
    Im selben Augenblick senkte sich die Abtastnadel, und die gleiche überirdische Musik ertönte, die sie schon in J.P.Morgaunts Bibliothek vernommen hatten. Während Sascha die Musik aber damals unerträglich gefunden hatte, ging von diesen Tönen etwas Fesselndes aus. Man musste einfach zuhören, so wie man nicht umhinkann, hinzuschauen, wenn die Hochbahn ganz nah an den Fenstern der Wohnstuben fremder Leute vorbeifährt. Plötzlich wusste Sascha Dinge über Wolf, von denen er nie etwas geahnt hatte … und die zu wissen er nicht das Recht hatte. Das war ihm so peinlich, als wäre er beim Stehlen ertappt worden. Und doch hörte er weiter zu.
    »So, das wär’s«, sagte Mrs Worley schließlich und stellte die Maschine ab. »Harmlos, oder?«
    »Ja, aber doch nervenaufreibend.« Wolf wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. Er sah blass und angespannt aus, das Haar noch wirrer als sonst.
    »Das liegt nur daran, dass Sie – na, Sie wissen schon. Normale Leute finden es eher angenehm, genauso wie sie es genießen, sich im Spiegel zu betrachten oder alte Fotografien anzuschauen. Menschliche Eitelkeit, nehme ich an. Aber, wie gesagt, im Grunde harmlos.«
    »Und das ist alles?«, fragte Wolf.
    »Ja«, bestätigte Mrs Worley. Sie nahm die kleine Walze aus der Maschine. »Darin steckt keine geheime Kraft und kein Leben. Jedenfalls nicht von der Art, wie Sie es beschreiben. Wenn

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