Der Seelenfänger
schlägst du vor?« fragte er.
»Ich hätte ihnen gesagt, sie sollten hingehen, wo der Pfeffer wächst«, sagte Joe impulsiv. »Ich hätte ihnen gesagt daß das deine Kirche ist, die du selbst aufgebaut hast und mit niemandem teilst.«
»Es ist aber nicht meine Kirche«, sagte Preacher. »Die Kirche gehört keinem Menschen. Sie gehört Gott ganz allein.«
»Ehe du sie gebaut hast«, erwiderte Joe, »hat Gott diese Kirche ja auch nicht gehabt.«
»Gott hat diese Kirche gehabt, lange bevor wir geboren wurden, und sie wird ihm immer noch gehören, wenn wir alle längst nicht mehr sind«, sagte Preacher. »Ich habe immer nur seinen Willen erfüllt.«
»Du kannst mir doch nicht erzählen, daß es Gottes Wille ist, wenn du unsere Kirche diesen geldgierigen politischen Fanatikern übergibst«, sagte Joe.
»Das sage ich gar nicht«, erwiderte Preacher. »Aber ehe du den Stab über Randle und seine Manager brichst, sollten wir erst einmal prüfen, ob wir nicht längst das getan haben, was du ihnen jetzt unterstellst. Mir kommt es manchmal so vor, als hätten wir viel mehr darüber nachgedacht, wie wir noch mehr irdische Güter einbringen könnten, als darüber, wie wir Seelen zu Gott führen könnten.«
»Ohne Geld kannst du gar nichts ausrichten in dieser Welt«, sagte Joe. »Du weißt doch selber am besten, wie teuer es ist, Gottes Wort zu verbreiten.« Er nickte zu Beverly hin. »Vielleicht hast du heute vergessen, wie es ist, ohne Geld. Aber wir wissen es noch. Weißt du noch, wie sie uns aus Los Altos verjagt haben? Erinnerst du dich, wie oft wir unsere Rechnungen nicht bezahlen konnten, als wir noch mit dem Zelt unterwegs waren? Wie wir selbst hungern mußten, um unseren Leuten wenigstens einen Teil des Lohns bezahlen zu können? Oder hast du vergessen, wie oft wir hätten aufgeben müssen, wenn Beverly nicht ihren Sparstrumpf für uns aufgeknöpft hätte?«
Preacher nickte. »Ich weiß es noch gut«, sagte er. »Ich stehe für immer in eurer Schuld. So etwas vergißt man nie. Aber die Zeiten haben sich nun mal geändert. Randle hat Churchland gebaut, er hat das Geld aufgebracht, um all das hier möglich zu machen. Und was immer seine Motive gewesen sein mögen, Gott hat ihn zu uns geführt.«
»Seine Motive kannten wir immer«, erwiderte Joe. »Er wollte Macht über Menschen, und jetzt greift er danach. Dazu sind diese neuen Leute in den Vorstand geholt worden. Die fressen ihm aus der Hand, und wenn er mit der Peitsche knallt, springen sie durch den Reifen wie abgerichtete Löwen.«
»Ich verurteile niemanden«, sagte Preacher bestimmt. »Gottes Wege sind unerforschlich. Vielleicht stellt sich heraus, daß diese Männer Gottes Werk viel besser fortsetzen können als ich. Wenn das so ist, dann werde ich ihnen alles gern übergeben.«
»Und wenn sich herausstellt, daß sie gar nicht Gottes, sondern sehr irdische Zwecke verfolgen? Was dann?« fragte Joe.
»Damit beschäftigen wir uns, wenn sich herausstellt, daß es so ist«, sagte Preacher.
»Dann ist es zu spät«, sagte Joe mürrisch.
»Du bist doch im Komitee«, sagte Preacher. »Du kannst sie im Auge behalten.«
Joe schüttelte den Kopf. »Die sagen mir nur das, was ich wissen darf. Ich bin bei denen der Nigger Daniel in der weißen Löwengrube.«
»Das wird sich bald ändern, wenn du erst über sämtliche Fernsehstationen dieses Landes gegangen bist, Joe«, sagte Preacher. »Ich weiß, wie du predigen kannst. Du predigst sie glatt an die Wand. Nach der ersten Sendung liegen sie dir zu Füßen, da könnte ich wetten.«
»Mach dir nichts vor«, sagte Joe. »Ich weiß doch, Randle kann Schwarze nicht leiden. Mich akzeptiert er nur, weil ich Geld bringe. Aber er wird mich kaum ins Fernsehen lassen, wo ich womöglich noch prominent werde.«
Preacher lächelte. »Das kann er gar nicht verhindern.«
Joe blinzelte verdutzt. »Wieso nicht?«
»Erinnere dich, was ich bei der Sitzung gesagt habe«, erläuterte Preacher. »Ich habe gesagt, ich würde euch alle im Fernsehen vorstellen. Ich habe ihnen nicht gesagt, daß du gleich als erster drankommst, und zwar nächsten Sonntag. Außer dir und Beverly weiß das noch niemand, nicht mal der Sendeleiter. Sie erfahren es erst, wenn wir schon auf Sendung sind. Dann können sie gar nichts mehr machen.«
Joe grinste und klatschte vergnügt in die Hände. »Ich hätte mir denken können, daß ich mich auf dich verlassen kann, Prea-cher.«
»Besser, du verläßt dich auf Gott«, erwiderte Preacher, »nicht auf
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