Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Schrift an der Wand sehe, dann lese ich auch, was da steht. Wozu hat er Sanford Carrol geholt? Der macht hier auch nichts anderes als ich, und diese Art Job-sharing gefällt mir überhaupt nicht. Wahrscheinlich ist Randle davon überzeugt, daß ich auf Ihrer Seite bin, Reverend.«
    »Vielleicht ist es Ihnen nicht klar«, sagte Preacher, »aber Sie stehen nicht auf meiner Seite, sondern auf der Gottes.«
    »Einverstanden«, lächelte Lincoln.
    »Fein«, sagte Preacher. »Jetzt brauche ich ganz schnell die
    Nielsen-Berichte von heute. Vor allem möchte ich wissen, ob wir während der ersten oder während der zweiten Hälfte der Sendung mehr Zuschauer hatten. Es interessiert mich, ob die Leute abgeschaltet haben, als Joe auf die Kanzel kam.«
    »Glauben Sie, daß es Stunk gibt?« fragte Lincoln.
    »Ich fürchte, ja«, sagte Preacher. »Aber vielleicht irre ich mich.«
    »Bis morgen mittag habe ich die Angaben wahrscheinlich da.«
    »Gut. Ich ruf Sie dann an«, sagte Preacher.
    »Noch etwas«, sagte Lincoln. »Bitte vergessen Sie nicht, daß Kim Hickox morgen nachmittag kommt. Sie haben versprochen, persönlich auf dem Flugplatz zu sein.«
    »Danke, Marcus, ich werde dran denken.«
    Sobald er eingehängt hatte, summte die Gegensprechanlage. »Ihre Frau ist am Apparat, Dr. Talbot.«
    »Sagen Sie ihr, daß ich auf der privaten Leitung zurückrufe«, sagte Preacher. Er wartete einen Augenblick, dann wählte er Janes Nummer.
    Sie war sofort am Apparat. »Andrew? Bist du das?«
    »Ja«, sagte er.
    »Ich habe gerade mit meinem Vater gesprochen«, sagte sie. »Er hat so getobt, daß ich erst gar nicht kapiert habe, was er eigentlich wollte.«
    »Und was wollte er?«
    »Er hat seine Meinung offenbar völlig geändert. Er hat mir gesagt, ich solle sofort die Scheidung einreichen. Er könne mir genug Beweismaterial beschaffen, um dich vor jedem Gericht der Vereinigten Staaten wegen Ehebruchs zu verklagen. Er wolle dich hinter Gitter bringen, ehe du seine Kirche endgültig den Schwarzen vermachtest.« »Schwarze?« fragte Preacher. »Hat dein Vater tatsächlich >Schwarze< gesagt?«
    »Nein, natürlich nicht. Du weißt genau, was er gesagt hat. Aber wenn er solche Worte benutzt, brauche ich das noch lange nicht zu tun«, sagte sie. »Was ist denn eigentlich los? Womit hast du ihn denn so in Rage gebracht?«
    »Hast du heute morgen die Sendung gesehen?« fragte Preacher.
    »Nein«, sagte sie.
    »Ich habe Joe die Predigt halten lassen.«
    »Und was ist daran so schlimm?«
    »Das weiß ich auch nicht«, erwiderte Preacher. »Aber vielleicht fragst du mal deinen Vater. Der sieht die Dinge offenbar anders als wir.«
    Jane schwieg einen Moment lang. Dann sagte sie: »Eigentlich wollte ich dich nur anrufen, um dir zu sagen, daß ich jetzt auf keinen Fall die Scheidung einreichen werde. Ganz egal, was andere Leute dir sagen. Insbesondere mein Vater.«
    »Das ist lieb von dir, Jane«, sagte er demütig. »Vielen Dank!«
    »Du brauchst mir nicht zu danken«, erwiderte sie. »Ob wir zusammenleben können, ist eine Frage, aber ob ich dich im Stich lasse, ist eine ganz andere. Ich tue nur, was mir richtig erscheint. Du bist der Vater meiner Kinder, und ich werde nicht zulassen, daß man sie in den Schmutz zieht.«
    Sie hängte ein, ehe Preacher sich wieder gefaßt hatte. Behutsam legte er den Hörer zurück auf die Gabel. Er wandte sich um und sah zum Fenster hinaus. Plötzlich war er sehr müde.
    Schließlich stand er auf und verließ sein Büro. »Ich gehe rüber in die Pfarrei und ruhe mich etwas aus«, erklärte er seiner Sekretärin. »Bitte notieren Sie alle Anrufe. Ich komme heute nachmittag wieder.«
    »Aber, Dr. Talbot«, rief das Mädchen entsetzt. »Sie haben Mr. Randle noch nicht zurückgerufen. Und es sind noch einige
    Anrufe da. Was soll ich denn machen, wenn Mr. Randle noch einmal anruft?«
    »Sagen Sie ihm einfach die Wahrheit«, erwiderte Preacher. »Sagen Sie, daß ich müde bin und daß ich mich ausruhen muß. Die anderen Anrufe werde ich alle erledigen, wenn ich wieder da bin.«

Sechzehntes Kapitel
    Obwohl er total erschöpft war, wälzte er sich ruhelos auf dem Bett und fand keinen Schlaf. Er döste einen Moment, und plötzlich erschien ein Lichtpunkt im Dunkel. Er öffnete die Augen, konnte die Lichtquelle aber nirgends entdecken. Die Jalousien und Vorhänge verdunkelten das Zimmer vollkommen, und doch wuchs der rätselhafte Lichtpunkt zu einem feurigen Ball, der den Raum mit goldenem Glanz füllte. Der Ursprung des

Weitere Kostenlose Bücher