Der Seelenfänger
Kirchenbau zurück. Hinter der dunkel getönten Glasfront war nichts zu erkennen. »Bei den Bäumen da drüben steht eine Bank«, sagte Preacher.
Sie gingen um die Baumgruppe herum auf die andere Seite des Hügels, von wo aus Churchland nicht mehr zu sehen war. »Setzt euch«, sagte Preacher. »Ich habe einen wichtigen Auftrag für euch.«
Die Mädchen nickten und sahen ihn aufmerksam an.
»Ich muß mich leider sehr kurz fassen«, sagte Preacher, »denn ich muß sofort zurück ins Büro. Ich habe den ganzen Tag noch Termine. Also hört bitte gut zu. Ich möchte, daß ihr Churchland verlaßt, und zwar getrennt. Die eine morgen, die andere fährt ein paar Tage später. Sagt zu niemand ein Wort, packt einfach bloß eure Sachen und geht. Ihr fahrt beide nach San Antonio und meldet euch unter falschem Namen in zwei verschiedenen Hotels an. Wenn ihr wieder zusammen seid, könnt ihr Beverly in Los Altos anrufen. Sie schickt euch telegrafisch fünfzigtausend Dollar. Davon kauft ihr einen möglichst gut ausgestatteten Wohnwagen, der groß genug sein muß, daß wir alle drei darin leben können. Besorgt eine Zulassung und stellt ihn auf einem Campingplatz ab. Dann teilt ihr Beverly mit, wo ihr seid und wartet auf meine Ankunft.«
»Was soll das denn alles?« fragte Charlie beunruhigt.
»Ich habe leider nicht genug Zeit, euch das zu erklären«, sagte Preacher. »Aber macht euch nur keine Sorgen, wir sind nicht in Gefahr.« Er musterte sie. »Habt ihr alles verstanden?«
»Ja«, sagte Melanie. »Soll ich es wiederholen?«
»Ja, bitte.«
Das Mädchen wiederholte Preachers Anweisungen praktisch wörtlich. Sie hatte nicht das geringste vergessen. »Okay?« fragte sie.
»Ausgezeichnet«, erwiderte Preacher und nahm einen Briefumschlag aus der Tasche. »Hier sind tausend Dollar in bar, falls ihr Auslagen habt. Noch etwas. Fahrt nicht direkt nach San Antonio, sondern macht ein paar Umwege, und vergeßt nicht, eure Decknamen zu verabreden, ehe ihr loszieht.«
Die Mädchen lachten. »Wir werden daran denken.«
Preacher stand auf. »Vielen Dank«, sagte er. »Ich muß jetzt zurück ins Büro, Kinder. Macht’s gut.«
»Preacher«, fragte Melanie plötzlich, »wird dein Büro überwacht?«
Er nickte. »Ich fürchte ja. Heute sind neue Telefone eingebaut worden, die ich nicht bestellt habe.«
Das Mädchen dachte einen Augenblick nach. »Wann können wir dich erwarten, Preacher?«
Er zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Aber ich habe so eine Ahnung, daß es nicht mehr lange dauert.«
Die beiden Mädchen beobachteten, wie er den Fußweg zur anderen Seite des Hügels einschlug, und blieben auch dann noch sitzen, als er längst hinter den Bäumen verschwunden war, die Churchland vor ihren Blicken verbargen.
Neunzehntes Kapitel
»Die Vorstandssitzung beginnt in zehn Minuten, Dr. Talbot«, sagte die Stimme der Sekretärin durch das Telefon.
»Ich muß noch einige Papiere durchsehen, Miß Grant. Ich bin gleich fertig«, gab Preacher zurück.
»Denken Sie daran, daß vor der Sitzung die Pilotsendung der Hickox-Show vorgeführt werden soll.«
»Ich habe es nicht vergessen, Miß Grant«, sagte Preacher. »Vielen Dank.« Er hatte gerade die letzten Papiere in seine Mappe gepackt, als das Telefon noch einmal schrillte, »Ja, was gibt’s, Miß Grant?«
»Mrs. Washington ist am Apparat«, sagte die Sekretärin. »Sie sagt, sie müßte Sie unbedingt vor der Sitzung noch sprechen.«
»Stellen Sie durch, Miß Grant.« Er drückte den Knopf und nahm den Telefonhörer ab. »Was ist los, Beverly?«
Sie hörte sich aufgeregt an. »Joe ist abgeholt worden.«
»Wieso denn? Von wem?« fragte er.
»Ich weiß es nicht«, schluchzte sie. »Sie haben behauptet, sie wären Kriminalpolizisten. Wir haben die Tür aufgemacht, und da standen drei Männer. Einer hat ein Stück Papier rausgezogen und behauptet, das wäre ein Haftbefehl wegen terroristischer Aktivitäten in den sechziger Jahren und wegen Bigamie. Joe hat gesagt, das könne unmöglich wahr sein. Er sei mit der Mutter seiner Kinder nie verheiratet gewesen, und Terrorismus und
Bigamie könnten nie auf demselben Haftbefehl stehen. Dafür seien ganz verschiedene Gerichte zuständig. Der Mann zog Handschellen heraus und verlangte, Joe sollte die Arme ausstrecken. Er werde sich von einem Nigger keine Belehrungen anhören. >Ihr seid überhaupt keine Bullen. Ihr habt mir ja nicht mal meine verfassungsmäßigen Rechte vorgelesenc, schrie Joe, holte aus und schlug den Mann nieder.
Weitere Kostenlose Bücher