Der Seelenfänger
schüttelte den Kopf. »Das wird uns nicht gerade nützen.«
»Machen Sie sich nichts draus«, sagte Lincoln. »Beim Fernsehen sagen wir: Was geht uns der Schnee von gestern an, morgen machen wir eine bessere Show.«
Das Telefon klingelte, Preacher nahm den Hörer ab und reichte in Lincoln. »Für Sie«, sagte er.
Lincoln meldete sich, hörte einen Augenblick zu, bedankte sich und legte den Hörer zurück. »Das war der Tower vom Flugplatz. Sie sagen, daß Kim Hickox gleich landen wird. Wir haben noch sechs Minuten, vielleicht sollten wir uns auf den Weg machen.«
»Warum nicht«, sagte Preacher ergeben.
»Lassen Sie sich nicht unterkriegen«, sagte Lincoln, als sie den Aufzug betraten. »Vielleicht wird die Sache ganz lustig. Ich habe den Eindruck, die Lady ist scharf wie eine Rasierklinge. Ist ja auch kein Vergnügen, mit einem Schwulen zu leben.«
Preacher warf ihm einen prüfenden Blick zu. Offensichtlich waren Jimmys homosexuelle Neigungen doch kein so absolutes Geheimnis, wie Kim glaubte. Aber vielleicht hatte sie auch bloß gemeint, daß die breite Öffentlichkeit nichts davon wußte. »Wenn das wahr ist«, sagte er lässig, »können Sie es ja mit ihr probieren.«
»Aber sie interessiert sich doch gar nicht für mich«, lachte Lincoln. »Kim schwärmt für Sie.«
Der Chauffeur mit der großen Limousine wartete am Seitenausgang. »Wenn das so ist«, sagte Preacher beim Einsteigen, »tut es mir leid. Ich habe genügend andere Sorgen.«
Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte. Preacher wußte selbst nicht, wie ihm geschah, aber noch am selben Abend bat er Kim Hickox zum Essen zu sich. Sie tranken Kaffee in der Bibliothek, und lange vor Mitternacht lagen sie miteinander im Bett.
Achtzehntes Kapitel
Als er am nächsten Morgen in sein Büro kam, verließen gerade zwei Männer sein Zimmer.
»Wer waren die beiden?« fragte Preacher die Sekretärin.
»Das waren Leute von der Telefongesellschaft«, sagte das Mädchen. »Unser Büro kriegt die neuen Telefone als erstes. Jetzt gehen sie rüber in die Pfarrei, Sir, und installieren dort auch welche.«
»Aber ich war mit den alten vollkommen zufrieden«, erwiderte Preacher.
»Diese hier werden Ihnen noch mehr zusagen, Dr. Talbot«, sagte das Mädchen. »Es sind sogenannte denkende Telefone. Und das schönste daran ist, daß man den Hörer gar nicht mehr aufzunehmen braucht, wenn jemand anruft. Man antwortet einfach, und der Apparat stellt die Verbindung her, sobald er die Stimme hört. Wenn man ungestört sprechen will, weil jemand im Raum ist, nimmt man einfach den Hörer. Beim Wählen erscheint die Nummer auf einer Sichtanzeige, und wenn der Anschluß besetzt ist, probiert es der Apparat selbständig alle fünfzehn Sekunden erneut, solange, bis die Verbindung hergestellt ist. Die Sekretärinnen sind alle begeistert, denn die Arbeit wird uns dadurch wesentlich erleichtert.«
»Das freut mich«, sagte Preacher. »Wer hat denn die Wunderdinger bestellt, Miß Grant?«
»Der neue Schatzmeister, Mr. Duncan«, sagte das Mädchen. »Vor zwei Wochen waren so ein paar Rationalisierungsfachleute da, und am Freitag kam eine Aktennotiz, daß ab heute neue Telefone eingebaut werden würden. In zwei Wochen werden alle Büros mit den neuen Apparaten ausgerüstet sein.«
»Wunderbar«, sagte Preacher ohne Begeisterung. »Könnten Sie mich bitte mit Mr. Duncan verbinden? Oder brauche ich dazu bloß mit den Fingern zu schnippen?«
»Nein«, kicherte das Mädchen. »Ganz so ist es nun wieder auch nicht, Dr. Talbot.«
Preacher ging in sein Zimmer und setzte sich hinter den Schreibtisch. Der neue Apparat sah wie ein kleiner Tischcomputer aus und war ihm sofort unsympathisch. Noch während er das Ding anstarrte, klingelte es. Wie ihm Miß Grant gesagt hatte, nahm er den Hörer nicht ab, sondern sagte: »Ja, bitte?«
»Ich habe Mr. Duncan für Sie in der Leitung.«
»Vielen Dank«, sagte er. »Bitte stellen Sie durch.« Er wartete einen Moment. »Mr. Duncan?«
»Nun, wie gefällt Ihnen die neue Anlage, Dr. Talbot«, fragte der Schatzmeister.
»Öfter mal was Neues«, sagte Preacher. »Die Anlage hat doch bestimmt eine schöne Stange Geld gekostet, nicht wahr?«
»Fast eine Million«, sagte Duncan. »Aber sie wird sich aufgrund des Rationalisierungseffektes innerhalb von achtzehn Monaten amortisieren, und danach werden wir einiges sparen. Die vorherige Gesellschaft hat für die Telefonanlage jährlich rund zweihundertfünfzigtausend Dollar an Miete kassiert, wohingegen
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