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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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schon immer gemocht.«
    »Geht nicht. Viel zu katholisch.«
    »Atlanta? Atlanta ist schön.«
    »Geht auch nicht. Zu liberal.«
    »Memphis? Das liegt wirklich zentral.«
    »Mmmh.«
    Preacher schlug mit der Faust auf den Tisch. »Sie treiben schon wieder ein Spielchen mit mir, Mr. Randle. Sie wissen längst ganz genau, wo ich hingehen soll.«
    »Stimmt«, sagte Randle.
    »Und wo ist das, wenn ich fragen darf?«
    Der alte Mann grinste vergnügt. »Hören Sie auf, mit Miß Dawson zu schlafen?«
    »Habe ich bereits getan«, sagte Preacher.
    »Dann weiß ich ein herrliches Plätzchen für Sie. Eine Stadt, wo lauter Leute wohnen wie wir.« Der alte Mann lächelte, nahm eine Streichholzschachtel vom Tisch und entzündete seine Zigarre. Durch eine gewaltige Rauchwolke warf er Preacher einen fröhlichen Blick zu. »Sie bleiben bei uns hier in Randle.«
    »Sie machen wohl Witze?« entgegnete Preacher. »Hier gibt es ja jetzt schon zwei Kirchen, die beide am Hungertuch nagen, weil die ganze Gemeinde bloß dreitausend Seelen umfaßt.«
    Der alte Mann kratzte sich zögernd am Kinn, dann hob er den Finger. »Sie vergessen zwei Dinge: Erstens gehört die Stadt mir, und was ich wünsche, geschieht. Zweitens wird Ihre Kirche nicht für die Stadt Randle errichtet. Sie wird für ganz Amerika da sein.«
    »Aber die Leute müssen doch irgendwo herkommen«, erwiderte Preacher. »Bisher ist Randle doch bloß eine Bedarfshaltestelle für Überlandbusse.«
    »Kümmern Sie sich um Ihre Predigt und Ihre Mission«, sagte Randle. »Den Rest überlassen Sie mir. Ich werde Ihnen die Leute schon bringen.«
    Neuntes Kapitel
    Als ihn der Mercedes vor seinem Wohnwagen absetzte und wieder davonfuhr, war es schon fast ein Uhr morgens. Preacher blieb stehen und sah zum Himmel empor. Die Sterne funkelten hell auf dem blauen Samt der texanischen Nacht. »Ich habe Angst, Herr«, sagte er laut. »Ich weiß nicht, wohin deine Wege mich führen, aber ich glaube, daß du deine schützende Hand über mich hältst. Und dennoch habe ich Angst.«
    Er lauschte einen Moment lang ins Dunkel hinein, dann seufzte er leise. »Glaub nicht, daß ich zweifle, Herr, oder daß ich deine Güte mißbrauchen will, aber ich bin nur ein einfacher Mann. Ich will den Menschen dein Wort bringen, wie es dein Sohn Jesus Christus befohlen hat. Aber ich bitte dich, Herr, mir ein Zeichen zu geben, damit ich sicher sein kann, auch jetzt noch auf deinen Pfaden zu wandeln. Ich brauche Gewißheit, daß mich nicht der Versucher auf seine teuflischen Wege geführt hat.«
    Er starrte hinaus in den schweigenden Himmel und wollte sich eben abwenden und die Stufen zum Wohnwagen hinaufgehen, als eine große Sternschnuppe über den Horizont stürzte. Ihm stockte der Atem, und eine eigentümliche Hitze durchströmte sein Blut. Im selben Augenblick folgte der zweite Meteorit und riß dieselbe leuchtende Spur wie der erste ins Dunkel. Dann kam, fast noch heller und größer, der dritte. Er schien einen Moment lang tast unbeweglich am Himmel zu hängen, ehe er fiel.
    Preachers Augen füllten sich mit Tränen, er sank mitten auf dem Feld in die Knie, faltete seine Hände und senkte den Kopf. Drei Sternschnuppen. Er kannte sie. Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Die ganze Dreieinigkeit war gekommen, um ihm zu zeigen, daß er nicht allein war.
    Preacher betete laut. »Ich danke dir, Herr. Vergib mir meine Zweifel und Ängste. Ich fürchte mich nicht mehr. Befiehl du meine Wege, damit ich allen deine frohe Botschaft bringen kann, wie es mir dein Sohn Jesus Christus aufgetragen hat, der für meine Sünden am Kreuz gestorben ist und mich erlöst hat. Ich danke dir. Amen.«
    Er blieb noch einen Augenblick auf den Knien, dann erhob er sich langsam. Er fühlte sich gestärkt und erfrischt. Alles schien strahlend und neu. Lächelnd stieg Preacher die Treppe hinauf und klinkte die Tür seines Wohnwagens auf.
    Beverly und Joe spielten Karten, und es sah aus, als ob der Schwarze kein besonderes Blatt hätte. Eben warf er resignierend die Karten zurück auf den Tisch, und Beverly, vor der sich ohnehin schon ein nettes Sümmchen aufgetürmt hatte, strich ihren Gewinn ein.
    »Spiel bloß mit der Drachenlady nicht Karten«, stöhnte Joe und wischte sich über die Stirn. »Die zieht dir das letzte Hemd aus.«
    Preacher nickte geistesabwesend und steuerte auf seine Schlafkoje zu. Er zog die Vorhänge hinter sich zu, nahm seine Bibel heraus und setzte sich auf den Bettrand.
    Noch ehe er das Buch aufschlagen konnte,

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