Der Seelenfänger
Wagen steht auf dem Parkplatz.«
Er nickte und folgte ihr auf das Laufband, das sie rasch zum Ausgang brachte. Der Flughafen war nahezu völlig verlassen. Es war fast zwei Uhr morgens.
»Bist du böse auf mich?« fragte sie.
»Nein, mehr auf mich«, erwiderte er. »Ich dachte, du wärst etwas schlauer. Jedes High-school-Mädchen weiß doch inzwischen, daß es ein Verhütungsmittel benutzen muß, wenn es zu jemand ins Bett steigt.«
Sie gab keine Antwort.
Schweigend fuhren sie in die Stadt. Vor dem Apartmenthaus, in dem sie wohnte, stiegen sie aus. Den Wagenschlüssel gab sie dem Türsteher. Preacher folgte ihr durch die Lobby zum Aufzug.
Erst als sie das Penthouse betraten und Preacher die atemberaubende Aussicht über die Lichter von Dallas erblickte, wurde ihm klar, daß Jane Dawson vermutlich die teuerste Wohnung der Stadt hatte. Edle Hölzer, riesige französische Fenster und eine herrliche geschwungene Treppe, kostbare Pflanzen und zwei große Terrassen bildeten ein vollendetes Ganzes. Neben erlesenen Möbeln entdeckte Preacher einige moderne Gemälde, die aus Europa zu stammen schienen.
»Magst du etwas trinken?« fragte sie, als sie ins Wohnzimmer kamen.
»Ja, ich könnte einen Drink vertragen«, sagte er.
»Und was, bitte?«
»Wenn du einen Scotch hättest.«
»Natürlich habe ich einen da«, sagte sie und wandte sich ab.
Preacher rief sie zurück. Er zeigte auf einen Picasso. »Ist der echt?«
»Ja«, sagte sie.
»Ich hab gar nicht gewußt, daß du so viel verdienst«, sagte er. »Bisher habe ich Picassos bloß im Museum gesehen.«
»Warte, ich hol dir rasch deinen Drink.«
Als sie mit den beiden Gläsern zurückkam, stand Preacher auf der Terrasse. Er nahm seinen Whisky und zeigte hinaus auf die Stadt.
»Eine Menge Lichter da unten.«
»Ja«, sagte sie. »Eine schöne Aussicht. Das war einer der Gründe, weshalb ich die Wohnung genommen habe.«
»Ich hab noch nie so ein Penthouse gesehen«, erwiderte Preacher. »Außer im Kino natürlich. Zahlst du das selbst?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Randle?«
Sie nickte.
»Wenn du schlau genug bist, dich von dem alten Scheusal so großzügig unterbringen zu lassen, hättest du eigentlich besser aufpassen können. Willst du dir alles verderben?« fragte er spöttisch.
»Ich war fest überzeugt, daß so was nicht passieren könnte«, sagte sie leise. »Mein Arzt hatte mir geraten, die Pille mal abzusetzen und statt dessen diese Suppositorien zu verwenden.«
Preacher dachte nach. »Wie weit ist es denn schon?«
»Der Arzt hat gesagt, ich wäre am Ende des dritten Monats.«
»Und warum hat es so lange gedauert, bis du es gemerkt hast?«
»Ich sag doch: Ich dachte, ich wäre geschützt. Außerdem ist meine Periode schon öfter mal ausgeblieben. Einmal kam sie vier Monate nicht. Diesmal bin ich bloß stutzig geworden, weil mir jetzt morgens immer so schlecht war.«
»Ach, Scheiße«, sagte er und nahm einen Schluck. »Hast du mit dem Arzt über eine Abtreibung gesprochen?«
»Er will nicht.«
»Und warum?«
»Lehnt er ab, aus ethischen Gründen.«
»Katholik?«
»Nein, Baptist mit einer sehr strengen Moral. Er hat sich geschworen, das ungeborene Leben zu schützen.«
Preacher trank sein Glas endgültig leer. »Zum Glück ist er ja nicht der einzige Arzt in der Stadt, oder?«
»Du willst, daß ich es abtreiben lasse?« Die Stimme der jungen Frau zitterte.
Er starrte sie haßerfüllt an. »Da kannst du deinen Arsch drauf verwetten. Zum ersten und wahrscheinlich letzten Mal in meinem Leben hab ich die Chance, meine eigene Kirche zu gründen. Da kann ich es nicht darauf ankommen lassen, daß die Leute erfahren, daß ich ein uneheliches Kind habe. Und du? Denkst du, du könntest weiter in dieser sündteuren Bude wohnen, wenn
Randle hört, was passiert ist? Der schmeißt dich schneller raus, als du Good bye sagen kannst.«
Sie dachte einen Augenblick nach. »Wir könnten ja heiraten.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich gehöre nicht zu den Typen, die heiraten. Außerdem paßt eine Ehe nicht in meine Pläne.« Er hielt das Glas hoch. »Ich könnte noch einen Drink brauchen.«
Schweigend führte sie ihn ins Wohnzimmer und wies auf die Bar, die sich in einem kleinen Alkoven befand. Er goß sich einen weiteren Scotch ein. »Ich nehme an, du bist hier in der Stadt viel zu bekannt. Deshalb dürfte es besser sein, du gehst nach Kalifornien. Da kennt dich keiner, und die Ärzte sind dort sicher nicht ganz so engstirnig.«
Sie setzte sich auf die
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