Der Seelenfänger
Morgen mit ihnen geredet«, sagte Beverly. »Es hat nichts genutzt. Sie sind überzeugt, daß du sie verraten hast. Nur Tarz will noch bleiben.«
Preacher dachte einen Augenblick nach. »Und was ist mit euch?«
»Wir bleiben«, sagte Joe. »Wir haben nichts gegen Geld und Champagner.«
»Denkst du etwa auch, ich mache das alles nur wegen dem Geld?«
»Oooch, eigentlich ist mir das ziemlich egal«, sagte Joe. »Du bist ein Prediger, und da mußt du auch predigen. Wie du das letztlich machst, ist mir ziemlich egal.«
»Und was denkst du, Beverly?«
Die Chinesin lächelte zögernd. »Ich habe mich schon vor langer Zeit entschlossen, dich auf deinem Weg zu begleiten. Du bist mir wichtig und nicht, was du tust. Außerdem sollte eine Buddhistin nicht darüber richten, wie ein Christ seine Religion ausübt.«
»Uns interessiert nur, ob du überhaupt willst, daß wir bleiben«, sagte Joe.
Preacher lächelte. »Das weißt du doch, Joe.«
Joe sah Beverly an. »Dann bleiben wir, Preacher.«
Preacher warf Beverly einen fragenden Blick zu. Sie nickte. »Gut«, sagte er. »Da bin ich sehr froh.«
»Wir werden die Schandflecken deiner Gemeinde sein«, sagte Joe. »Man wird dich drängen, auf uns zu verzichten.«
»Das schaffen die nicht«, sagte Preacher.
»Übrigens, weil hier so viel vom Heiraten geredet wird«, sagte Joe. »Hast du etwas dagegen, wenn Beverly und ich heiraten?«
»Und was ist mit deiner Frau und deinen Kindern in Carolina?«
«Richtig verheiratet waren wir eigentlich nie«, sagte Joe. »Außerdem hat sie inzwischen einen anderen Mann.«
Preacher lächelte. »Wenn das so ist, habe ich keine Bedenken.«
»Dann brauchen wir uns ja nur noch wechselseitig zu gratulieren«, grinste Joe.
Preacher seufzte. »Nein, jetzt noch nicht. Erst gehe ich noch mal zu den Mädchen hinüber und rede mit ihnen. Ich kann sie doch nicht einfach so gehen lassen nach all den Jahren.«
Vierzehntes Kapitel
Preacher war über den Platz zum Trailer der Mädchen gegangen und hatte leise geklopft. Eine gedämpfte Stimme kam durch die Tür. »Ja, wer ist da?«
»Ich bin es. Preacher.«
»Verschwinde, wir haben dir nichts mehr zu sagen.«
»Aber ich möchte euch etwas sagen.«
»Das interessiert uns nicht. Troll dich!«
Er rüttelte an der Klinke. Die Tür war verschlossen. »Macht auf«, verlangte er wütend.
»Nein.«
Er drückte die Klinke herunter und trat gleichzeitig mit seinem schweren Stiefel gegen das Schloß. Die Tür flog auf, und Preacher trat ein.
»Tut mir leid«, sagte er.
Die Mädchen standen bei ihren Schlafkojen. Überall lagen Kartons und offene Koffer herum. Ein leichter Marihuanageruch hing in der Luft. Preachers Blick wanderte langsam von einer zur anderen. »Okay«, sagte er. »Wer von euch hat den Joint?«
Trotzig schwiegen die Mädchen.
»Seid nicht so egoistisch«, sagte er. »Ich könnte auch ein paar Züge brauchen.«
Die Mädchen sahen sich an. Schließlich hielt ihm Melanie einen halbgerauchten Joint hin. Preacher nahm ihn und zündete ihn wieder an. Er setzte sich auf einen Stuhl, der neben der Tür stand, rauchte und nickte, ohne zu sprechen. Dann gab er dem Mädchen den Joint zurück.
Melanie nahm einen Zug und reichte Charlie den Joint. Charlie nahm einen Zug und ließ den Joint weiterwandern. Als er das letzte Mädchen erreicht hatte, war der Joint aufgeraucht. Niemand hatte etwas gesagt.
»Habt ihr noch einen?« fragte Preacher.
»Hast du deswegen die Tür eingetreten?« schnappte Charlie.
Preacher sah sie durchdringend an. »Nach allem, was du mir eben gesagt hast, wirst du wohl nichts anderes erwarten, oder doch?«
Charlie senkte den Blick und gab ihm keine Antwort.
Noch einmal ließ Preacher seinen Blick im Kreis herumgehen. Dann sagte er: »Zufällig bin ich aber nicht nur gekommen, um mit euch zu rauchen. Wir sind einfach zu lange zusammengewesen, wir haben zuviel zusammen erlebt, und ich liebe euch viel zu sehr, als daß ich es zulassen könnte, daß ihr einfach so weggeht.«
Wieder machte sich Charlie zur Sprecherin für alle. »Du brauchst uns doch gar nicht mehr. Du hast doch ganz andere Pläne.«
Preacher suchte ihren Blick. »Ich habe nichts vor, was ihr nicht mitmachen könntet. Ich verlasse euch nicht, ich brauche euch mehr als jemals zuvor.«
»Und warum hast du uns hier herumsitzen lassen, während du im ganzen Land herumgereist bist? Du hast überall deine Show abgezogen, und wir haben Däumchen gedreht. Und wenn du mal für ein oder zwei Tage hier
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