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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Verlust an Zuschauern schlägt sich bei den Kollekten erst im Januar oder Februar nieder.«
    »Und wie sieht es bei der Konkurrenz aus?«
    »Verloren haben die auch, aber längst nicht so viel«, sagte Lincoln.
    »Wahrscheinlich ist es die Rezession«, sagte Preacher. »Die Leute haben andere Sorgen.«
    »Ich fürchte, nein«, sagte Lincoln. »Wir haben die A.R.I.-Media-Forschung in Hollywood eine Analyse der letzten Programme durchführen lassen. Sie sagen, daß sich die Zuschauer gelangweilt haben. Wir müssen unsere Show etwas aufmöbeln.«
    Preacher schwieg.
    »Das ist doch nicht schlimm«, sagte Lincoln. »Das machen doch alle. Haben Sie die Weihnachtsprogramme gesehen? Oral Roberts hatte die Lennon Sisters und die Krofft Puppets. Und als er wie Fred Astaire die Himmelsleiter herunterkam mit zwei
    Dutzend halbnackter Engel in wallenden Kleidern, das war doch echt Spitze. Jim und Tammy Bakker hatten einen Haufen prominenter Gäste in ihrer Heiligabend-Show In der Familie. Robert Shuller soll für sein Krippenspiel in der Crystal Cathedral eine Million verpulvert haben. Der Regisseur macht sonst die Mammutshows in der Radio City Music Hall in New York.«
    Preacher lächelte. »Ich fürchte, dann sind wir erledigt. Singen und tanzen werde ich nicht mehr lernen.«
    »Ich meine das ernst, Reverend. Wir müssen was unternehmen.«
    »Ich bin ja ganz Ihrer Meinung«, erwiderte Preacher. »Aber was sollen wir tun? Ich bin doch kein Conférencier, und als Interviewer bin ich nicht gut genug, um mit Pat Robertsons Talkshow mithalten zu können. Zu Wunderheilungen vor der Kamera, wie sie Ernest Angley den Zuschauern vorführt, habe ich auch kein Talent. Ich kann den Leuten nicht mal imaginäre Grundstücke im Himmel von Liberty Mountain verkaufen wie Jerry Falwell. Alles, was ich kann, ist, den Leuten von meinem Glauben an Gott zu berichten.«
    »Wir haben keinen Grund, die Köpfe hängen zu lassen«, erklärte Lincoln. »Bis jetzt hat das ja sehr gute Erfolge gezeitigt. Aber auch die besten Fernseh-Shows verlieren nach vier Jahren an Anziehungskraft. Wer sich ein bißchen auskennt, der weiß, daß vier Jahre sehr gut sind. Aber jetzt wird es Zeit, das Konzept zu ändern, sonst haben wir bald überhaupt keine Zuschauer mehr.«
    »Haben Sie irgendwelche konkreten Vorschläge?« fragte Preacher.
    »Ich denke noch darüber nach. Aber diese Ideen sind noch nicht spruchreif.«
    »Ich wüßte schon was«, sagte Preacher. »Erinnern Sie sich noch an diese alte Show Route Sixty-Six, wo diese beiden Typen in einem Sportwagen durchs ganze Land fuhren und in jeder Stadt irgendein Abenteuer erlebten?«
    Lincoln nickte.
    »Wir könnten doch diese Show für uns umfunktionieren. Wir lassen wieder zwei Männer herumfahren, bloß sind ihre Namen diesmal Jesus und Petrus. Statt eines Sportwagens kriegen sie einen zerbeulten alten Lieferwagen, und ihr Auftrag besteht darin, in jeder Stadt den übelsten Schurken und Sünder zu finden und zum Herrn zu bekehren.«
    Lincoln starrte ihn ungläubig an. »Sie nehmen die Sache nicht ernst genug, Reverend. Ich schätze Sie sehr, weil Sie alle Heuchelei ablehnen. Aber ich möchte Sie warnen. Die drei Pharisäer im Vorstand warten bloß darauf, daß es irgendwo Schwierigkeiten gibt. Wenn sie einen Ansatzpunkt für Kritik finden, fallen sie über Sie her wie hungrige Wölfe und zerreißen Sie in der Luft.«
    Preacher dachte einen Augenblick nach. Plötzlich begriff er, warum Lincoln gekommen war. »Vielen Dank, Marcus, daß Sie mich gewarnt haben. Ich werde die Sache im Auge behalten. Denken Sie weiter darüber nach, was wir tun könnten. Ich werde sehen, ob mir vielleicht etwas einfällt.«
    Lincoln stand auf. »Einstweilen kann ich Ihnen nur raten, Ihre Predigten etwas dramatischer zu gestalten. Mit dem Teufel, mit Hölle und Schwefel lassen sich die Leute noch immer zur Buße bekehren.«
    »Ich werde es versuchen, Marcus. Auf jeden Fall vielen Dank noch einmal.«
    Als der Fernsehmanager gegangen war, wandte sich Preacher an Beverly. »Was meinst du?«
    »Einiges von dem, was er sagt, ist sicher nicht falsch«, sagte sie. »Aber mir ist auch bewußt, daß er immer für Randle gearbeitet hat. Vielleicht sollte er dir einen Warnungsschuß vor den Bug setzen, damit du wieder besser parierst.«
    Preacher nickte. »Könnte sein. Aber wenn Randle und seine Leute Streit suchen, kann ich nichts machen. Ich muß einfach abwarten und sehen, was kommt.«
    Beverly wollte aufstehen, aber Preacher hielt sie zurück.

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