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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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wie ein kalter Guss.
    „Katharina! Es geht Euch also gut. Dem Himmel sei Dank! Aber was ist mit Bertram? Er hatte einen Unfall?“
    Die Andeutung eines enttäuschten Lächelns huschte über ihr Gesicht.
    „Ja, es hat ihn am Bein erwischt. Aber macht Euch keine Sorgen, es geht ihm gut. Er ist bereits wieder dabei, übermütig zu werden. Seht selbst!“ Sie wandte sich um und ging den Gang zurück zu Bert-rams Krankenzimmer. Sie öffnete die Tür und hieß ihn einzutreten.
    Er wunderte sich, denn der Raum, den er betrat, war einer von denen, die man im Infirmarium für höherstehende Gäste reservierte und die nur über ein Bett verfügten. Sicher hatte die Klingfurtherin höchstpersönlich dafür gesorgt, dass Bertram einen dieser Räume bekam.
    Wolf erblickte den Jungen auf dem Bett ruhend. Das rechte Bein sachkundig umwickelt und auf einem Kissen ausgestreckt, las er gerade in einem mächtigen Folianten, der aufgeschlagen auf seinen Knien lag.
    Jetzt erst bemerkte Bertram seinen Besucher.
    „Wolf!“, rief er überrascht aus. „Ihr hier?“ Ein Leuchten trat in seine Augen. – „Es ist nichts Schlimmes, wirklich nicht“, fuhr er grinsend fort, als er den bangen Blick bemerkte, mit dem der väterliche Freund sein Bein musterte.
    Wolf trat an das Lager heran. „Ich freue mich, dich zu sehen, Bertram. Vor allem bin ich froh, dass es dir trotz allem gut geht“, sagte er herzlich. Er setzte sich auf die Bettkante und legte den Arm um die Schultern des Jungen.
    „Was ist eigentlich passiert? Und wann?“, fragte er ruhig.
    „Es war am vergangenen Samstag. Und es muss ein Unfall gewesen sein. Er wollte mich bestimmt nicht treffen“, antwortete Bertram und sah Wolf mit großen Augen an.
    „Er wollte dich nicht treffen? Wer um alles in der Welt wollte dich nicht treffen?“
    „Nun, der, der mich in den Oberschenkel schoss. Wahrscheinlich ein Wilderer. Wohl um nicht erwischt zu werden, verschwand er ganz schnell, ohne sich weiter um den Fehlschuss zu kümmern. Auch Katharina meint, dass es so gewesen sein muss.“
    Wolf merkte, wie es ihm kalt den Rücken hinablief. Doch er ließ sich nichts anmerken und versuchte, eine gleichmütige Miene aufzusetzen.
    „Aha. Ein Wilderer hat also auf dich geschossen“, meinte er, sah aber fragend zu Katharina hinüber. Sie hatte sich inzwischen auf einem Stuhl niedergelassen, der in der Nähe des Fensters stand.
    „Meinst du nicht, dass du Wolf die ganze Sache von Anfang an schildern solltest?“, wandte sie sich an Bertram.
    „Wenn Ihr meint. Also: Am vergangenen Samstag wollte ich mit Katharina einen Jagdausflug unternehmen, und da …“
    „… einen Jagdausflug?“, unterbrach ihn Wolf verwundert.
    Katharina schaltete sich ein. „Ja, Wolf. Wir beide waren übereingekommen, uns ein wenig die Zeit zu vertreiben. Ich hatte Bruder Vitus gebeten, Bertram nach dem Nachmittagsunterricht frei zu geben. Bruder Basilius, der Cellerar, erlaubte uns, Kleingetier und Vögel zu jagen. Das Erlegte sollten wir in der Klosterküche abliefern. Wir ritten also nach Hall hinüber. Ihr kennt die Wälder, die hinter dem Ort liegen. Dort geschah es, nicht wahr, Bertram?“
    Der Junge nickte. „Ja. Wir befanden uns noch ziemlich am Rand des Waldes, als es geschah. – Katharina und ich waren vom Pferd gestiegen, um eine Spur zu untersuchen. – Wir waren gerade damit fertig und saßen wieder im Sattel, als wir ein Geräusch im Unterholz hörten und kurz darauf auch den Grund dafür sahen. Es war eine Wildsau. Sie fegte direkt an uns vorüber und verschwand im Dickicht. – Plötzlich verspürte ich einen heißen Schlag im rechten Oberschenkel. Es tat höllisch weh, ich schrie auf – obwohl ich nicht wehleidig bin, Ihr wisst es, Wolf –, und dann bemerkte ich, dass das Bein blutete. Und vor mir im Sattel steckte der Bolzen einer Armbrust. Zum Glück hatte er das Bein nur gestreift. Auch Katharina hatte es mitbekommen. – Sie schrie: Schnell, raus aus dem Wald!, und gab meinem Braunen eins über, sodass er sofort davonpreschte. – Wir ritten wie der Teufel. – Ich vorneweg und Katharina hinter mir drein. – Sie rief mir zu, ich solle nicht auf dem Weg reiten, sondern über die Wiesen rechts des Weges. Und ich solle Haken schlagen und die Deckung der Büsche suchen, die dort stehen. – Nun ja, dann kamen wir bei einigen Bauern an, die mit der Ernte beschäftigt waren. – Dort glaubten wir, in Sicherheit zu sein. – Wir hielten an, und Katharina untersuchte mein Bein; sie meinte, es

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