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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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zunächst sowohl entsetzt als auch erstaunt gefolgt. Doch rasch war sie sich darüber klar geworden, dass die neu gewonnenen Erkenntnisse einen enormen Schritt nach vorn darstellten und dem Albtraum, der seit Wochen auf Admont und Gallenstein lastete, ein baldiges Ende bereiten konnten.
    „Nun denn, Gott befohlen! Lasst uns aufbrechen!“
    Der Befehl des Priors hallte über den Hof. Soeben war er aus Richtung der Ställe auf einem Rappen herangeprescht gekommen.
    Zügig setzte sich die Schar in Bewegung. Vier der Waffenknechte ritten vorneweg. Ihnen folgten der Prior, der Graf und Niklas Schinopl sowie Wolf und Katharina; die Nachhut bildeten die rest-lichen fünf Soldaten des Saurauers. In Sankt Gallen würde sich ihnen noch Arnim von Hallstatt anschließen. Und nachdem sie den Weg über Altenmarkt, Weyer und Großraming nahmen, konnten sie erwarten, morgen Nachmittag in Steyr einzutreffen.
    Tief verbeugte er sich.
    Soeben passierte die Schar das obere Tor, wobei einer der Reiter ganz nahe an ihm vorbeigaloppierte – Staub wirbelte ihm ins Gesicht. Er rieb sich die brennenden Augen und blickte auf – Katharina von Klingfurth. Sie sah zu ihm hinunter, und für den Bruchteil einer Sekunde kreuzten sich ihre Blicke – dann war sie auch schon vorübergeprescht.
    Er sah den Reitern nach, bis sie hinter einer Wegbiegung verschwunden waren. Dann wandte er sich um und ging mit federnden Schritten zum Werkhaus hinüber, in dem sich sein Arbeitsplatz befand. Seit zwei Wochen erst verrichtete er dort als Bruder des Gehorsams seinen Dienst. Plötzlich blieb er stehen. Er erblickte eine Schar Zöglinge der äußeren Schule. Soeben waren die Knaben aus einem rundbogenförmigen Durchgang, der sich neben dem Getreidekasten befand, in den Hof getreten. Bruder Vitus und der Novize Remigius, der ihm hin und wieder als Gehilfe zugeteilt war, begleiteten die Gruppe.
    Als er den hellblonden Schopf Bertrams wahrnahm, der seine Kameraden um fast Haupteslänge überragte und inmitten der Schar marschierte, begann auf einmal Wut seine Miene zu verzerren.
    Er dachte an jenen Tag vor einer Woche.
    An dem er einen großen Fehler begangen hatte.
    Den Fehler, das edle Fräulein, das bei dem Jungen gewesen war, zu unterschätzen.
    Ein zweites Mal, so schwor er sich, würde ihm das nicht passieren.
    Die Gruppe verschwand in dem Trakt, der das Refektorium für die Schüler barg. Die sechste Stunde hatte begonnen, das Mittagsmahl stand an.
    Zügig schritt er weiter, und seine Wut wich einem Lächeln. Einem kalten, grausamen Lächeln, das seine Augen zu schmalen Schlitzen verengte und ihm das Aussehen einer Raubkatze verlieh.
    Bald, sehr bald würde sich eine neue Gelegenheit ergeben.
    Vielleicht musste er bis dahin noch ein wenig warten.
    Doch das spielte keine Rolle.
    Schließlich war er zäh und ausdauernd.
    Und schließlich nannte man ihn dort, wo er herkam, nicht umsonst den „Luchs“.

23
    Dass die Stadt, deren Mauern sie sich an diesem Montagnachmittag näherten, reich und mächtig war, wusste Katharina bereits aus vielen Schilderungen ihres Vaters. Natürlich gab es auch in ihr von plumpen Holzhäusern gesäumte enge, dunkle Gassen, in denen Schweine und Hunde herumstreunten und es erbärmlich nach Unrat und Kot stank. Doch als die Reisegesellschaft um die Non herum zum Marktplatz Steyrs vorstieß und Katharina der mächtigen Häuser aus Stein ansichtig wurde, deren prachtvoll ausgestattete Fassaden in der Nachmittagssonne glänzten, wusste sie, dass ihr Vater keineswegs übertrieben hatte.
    Auch das Haus Jakob von Schmelzers zählte zu den Bauten, die zu jener Pracht beitrugen. Ein zweiflügeliges Tor, das sich zum Marktplatz hin öffnete, wachte über eine breite Einfahrt, durch die man in einen geräumigen Innenhof gelangte, der von weiteren Gebäuden umgeben war. Dabei handelte es sich um Lagerhäuser und Kontore; Umschlag-, Lager- und Verwaltungsstätten für die mannigfaltigen Waren, mit denen das Haus Schmelzer handelte.
    Geschäftiges Lärmen schallte den Admontern entgegen, als sie im Schritt durch die mächtige Toreinfahrt des Schmelzer’schen Anwesens ritten und dabei nah an einem der Eingänge des gewaltigen Lagerhauses vorbeikamen, das zusammen mit anderen Baulichkeiten das Viereck des Hofes säumte.
    „Müsst ihr unbedingt hier ratschen und den Eingang versperren, ihr dämlichen Gänse? Schert euch weg. Oder glaubt ihr, dass es ein Vergnügen is’, die verdammte Ware an euren fetten Hintern vorbei ins Lager zu

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