Der Seelenhändler
deutlichen Bruch der Umgangsformen darstellte, sichtlich überrascht.
Jakob von Schmelzer, der dies sehr wohl bemerkte, bemühte sich, mit dem Anflug eines Lächelns die peinliche Situation zu überspielen.
„Nun, ich denke, es ist jetzt wirklich höchste Zeit für einen Willkommenstrunk, bevor wir mit unserer …“ – wieder stockte er, strich sich verlegen den Bart und gab ein singendes Räuspern von sich – „bevor wir mit unserer Besprechung beginnen“, vollendete er schließlich den Satz. „Wenn ich die Herrschaften nunmehr bitten dürfte, Platz zu nehmen.“ Mit einer einladenden Geste wies er auf die Stühle.
Während sich die Gesellschaft zu Tisch begab, versuchte Schmelzer mit einigen weiteren belanglosen Sätzen die Atmosphäre zu entspannen, was ihm jedoch nicht so recht gelingen wollte.
Natürlich hatten auch die anderen Anwesenden die wie ein drohendes Gewitter heraufziehende Missstimmung wahrgenommen. Betretenes Schweigen machte sich breit, als man nun daranging, Platz zu nehmen.
Jakob von Schmelzer hatte sich an einer der Stirnseiten des Tisches niedergelassen. Als auch das letzte Geräusch rückender Stühle abgeklungen war, erhob er sich und klatschte dreimal in die Hände.
Gleich darauf betraten fünf hübsche, gut gekleidete Mägde den Saal, um den angekündigten Willkommenstrunk zu reichen. Drei von ihnen trugen Tabletts aus poliertem Silber, auf denen sich Po-kale aus Glas reihten, verziert mit bunten Noppen und filigranem silbernen Rankenwerk; die beiden anderen gläserne Karaffen, in denen es dunkelrot funkelte. Dass es ein kostbarer Tropfen sein musste, der da serviert wurde, dazu bedurfte es keiner besonderen prophetischen Gabe.
Von Schmelzer stand noch immer. Er schickte sich an, eine kurze Rede zu halten. Doch bevor er sich abermals an seine Gäste wandte, strich er sich vorbereitend ein weiteres Mal den Bart und gab jenes singende Räuspern von sich, das für ihn so typisch war.
„Gestattet mir, zunächst meinen Dank für Euer Kommen auszudrücken, edle Herren … äh … edle Dame“, begann er, wobei er insbesondere dem Venezianer und der Klingfurtherin zunickte. „Ich denke, es ist besonders im Sinne der Herrschaften zu Admont und zu Gallenstein, dass ich mich insbesondere bei Signor Giacomo Polo bedanke, der die äußerst unangenehme Aufgabe auf sich genommen hat, in dieser schrecklichen Angelegenheit die weite Reise von Venedig bis zu uns anzutreten … Möge die heutige Zusammenkunft dazu beitragen, das Problem zu lösen … und möge Gott uns einen guten Rat an die Hand geben, wie wir die Geiseln befreien können … Signor Polo … wird uns seine Vorstellungen diesbezüglich darlegen. – In diesem Sinne, lasst uns das Glas erheben und auf ein glückliches Gelingen anstoßen!“, beendete von Schmelzer seine Rede, die ihm sichtlich schwergefallen war. Mit dem Handrücken wischte er sich einige Schweißperlen von der Stirn und hob den Pokal.
Die Gäste taten es ihm gleich. Bis auf einen – Giacomo Polo. Mit nach wie vor düster-arroganter Mine saß er da und starrte vor sich hin. Während alle Anwesenden ihren Becher zum Mund führten, verzichtete er darauf, den seinen auch nur anzurühren – was erneut eine ungeheure Brüskierung darstellte.
Hatte sich bereits betretenes Schweigen breitgemacht, als man am Tisch Platz zu nehmen begann, schien die Verlegenheit nunmehr ins Unendliche zu wachsen – was sich der Venezianer herausnahm, war ungeheuerlich!
„Der Kerl muss verrückt sein“, zischte der Saurauer Wolf zu, der zu seiner Linken saß. „Bei allem Verständnis für seine Lage – was glaubt er eigentlich, wer er ist?“ Mit einer heftigen Geste knallte er den Pokal auf den Tisch, so heftig, dass der kostbare Inhalt überschwappte und sich ein roter Fleck auf dem leinenen Tischtuch auszubreiten begann.
„Ja, ich stimme Euch zu, ein arroganter Hund! Dennoch gilt es, die Ruhe zu bewahren“, antwortete Wolf leise.
In diesem Augenblick erhob sich Metschacher. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, auf seinen Wangen begannen sich rote Flecken zu zeigen. Wer ihn kannte, wusste, dass dies ein Zeichen dafür war, dass heißer Zorn in ihm aufzusteigen begann.
„Sehr verehrter Signor Polo“, wandte er sich an den überheblichen Venezianer. „Ich schließe mich durchaus den Worten Herrn von Schmelzers an. Auch ich danke Euch, dass Ihr den langen Weg bis hierher zu uns in Kauf genommen habt, um Eure zugegebenermaßen äußerst schwierige Mission zu
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