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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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stand die Tür der Höhle, die sich zum Hohlweg hin öffnete, weit auf, sodass Tageslicht hereinfiel. Dies bedeutete aber auch, dass sich dort zurzeit jemand aufhalten konnte. Sofort trat er die Fackel aus, um seine Anwesenheit nicht durch den durch die Ritzen dringenden Qualm zu verraten. An einer Stelle, wo sich die Felsdecke um etwa eine Hand breit hob und dadurch einen natürlichen Absatz bildete, befand sich ein ungefähr zwei Finger breiter Spalt, der einen beschränkten Blick in das Innere der Höhle gestattete. Vorsichtig blickte er hindurch – um sofort erschrocken zurückzufahren. Er hatte die Füße eines am Tisch sitzenden Mannes erblickt. Unruhig biss er sich auf die Lippen und dachte nach. Dann näherte er seine Augen erneut dem Spalt. Den Atem anhaltend, versuchte er weitere Einzelheiten zu erkennen, was ihm mit einiger Mühe auch gelang. Trotz des beschränkten Blickfeldes erkannte er, dass die Tür tatsächlich weit offen stand und der Mann, der am Tisch saß, unzweifelhaft einer der Soldaten war. Er wirkte groß und hager; die Scheide seines Kurzschwertes baumelte ihm von der Hüfte und warf einen langen Schatten auf den Boden. Plötzlich verdunkelte sich der Eingang und ein weiterer Mann betrat die Höhle. Er war klein und beleibt.
    „Na endlich“, ließ sich der, der am Tisch saß, vernehmen. „Hast du den Wein?“
    „Aber ja doch. Und zwei Becher dazu“, antwortete der andere und setzte sich ebenfalls an den Tisch. Das glucksende Geräusch, das gleich darauf folgte, verriet, dass die beiden Becher gefüllt wurden, während ein unmittelbar darauf folgendes lautes Rülpsen wohl so etwas wie Anerkennung ausdrücken sollte.
    „Hm, nicht schlecht“, bemerkte der kleine Dicke, der den Wein gebracht hatte, zufrieden.
    „Ja, mal was anderes als immer nur Bier“, ergänzte der andere und rülpste ebenfalls.
    „So halten wir’s in diesem verdammten Felsennest noch ’ne ganze Weile aus, meinst du nich’ auch?“
    „Du sagst es. Um die Weinfässer leer zu saufen, die hier rumstehen, würden wir wohl länger als die fünf Tage brauchen, die wir hier oben ausharren müssen.“
    Die Männer lachten.
    „Übrigens … glaubst du etwa daran, dass uns dieser verdammte Prior in der Zeit, wo wir hier Wache schieben, über den Weg laufen wird?“, fragte der, der den Wein gebracht hatte.
    „Was weiß ich. Wir sollen auf jeden Fall Augen und Ohren offen halten, hat uns der Graf eingebläut“, erwiderte der andere.
    Eine längere Pause entstand, während der die beiden Männer einen weiteren Becher leerten.
    „Er hat uns ganz schön an der Nase herumgeführt“, begann der Hagere das Gespräch unvermittelt fortzuführen.
    „Wer?“, fragte der Dicke.
    „Na, dieser rote Teufel. Denk mal dran, wie er in der vergangenen Nacht, als wir ihn fassen wollten, plötzlich verschwunden ist! Auf einmal war er weg – als hätte er sich in Luft aufgelöst.“
    „Ach, den meinst du. Aber daran war eigentlich der Hallstatter schuld. Der hat die Sache verpatzt. Der Klausner war ganz schön sauer. Interessieren würd mich’s allerdings schon, wohin der Halunke verschwunden is’.“
    „Da gibt’s Tausend Möglichkeiten. Sieh dir doch dieses verdammte Plateau an. Überall, wohin du siehst: Winkel, Nischen, Höhlen. Und Bäume und dichtes Buschwerk, das die Steilwände hinaufwächst. Ich sag dir, wir fangen unten an zu suchen, und er sieht uns von oben aus zu und lacht sich einen ab. Und wenn wir schließlich oben angelangt sind, is’ er wieder in einer dieser unterirdischen Höhlen und Gänge abgetaucht. Den kriegen wir nicht zu fassen – in hundert Jahren nich’!“
    „Da hast du wohl Recht. Und weil kein Mensch weiß, wer er ist, kann man nich’ mal nach ihm suchen. Der bleibt für immer verschwunden.“
    „Eben, sag ich’s doch. Is’ schon irgendwie unheimlich. Stell dir vor, da gibt’s einen, der immer nur maskiert auftaucht, und außer einem weiß keiner, wer er ist. Und gerade der eine, von dem man’s erfahren könnte, wird auf einmal wahnsinnig und stürzt sich in den Tod. Einfach so. Gibt dem Fendrich eins vor den Latz, schreit, lacht wie ein Irrer, rennt zum Abgrund und springt. Und das noch, bevor man an ihn dazu bringen kann, den Mund aufzumachen. Verrückt, sag ich dir, einfach verrückt! Manchmal frag ich mich, ob das alles noch mit rechten Dingen zugeht. Oder ob da nich’ der Gottseibeiuns höchstpersönlich die Finger im Spiel hat.“
    „Ja, man könnt’ es fast meinen. Verdammt

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