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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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hatte Wolf angeordnet, die Fackeln zu entzünden.
    Bereits am Abend zuvor hatten sie, von Süden kommend, die erste Etappe ihres Ziels erreicht gehabt: ein kleines, an der Passstraße gelegenes Waldstück. Dort hatten sie eine Mütze voll Schlaf genommen, bevor sie dann vor etwa einer Stunde wieder weiter in Richtung der Ruine gezogen waren.
    Dass sie schon so zeitig aufgebrochen waren, hatte seinen guten Grund: Wolf hielt es für ratsam, ihr Ziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erreichen, damit möglichst noch niemand auf dem Pass unterwegs war und mitbekommen konnte, dass ihr kleiner Trupp, bestehend aus sieben Reitern, den einsamen Pfad zur Ruine eingeschlagen hatte.
    „Bist du sicher, dass der Schurke nicht doch mit einer größeren Eskorte auftauchen wird?“, fragte Katharina, die neben Wolf einherritt.
    Er schüttelte den Kopf. „Nein. Das würde zu großes Aufsehen erregen. Er muss darauf achten, so unauffällig wie möglich zu reisen. Außerdem, je weniger Männer er dabeihat, desto verschwiegener kann er sein Vorhaben durchführen und desto schneller kann er im
    Fall von Gefahr reagieren.“
    „Dein Wort in Gottes Ohr, Liebster“, seufzte sie leise.
    Wolf betrachtete ihr zartes Profil von der Seite. Erneut wurde ihm bewusst, wie sehr er diese Frau liebte. So sehr, dass er sein bisher gewohntes Leben einer einschneidenden Zäsur zu unterwerfen bereit war: Er hatte beschlossen, seine Zukunft in den Dienst der ihrigen zu stellen.
    In Gedanken rekapitulierte er die Ereignisse des Tages, an dem dieser Entschluss feste Gestalt in ihm gewonnen hatte – es war am vergangenen Freitag gewesen.
    Wieder einmal hatten sie zu vorgerückter Stunde ihren Lieblingshügel weit vor den Toren des Klosters erklommen und sich ihrer Leidenschaft und Zärtlichkeit hingegeben. Dabei hatten sie sich auch ausführlich über ihre Zukunft unterhalten. Auf Drängen Wolfs hatte Katharina nach anfänglichem Zögern schließlich einer Entscheidung zugestimmt, die nicht nur ihrer beider Leben, sondern auch dem Bertrams eine völlig neue Richtung geben würde: Sie waren übereingekommen, zusammen mit dem Jungen nach Salerno zu gehen, um Katharina ein Medizinstudium an der dortigen Universität zu ermöglichen.
    Wolf war davon überzeugt, sich in Salerno ein neues Tätigkeitsfeld erschließen zu können. Und Bertram würden sie ohne Schwierigkeit an einer dort ansässigen Schule unterbringen – jetzt, nachdem klar war, dass er nicht nach Rieden gehen, sondern unter allen Umständen bei ihnen bleiben würde.
    Unwillkürlich erinnerte sich Wolf an die Reaktion des Jungen, als sie ihm in Gegenwart von Prior Metschacher und Stiftsrichter Teuschner seine wahre Herkunft offenbart hatten.
    Überraschend gleichgültig und unbeeindruckt hatte er darauf reagiert und damit die erstaunten Blicke aller auf sich gezogen. Mit einer eigenartigen Distanz hatte er den Inhalt von Wiltruds Brief zur Kenntnis genommen. Teilnahmslos, fast ohne jegliche Regung. Auch beim Öffnen der tönernen Köcher war er zugegen gewesen. Die darin befindlichen Dokumente bezeugten über jeden Zweifel erhaben seine eigentliche Identität und damit auch seinen rechtmäßigen Anspruch auf das Erbe derer von Rieden. Doch auch bei dieser Gelegenheit hatte er einen fast unnatürlichen Gleichmut an den Tag gelegt. Kein Wort war ihm zu entlocken gewesen. Und so konnte sich Wolf des Eindrucks nicht erwehren, dass Bertram das Ausmaß dessen, was ihm da enthüllt worden war, nicht begreifen wollte , geschweige denn nachzuvollziehen bereit war, was dies in Konsequenz für ihn bedeutete.
    Erst Stunden später sollte sich dies ändern. Und zwar, als Wolf und Katharina zwischen Sext und Non noch einmal mit ihm über seine Zukunft sprechen wollten – und damit auch über seine Rolle als künftiger Graf von Rieden.
    Da waren seine wahren Empfindungen endlich durchgebrochen.
    Er denke nicht daran, dieses vermaledeite Erbe anzutreten, hatte er heftig hervorgestoßen und zornig mit dem Fuß gestampft!
    Er sei nie ein Graf gewesen, und er wolle auch nie einer sein! Arnulf und Agnes betrachte er als seine Eltern und sonst niemanden!
    Und ob Wolf ihn auf einmal los sein wolle, hatte er hinzugefügt
    – und war mit Tränen in den Augen plötzlich auf und davon gestürzt.
    Zwar war er kurze Zeit später wieder mit rotgeränderten Augen aufgetaucht und hatte sich für sein Verhalten entschuldigt, aber im gleichen Atemzug noch einmal bekräftigt, der bleiben zu wollen, der er war. Wenngleich er

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