Der Seelenhändler
sondern brachte auch endlich die Wahrheit ans Licht.
Die Wahrheit um die Identität Bertrams und seines Todfeindes, des „Ebers“ von Rieden.
Libe Schwester,
verzweivelt und foller Furrcht schreibe ich dir dise Zeilen. Wie gut, dass du und ich schreiben und lehsen gelernt hast, damals bei unserer Tante, die wo eine Nonne im Kloster ist. Ich hab grose Angtst und meine Herrin auch. Sie ist die Frau von Hanno von Rie den und soll ein Knäblein töten. Das Knäblein ist der Son vom Graf Gunter von Rieden, der aber schon tot ist. Er starb ein par Taage vor die Gepurt seines Sones. Auch Gräfin Gisela von Rieden, die wo seine Frau war, ist tot. Sie starb bei die Gepurt des Knäbleins. Und nun will, was Gott verhindern soll, Hanno von Rieden, der nur der Halbbruder des verstorbenen Grafen ist, und der nur sein Verwalter war und dem gar nichts gehört, alles an sich reissen. Dazu muss er aber das Knäblein umbringen, denn das ist der reechtmäsige Erbe. Es wurde auf den Namen Bertram von Rieden getauft und ist erst ein paar Wochen alt. Herr Hanno hat seiner Frau, die ja meine Herrin ist, befohlen das Kind heimlich zu töten. Sie hat ihrem Mann aber gesagt, dass sie das nicht will und da hat er sie geschlagen, und gesagt, dass er sie noch mehr schlägt, wenn sie nicht gehorcht. Meine Herrin ist selbst schwer krank und wird bald sterben. Aber das Kind will sie unbedingt retten. Darum hat sie beschlosen, dass sie nur so tut, als ob sie das Kind wird töten lassen. Aber sie hat mich gefragt ob ich ihr dabei helfe, das Kind wegzubringen, dass es niemand merkt. Ich habe ja gesagt. Der Kleine ist so süs und unschuldig und ist auch so arm dran, weil er keine richtigen Eltern mehr hat und weil man ihm ans Leben wil. Ich hab eine Freundin und die ist eine Fahrende. Sie heißt Mersedes und tanzt in einer Trupe. Und sie will auch mithelfen, das Knäblein retten. Ich habe ihr das Knäblein gebracht und sie gebittet, das sie es dir bringt. Sie hat Geld dafür gekriegt. Sie hat Gepäck dabei, dass sie dir auch gibt. In dem kleinen Paket ist Schmuck und Geld eingewickelt. Das soll dir und Arnulf gehören, wenn ihr den Kleinen nehmen tut. Ales andere soll dem Kind gehören. Auch da sind wehrtvole Sachen drin. Auserdem sind zwei Rollen dabei, in der Perkamente stecken. Es sind Dokumentte, die wo wichtig sind, weil sie die Abstamung von dem kleinen Bertram beweisen und die sind so versigelt, dass kein Wasser rankomen kann. Wenn er einmal älter ist, sollt ihr ihm die Dokumentte zeigen und ihm sagen, wer er ist. Vileicht kan er dann ja trozdehm noch sein Erbe krigen wenn er will. Damit du und Arnulf sicher sein könt, dass ihr auch das richtige Knäblein habt, das euch Mersedes bringt, nenne ich euch ein Erkennungsmerkmahl. Der Kleine ist blond und hat ein Feuermahl unter der rechten Zehe. Um Christi willen, nehmt das Kind auf und sorgt für es. Ich weiß ja libe Agnes, dass du gern ein Kind haben wilst, aber es hat bei euch nie geklapt. Jetzt habt ihr eins und noch ein schönes dazu.
Der Herr sekne euch.
In ein par Jahren will ich einmal zu euch komen.
Deine Schwester Wiltrud
Rieden, im Julei, im Jahr des Herrn 1370.
Langsam ließ Katharina die Hand mit dem Brief sinken. Ihr Blick verriet gleichermaßen Verstehen und Empörung und verband sich mit dem Wolfs, in dem Zorn, Schmerz und Zärtlichkeit zu liegen schienen.
„Nun wissen wir’s also“, sagte sie leise zu ihm.
Er nickte. „Ja, nun wissen wir’s“, stimmte er ihr mit spröder Stimme zu.
„Wann werden wir es Bertram sagen?“, fragte sie.
„So bald wie möglich. Die Zeit ist reif. Jetzt, wo wir alles über seine Herkunft erfahren haben, haben wir kein Recht, ihm dieses Wissen länger vorzuenthalten.“
„Der arme Junge. Wie er wohl damit umgehen wird?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Einerseits wird es ein Schock für ihn sein. Andererseits dürfte er durch all das, was in den letzten Wochen geschehen ist, schon ein wenig darauf vorbereitet sein.“
„Ja, ich denke auch, dass es so sein wird. Wann wollen wir uns die Tonköcher vornehmen, in denen die Dokumente stecken?“
„Ich denke, es macht Sinn, ins Stift zurückzukehren und sie in Gegenwart Bertrams und einiger Zeugen zu öffnen, die dieses dann auch schriftlich bestätigen. Der Prior und der Stiftsrichter sollten auf jeden Fall zugegen sein. Und vielleicht noch ein paar andere. Ihnen sollten wir auch den Brief Wiltruds zeigen“, schlug Wolf vor.
„Eine gute Idee“, stimmte
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