Der Seelenhändler
diesmal seinen Entschluss in aller Ruhe vorzutragen suchte – die Verzweiflung in seiner Stimme vermochte er nicht zu unterdrücken. Tatsächlich stellte sich im weiteren Verlauf des Gesprächs heraus, dass er allen Ernstes glaubte, dass Wolf sich des Versprechens, sich um ihn zu kümmern, entledigen wollte – jetzt, da offensichtlich war, was sich zwischen ihm und Katharina anbahnte! Furcht davor, plötzlich ohne den väterlichen Freund zurechtkommen zu müssen und dessen Zuneigung zu verlieren, stand in den Augen des Jungen.
Wolf hatte ihm daraufhin den Arm um die Schulter gelegt und ihm klargemacht, dass seine Sorgen unbegründet seien. Niemand würde ihn zwingen, in eine Rolle zu schlüpfen, die er nicht übernehmen wolle. Allerdings müsse er sich darüber im Klaren sein, dass, wenn er einmal auf das Erbe verzichtet habe, dieses unwiederbringlich für ihn verloren war.
Prior Metschacher war es, der, als er von dem Entschluss des Jungen erfuhr, eine Kompromisslösung vorschlug. Sei der Anspruch Bertrams erst einmal erfolgreich durchgesetzt, könne er seinen Besitz ja dem Kloster zu Admont überschreiben; natürlich gegen eine ordentliche jährliche Leibrente. So brauche er sich um nichts zu kümmern, sei materiell abgesichert und könne ein Leben führen, wie es ihm behage. Ein spöttisches Lächeln war um Wolfs Mundwinkel gezuckt, als Metschacher den Vorschlag unterbreitet hatte. Es war immer das Gleiche. Sobald der Prior auch nur den Anflug einer Möglichkeit witterte, dem Stift weitere Reichtümer einzuverleiben, suchte er auch schon nach geeigneten Maßnahmen, um diese Möglichkeit in die Realität überführen zu können. Ungeachtet dessen musste Wolf zugeben, dass der Vorschlag Metschachers Bertrams Problem äußerst elegant und vor allem im Sinne des Jungen zu lösen imstande war.
Und so war denn letztendlich der Tag doch noch zur Zufriedenheit aller zu Ende gegangen.
„Verzeiht, Herr von der Klause. Aber sagtet Ihr nicht, dass Ihr an geeigneter Stelle das Lager aufzuschlagen wünscht?“
Die Frage Helfrichs katapultierte Wolf unsanft in die Gegenwart zurück. Er verhielt den Rappen und drehte sich im Sattel um.
Einige Schritte hinter ihm hatte der Hauptmann seinen Falben gezügelt; sein ausgestreckter Arm wies nach rechts. „Wenn man sich hier in den Wald schlägt, gelangt man an den Fuß des Felsens, auf dem das alte Gemäuer da oben steht. Darin klafft ein breiter Spalt, ein ideales Versteck, sage ich Euch. Ihr wisst, ich kenne die Gegend.“
„Wenn Ihr es sagt, Hauptmann …“, entgegnete Wolf und nickte.
Sie drangen in den Wald ein, wobei ihnen der Schein der Fackeln wertvolle Hilfe leistete, und gelangten bald darauf zu dem Spalt, der sich unmittelbar am Fuß des Felsens auftat. Er schnitt sich ein gutes Stück in den Felsen hinein und war breit genug, um dem gesamten Trupp samt den Pferden bequem Platz zu bieten.
„In der Tat, ein hervorragendes Versteck“, lobte Wolf.
Bis auf ihn selbst schnallten alle die Sättel ab, um sie als Kopflehnen herzunehmen, und breiteten Decken auf dem felsigen Boden aus. Die Fackeln klemmten sie in eine Ritze, die in Kopfhöhe die Felswand querte. Schnell hatten sie so ein passables Lager bereitet, das ihnen für einige Stunden Schutz und Ruhe bieten würde.
„Wollt Ihr die erste Wache übernehmen, Hauptmann?“, fragte Wolf.
„Ja, Herr. Hutter und Fendrich werden mir folgen. Danach sind Penzlein und Münzer an der Reihe. Ihr selbst braucht keine Wache zu übernehmen“, entgegnete Helfrich.
„Gut von Euch gemeint, Hauptmann. Aber das hatte ich ohnehin nicht vor. Ich will mir nämlich schon mal in aller Ruhe das Gemäuer da oben ansehen“, deutete Wolf mit dem Kopf nach oben in Richtung der Ruine.
„Ihr wollt jetzt schon dorthin? Soll ich Euch begleiten?“
„Nein, nicht nötig. Ruht Euch ruhig aus.“
„Aber es ist noch dunkel. Ihr werdet nicht sehr viel erkennen können.“
„Wenn schon. Ich werde dort oben die Sonne erwarten. Um Terz herum bin ich zurück.“
„Ich komme mit!“, ließ sich Katharina plötzlich vernehmen.
„Du? Bist du denn nicht müde?“, fragte Wolf überrascht.
„So wenig wie du“, antwortete sie. Längst schon war das förmliche „Ihr“, das sie eine Zeit lang in Gegenwart anderer gepflegt hatten, dem vertrauten „Du“ gewichen; es machte keinen Sinn, ihre Beziehung noch länger nach außen hin zu verbergen.
Mit geübten Handgriffen legte sie das Reitzeug wieder auf, befestigte die Fackel erneut am
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