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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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verband Euch eine enge Freundschaft. Seinen Sohn liebt Ihr wie Euren eigenen. Ihr lebt in einer verborgenen Klause. Irgendwo in einem der Täler. Nur wenige kennen sie – so berichtete es mir zumindest der Graf. Darf ich Euch fragen, wer Ihr eigentlich seid?“
    Wolf senkte den Kopf. Ein harter Zug hatte sich um seinen Mund gelegt. Die Frage der Klingfurtherin hatte ihn wie einen kalten Guss erwischt.
    Er rang lange mit sich, bevor er sich zu einer Antwort entschloss, die eigentlich keine war. „Erlasst es mir, Fräulein von Klingfurth, Euch auf diese Frage die Antwort zu geben, die Ihr erwartet. Wenn Ihr allerdings unbedingt meinen vollen Namen hören wollt: In dem Dokument, das meine Vollmacht ausweist, werde ich Wolfram von der Klause genannt. Doch lasst mich auch für Euch der sein, der ich für alle anderen bin – Wolf. Nennt mich einfach Wolf. Dabei dürft Ihr getrost das ,Herr‘ beiseite lassen.“
    Katharina nickte bedächtig. „Nur, wenn Ihr mich Katharina nennt, einfach Katharina – und das ,Fräulein‘ und die ,edle Dame‘ beiseite lasst.“
    „Einverstanden“, entgegnete Wolf lächelnd und stand auf. „Ich denke, es ist an der Zeit, zurückzukehren. Wir sollten aufbrechen.“
    Der Weg zurück zur Burg kam ihnen sehr kurz vor. Was unzweifelhaft an der angeregten Konversation lag, die sie pflegten. Als sie auf die Reise Katharinas nach Salerno zu sprechen kamen und Wolf sie fragte, wie sie angesichts der veränderten Umstände, bedingt durch die Entführung der Venezianer, dorthin gelangen wolle, krauste sie die Stirn.
    „Ich habe mir diese Frage selbst schon gestellt“, gab sie zu. „Nach Hause zurückzukehren, um dort auf eine erneute Möglichkeit zu warten, scheint mir sehr umständlich zu sein.“
    „Vielleicht solltet Ihr die weitere Entwicklung der Dinge erst einmal abwarten und so lange hierbleiben?“, wandte Wolf ein.
    „Sinnvoll wäre es. Da gebe ich Euch Recht. Ich werde es mir überlegen.“
    Von Weitem schon sah er die beiden kommen.
    Seine Miene gefror zu einem verächtlichen Lächeln. Eine diabolische Häme lag darin.
    Er wusste nicht, wie lange er bereits am Fenster gestanden und auf sie gewartet hatte. Er hätte auch nicht mit Bestimmtheit sagen können, warum er eigentlich wartete.
    Vielleicht, weil er ein Gefühl des Triumphes empfand, wenn er ihn sah? Ja, das musste es sein!
    Ihn zu beobachten, ihm in die Augen zu sehen und dabei zu wissen, dass er derjenige war, nach dem er verzweifelt suchte, gleichzeitig aber die Gewissheit zu besitzen, von ihm niemals erkannt und gefasst werden zu können, verlieh ihm ein Gefühl der Macht. Ja, er war ihm überlegen. Mochte man seinen Spürsinn und die Schärfe seines Verstandes noch so preisen, in ihm hatte er seinen Meister gefunden.
    Natürlich musste er weiterhin Vorsicht walten lassen; schließlich eilte dem Wolf nicht umsonst der Ruf voraus, der beste Spürhund weit und breit zu sein. Jetzt, nachdem er wusste, dass man ihn – ausgestattet mit einer umfangreichen Vollmacht –, auf seine Spur und die seiner Männer gesetzt hatte, wäre es ein Leichtes gewesen, sich seiner zu entledigen. Eine unerwartete Begegnung bei Nacht, ein Messerstich oder der Bolzen einer Armbrust würden das Problem schnell lösen. Doch dann würde der Verdacht sofort auf diejenigen fallen, die heute an der Tafel des Grafen gesessen hatten, und damit auch auf ihn; denn niemand sonst wusste bislang von dem Auftrag, der dem Klausner erteilt worden war. Schon aus diesem Grund musste er ihn weiterhin gewähren lassen. Hinzu kam, dass er ein leidenschaftlicher Spieler war. Und was konnte erregender sein, als ein Spiel auf Leben und Tod, zumal er einen gewaltigen Vorteil hatte: Er kannte einige der Karten seines Gegners. Warum also das Spiel neu beginnen, indem er ihn tötete? Mit dem Risiko, neue Karten aufgelegt zu bekommen, die er nicht kannte? Nein, das ergab keinen Sinn. So, wie es war, musste es bleiben. Nur so hatte er das Spiel fest im Griff.
    Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.
    Er öffnete.
    Trude, eine der Mägde, die für die Reinigung der Kammern zuständig waren, stand vor ihm. Sie knickste, wie es sich gehörte, und richtete ihm die Bitte des Grafen aus, sich in den großen Saal zu begeben.
    Die Zeit der Vesper war gekommen.

9
    Die Sonne stand bereits hoch im Mittag, als ein Reiter durch das innere Tor in den Burghof trabte.
    Es war Wolf, der von einem Ausritt nach Altenmarkt zurückkehrte.
    Er stieg aus dem Sattel und hieß

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