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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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aber neben sie auf die Erde. Versonnen blickten sie in die Ferne.
    „Ein herrliches Fleckchen ist das hier“, begann Katharina schließlich. „Es ist so friedlich; wenn die Menschen es doch nur auch wären.“
    „Ja“, entgegnete Wolf sarkastisch, „ohne die Menschen wäre die Welt friedlicher.“
    Wieder schwiegen beide.
    „Könnt Ihr mir noch einmal verzeihen, Herr von der Klause?“, bat Katharina unvermittelt.
    Fragend blickte Wolf sie an. „Euch verzeihen? Was, in aller Welt, sollte ich Euch verzeihen?“
    Katharina zögerte. „Nun … ich meine … das von vorhin … Ihr wisst schon … das mit den nichtssagenden Redensarten … und all das andere … mein Ärger über die Unfreiheit der Frauen, den ich an Euch ausgelassen habe.“
    „Aber ich bitte Euch, da gibt es nichts zu verzeihen. Ihr habt in Vielem recht gesprochen – und das mit den Redensarten beziehe ich nicht auf mich.“ Er lächelte. „Andererseits …“ Er unterbrach sich, als wäre er sich nicht sicher, ob er weitersprechen sollte.
    „Andererseits?“, hakte sie nach. „Sprecht!“
    „Andererseits seid Ihr in einer bedeutend glücklicheren Lage als die meisten Frauen. Denn Ihr seid eine freie Frau. Außerdem seid Ihr auf dem Weg nach Salerno, um an der dortigen Universität das Studium der Medizin aufzunehmen, nicht wahr?“
    „Das wisst Ihr?“
    „Man hat es mir mitgeteilt.“
    „Das ist richtig. Ich bin mir des Privilegs, eine freie Frau zu sein, bewusst. Ich wünschte jedoch, alle Frauen wären frei.“
    „Es ehrt Euch, wenn Ihr Stellung bezieht für diejenigen Eurer Geschlechtsgenossinnen, denen diese Freiheit versagt ist. Doch denkt daran, es gibt noch viele andere – nicht nur Frauen –, deren Geist man zu fesseln versucht. Und diejenigen, die es wagen, diese Fesseln zu sprengen, bezahlen es mit ihrem Leben oder zumindest mit dem Verlust ihrer körperlichen Freiheit. Und warum? Einfach weil sie anders sind. Weil sie anders fühlen und anders handeln. Und vor allem: Weil sie sich nicht vorschreiben lassen wollen, was sie zu denken haben.“
    Die Klingfurtherin warf ihm einen erstaunten Blick zu. „Das sagt Ihr, der Ihr ein Bevollmächtigter des Inquisitors seid?“
    Wolf schüttelte den Kopf. „Ich besitze zwar seine Vollmacht, aber ich gehöre nicht zu seinen Schergen. Ich kenne ihn nicht einmal persönlich.“
    „So? Wie kommt Ihr dann zu seiner Vollmacht?“
    Wolf schwieg. Er sah zum Reichenstein hinüber, dessen Gipfel inzwischen hinter mächtigen Wolken verschwunden war.
    „Ich will es Euch erklären“, meinte er schließlich.
    Aufmerksam hörte Katharina ihm zu, während er ihr, beginnend mit dem Mord an Arnulf und seiner Familie, in kurzen Zügen von den Geschehnissen der letzten Wochen berichtete. Dabei entging ihr nicht, dass ein verhaltenes Beben in seiner Stimme lag, als er von Bertram sprach.
    „Jetzt verstehe ich“, sagte sie leise, als er zu Ende gekommen war. Und dann, nach einer Pause: „Ihr mögt den Jungen sehr, nicht wahr?“
    Er nickte. „Ich betrachte ihn wie einen eigenen Sohn“, entgegnete er mit heiserer Stimme.
    Als sie den feuchten Glanz in seinen Augen wahrnahm, legte sie, einem plötzlichen Impuls folgend, ihre Hand auf seinen Arm.
    „Ihr seid ein guter Mensch, Herr von der Klause. Ich habe große Achtung vor Männern wie Euch. Weil Ihr das zeigt, was viele Männer – sei es aus Schwachheit oder Dummheit – nicht zu zeigen vermögen: Gefühle“, erklärte sie sanft. Sie wirkte wie verwandelt. Jegliche Schärfe, alles Mokante und Distanzierte war plötzlich von ihr gewichen.
    Wolf erwiderte nichts. Gedankenverloren wanderte sein Blick ins Tal hinunter, um auf der anderen Seite wieder die bewaldeten Höhen hinaufzugleiten, auf die sich ein grauer Schleier gesenkt hatte.
    „Ihr habt also nicht die geringste Spur von den Tätern?“, hakte Katharina nach einer Weile nach. Offensichtlich beschäftigte sie das Verbrechen an der Familie Arnulfs noch immer.
    Wolf schüttelte verneinend den Kopf. „Nicht die geringste. Außer der Aussage eines schwachsinnigen Schweinehirten, der behauptet, am Tag vor der Tat eine etwas merkwürdige Begegnung gehabt zu haben.“
    Auf die fragenden Blicke der Klingfurtherin hin berichtete Wolf ihr von seinem Gespräch mit Alfons. „Der ältere der beiden Männer soll ihm virtuos auf der Flöte vorgespielt haben. Obwohl ihm an seiner rechten Hand drei Finger fehlten“, fügte er hinzu.
    Unvermittelt schnellte Katharina vom Stein empor und packte Wolf

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